Hohes Strafmaß
Für Raubüberfall auf Taxifahrerin geht Wäller in Haft
An die Grillhütte im Wald bei Wittgert hatte der Angeklagte im Februar 2023 mitten in der Nacht ein Taxi bestellt. Die Fahrerin bedrohte er dann mit einer Schreckschusspistole und flüchtete mit einer Beute von rund 250 Euro.
Katrin Maue-Klaeser

Die Forderungen von Staatsanwalt und Verteidiger hätten kaum weiter auseinanderliegen können. Einig waren sie sich nur bei den Taten, die der 24-jährige Angeklagte gestanden hatte – darunter der Raubüberfall auf eine Taxifahrerin in Wittgert.

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Die 12. große Strafkammer des Koblenzer Landgerichts unter Vorsitz von Richterin Werner nahm sich knapp drei Stunden Zeit, um das Urteil gegen den jungen Westerwälder zu finden. Ging es doch um viel für den jungen Mann, wie sein Verteidiger Hans-Michael Baulig betonte: Das zu erwartende Strafmaß und die vom psychiatrischen Gutachter empfohlene anschließende Sicherungsverwahrung könnten sich für den mehrfach Vorbestraften zu 20 Jahren hinter Gittern summieren.

Zwei Vergehen hat 24-Jähriger gestanden

Von zunächst fünf Tatvorwürfen war einer wegen allseitiger Zweifel an der Täterschaft eingestellt worden, doch die verbleibenden vier wiegen schwer. Zwei Vergehen hatte der junge Mann zugegeben: Er habe zunächst nur mit dem Taxi fahren wollen und es zur Grillhütte im Wittgerter Wald bestellt, weil vielen Taxiunternehmen dieser Ort bekannt sei, bekräftigte der Verteidiger in seinem Plädoyer. Dann habe er aus „jugendlichem Leichtsinn“, so der Angeklagte in seinem Schlusswort, den „Riesenfehler“ begangen und die Taxifahrerin spontan ausgeraubt. Der Bitte der Frau, ihm Handy oder Wagenschlüssel dazulassen, war er nachgekommen, indem er ihr das Handy ließ. Das hatte die Zeugin bestätigt.

„Es passt alles: Ortskenntnis, Modus operandi und vor allem die untypische Höflichkeit.“
So begründete der Staatsanwalt seine Überzeugung, dass der Angeklagte auch ein Einrichtungshaus in Ransbach-Baumbach überfallen hat – wenngleich es in diesem Fall zwei Täter waren.

Ebenfalls hat der 24-Jährige gestanden, dass er rund 1500 Euro Falschgeld für echtes ausgeben wollte. Zu zwei weiteren ihm vorgeworfenen Überfällen allerdings bekannte sich der junge Mann nicht: auf ein Möbelhaus in Ransbach-Baumbach und auf eine Shishabar, ebenfalls in der Töpferstadt ansässig.

Der Staatsanwalt zeigte sich in seinem Plädoyer „fest überzeugt“, dass auch in diesem beiden Fällen genügend Indizien gegen den Angeklagten sprächen. Insbesondere die Diskrepanz zwischen dem rücksichtslosen Vorgehen, namentlich der Bedrohung der Anwesenden mit einer Waffe, und andererseits einer auffälligen Höflichkeit sei diesen beiden Taten und dem Überfall auf die Taxifahrerin gemein.

Weitere Überfälle werden Angeklagtem angelastet

Zudem seien an den Kabelbindern, mit denen sich die Mitarbeiter und Kunden in dem Möbelhaus an Lattenroste fesseln mussten, DNA-Mischspuren des Angeklagten nachgewiesen worden, fuhr der Staatsanwalt fort. „Es passt alles: Ortskenntnis, Modus operandi und vor allem die untypische Höflichkeit“, betonte der Staatsanwalt. Im Punkt des Raubüberfalls auf die Shishabar bleibe nur die Gesamtschau aller Indizien, so der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Alles weise auf den Angeklagten hin.

Für den Überfall auf die Taxifahrerin in Wittgert forderte der Staatsanwalt sechs Jahre Haft, für die Geldfälschung anderthalb Jahre. Für den Überfall auf das Einrichtungshaus setzte er acht Jahre an, für den Überfall auf die Shishabar forderte er sieben Jahre. Daraus bildete der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe von 13 Jahren. Außerdem plädierte er auf die Anordnung anschließender Sicherungsverwahrung.

Rechtsanwalt fordert Freispruch in zwei Fällen

Der Verteidiger forderte für die beiden Überfälle in Ransbach-Baumbach – auf das Möbelhaus und die Shishabar –, seinen Mandanten freizusprechen. Die Indizien seien nicht stichhaltig. Selbst die DNA-Mischspur sei von großer statistischer Unsicherheit geprägt und kein eindeutiger Hinweis auf den Angeklagten. Es verblieben also die beiden Taten, die der 24-Jährige zugegeben hatte. Diese Geständnisse seien strafmindernd zu werten, er fordere zudem die Ablehnung der Sicherungsverwahrung. Er plädierte auf eine Gesamtstrafe von nicht mehr als sechs Jahren.

Gericht folgt weitgehend dem Staatsanwalt

Beinahe drei Stunden berieten die Vorsitzende, zwei beisitzende Richter und zwei Schöffen, dann verkündete die Vorsitzende Richterin Werner das Urteil: elf Jahre Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Anderthalb Stunden nahm sich Werner Zeit, um das Urteil zu begründen – insbesondere die Sicherungsverwahrung für den relativ jungen Täter. Dieser habe schon früh eine Persönlichkeitsstörung entwickelt, die mit Empathielosigkeit und Rohheitsdelikten einhergehe. Zugleich fehle dem 24-Jährigen jegliche Krankheitseinsicht, ohne die eine Sozialtherapie keinen Sinn habe. Gegen das Urteil besteht das Rechtsmittel der Revision, weder Staatsanwalt noch Verteidiger gaben eine Erklärung ab.

Verteidiger will seinen Klienten neu begutachten lassen

Nachdem der Zeuge eines Überfalls auf ein Hotel in Selters weder dem Verteidiger Hans-Michael Baulig noch dem Gericht oder dem Staatsanwalt glaubwürdig erschien, als er den Angeklagten im Verhandlungssaal als Täter identifizierte, drängte der Rechtsanwalt darauf, seinen Klienten in diesem Anklagepunkt freizusprechen. „Vor dem Hintergrund, dass Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, genügt für meinen Mandanten eine Einstellung nicht“, betonte Baulig. Das Gericht jedoch stellte das Verfahren in diesem Punkt ein. Zudem beantragte der Verteidiger eine Neubegutachtung des Angeklagten mit dem Ziel, ihn in einer Entziehungsanstalt unterzubringen statt in der Sicherungsverwahrung, die der psychiatrische Gutachter Gerhard Buchholz empfohlen hatte. Die Verteidigung lehne den Sachverständigen ab, dessen Gutachten weise gravierende Mängel auf. Buchholz habe die nötige Distanz vermissen lassen, sei befangen und voreingenommen gegenüber seinem Mandanten, den er bereits in einem früheren Verfahren begutachtet habe. Das Gericht wies den Antrag zurück.

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