Zwei Schulen beeindrucken an gleich zwei Abenden in der Stadthalle Ransbach-Baumbach mit fantastischer eurythmischer Inszenierung
Genesis des Volks der Hopi: Neuwieder und Montabaurer Schüler auf Ransbach-Baumbacher Bühne
Für die fantastischen Kostüme und teils äußerst aufwendigen und farbenprächtigen Kostüme der Waldorfschüler hatten neben Elina Rutz und Henrike Fernandez-Trappa Elsner vor allem die Eltern und Omas gesorgt.
Markus Müller

Ransbach-Baumbach. Eurythmie ist eine Bewegungskunst der geistigen Durchdringung und seelischen Durchfühlung. Sie erlauscht und erspürt, ertastet die verborgenen Werdegesetze des Kunstwerks, sie enthüllt dessen Idee. Diesen inneren Prozess der Wahrnehmung bringt sie in die äußere Erscheinung, gestaltet ihn zur „bewegt-beseelten Plastik“.

Lesezeit 3 Minuten

An gleich zwei Abenden hauchten die Schüler und Schüler der Rudolf-Steiner-Schule Neuwied und des Landesmusikgymnasiums Rheinland-Pfalz aus Montabaur diesen Gedanken von Rudolf Steiner in der Stadthalle Ransbach-Baumbach Leben ein.

Urheber des Gemeinschaftsprojekts war zum wiederholten Mal das Ehepaar Silvia und Winfried Vögele – sie wirkt an der Neuwieder Schule, er in Montabaur. Dort ist er Leiter des riesigen Sinfonieorchesters der Schule, das mit dem Chor La Filia von Raimonds Spogis die Eigenkomposition von Vögele in Musik umsetzte.

Schöpfungsmythen der Indigenen

Nach dem „Buch der Hopi“ von Frank Waters erzählt Silvia Vögele frei die Schöpfungsmythen der Hopi. Dieser Stamm gehört zum indigenen Volk der Pueblo und lebt im Südwesten der USA in Arizona. Schnell verfolgen die Zuhörer und Zuschauer die Erzählung, die von den Schülern der zwölften Klasse und den Ganztagskindern in ihren farbenprächtigen Kostümen in beeindruckende Szenen umgesetzt werden. Musik und zurückhaltender Gesang setzen der Eindrücklichkeit noch etwas drauf. Schöpfer Taiowa, der Unendliche, der sich das Endliche erdachte, erschafft als erstes Sotuknang und spricht zu ihm: „Ich habe dich geschaffen, die erste Kraft, damit du meinen Plan eines Lebens im endlosen Raum ausführst.“

Die Welt erschaffen

Sotuknang tut, was ihm befohlen ist und erschafft die Welt der Hopi und als Erstes das Spinnenweib sowie danach Menschen und Tiere, die sich fühlten als Einheit, wenn da nicht die Spottdrossel Lavaihoja, deren Aufgabe es ist, die Menschen von den Tieren zu trennen und die Menschen aufzuhetzen, damit sie sich von den anderen absondern.

Und bald ist Schluss mit der ersten Erde, und es dauert noch viele spannende Szenen, bei denen zum Beispiel Meereswellen über die Bühne rollen oder alles zu Eis erstarrt: Die Kinder werden im Schwarzlicht zu weißen Eiskristallen. Aber nicht nur im Bühnebild sowie im Tanz und in der Musik stecken jede Menge Bedeutung, sondern auch die Kopfbedeckungen der jungen Schauspieler bringen beispielsweise zum Ausdruck, wie die Gedanken der dargestellten Wesen beschaffen sind. So zeigt die runde Kopfscheibe die große Verbundenheit mit der göttlichen Einheit an.

Lebensglück, aber auch Streit und Kampf

Zwischen den glücklich lebenden Hopi kommen aber immer wieder Streit und Kampf auf und lange Reisen und erst die vierte geschaffene Welt führt. „So also begann alles auf dieser unserer gegenwärtigen vierten Welt“, endet die Geschichte – wenigstens vorläufig, denn: „Eine lange Zeit der Suche, der Ungewissheit und der Wanderungen begann.“ Gewaltiger und lang anhaltender Applaus brandete auf und belohnte die Kinder und Jugendlichen sowie die Vielzahl weiterer Akteure und die Helferinnen und Helfer für monatelange Vorbereitungsarbeiten und wochenlanges, intensives Proben. Da darf man sich schon auf das nächste Gemeinschaftsprojekt der Schulen und der Vögeles freuen.

Unsere Worte sind wie Sterne, denn sie gehen niemals unter

Als am Schluss noch mal alle Mitwirkenden der Rudolf-Steiner-Schule auf der Bühne standen, rezitierten zuerst die Kinder der Ganztagsschule aus den Weisheiten der indigenen Völker: Unsere Worte sind wie die Sterne, denn sie gehen niemals unter. Der Himmel ist unser Vater und die Erde ist unsere Mutter, deshalb kann man sie nicht kaufen. Die Flüsse sind unsere Brüder, sie stillen unseren Durst. Die Luft ist kostbar, denn alle teilen denselben Atem, das Tier, der Baum, der Mensch. Was immer den Tieren geschieht, geschieht bald auch den Menschen. Wir wollen die Erde, die Pflanzen und die Tiere verstehen, damit wir mit ihnen friedlich zusammenleben können. Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Wir wollen mit allen Menschen in Frieden zusammenleben. Alle Dinge sind miteinander verbunden. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne und Töchter der Erde. Die Schüler der zwölften Klasse setzten das Rezitieren dann fort: Wollen wir warten, bis der letzte Baum geschlagen, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, um dann festzustellen, dass man Geld nicht essen kann? Haben wir vielleicht sogar denselben Gott, denn unser Gott ist der Gott der Menschen. Zusammen formulierten zum Abschluss dann alle die folgende Botschaft: Vielleicht sind wir doch Brüder und Schwestern. Wir werden sehen. red

Top-News aus der Region