Zum 31. Mai endet in Hachenburg ein Stück heimische Wirtschafts- und Automobilgeschichte: Denn fast 92 Jahre nach seiner Gründung schließt das Autohaus Bergisch seine Pforten. Das Unternehmen, das lange Zeit VW-Vertragspartner war, zählt zu den ältesten derzeit noch bestehenden Betrieben in der Stadt.
Die heutigen Geschäftsführer, das Ehepaar Ralf und Petra Marx, haben sich die Entscheidung zur Schließung nicht leicht gemacht. Doch im Gespräch mit unserer Zeitung betonen die Enkelin des Firmengründers Karl Bergisch und ihr Mann, dass die lange und intensive Suche nach einem Nachfolger bedauerlicherweise nicht von Erfolg gekrönt gewesen sei. Eine fast schon sicher geglaubte Übernahme sei quasi in letzter Sekunde gescheitert. Sie selbst wollen sich aus Altersgründen aus dem Berufsleben zurückziehen.
Kurz vor ihrem Eintritt ins Rentnerleben betonen sie, dass sie der Schließung mit einem lachenden und einem weinenden Auge begegnen. Schade sei es vor allem für die Mitarbeiter, die dem Betrieb, trotz anderer Optionen, bis zum Schluss die Treue gehalten hätten und dafür sorgten, dass die Geschäfte bis zum letzten Tag liefen. Glücklicherweise hätten fast alle bereits wohnortnah eine neue berufliche Zukunft für die Zeit ab Juni gefunden. „Dennoch haben uns einige Mitarbeiter gesagt, dass sie gerne bis zu ihrem Ruhestand bei uns geblieben wären“, berichtet Ralf Marx.
Er vermutet, dass vor allem die momentan fehlende Planungssicherheit in der Automobilbranche insgesamt die Suche nach einem Nachfolger so schwer mache. Den Handelsvertrag mit Bergisch hat VW Ende 2018 zum Ende des Jahres 2022 gekündigt. D ie Serviceverträge für die Marken VW, VW Nutzfahrzeuge und Audi blieben hingegen bestehen und wurden von dem Hachenburger Unternehmen zum 31. Mai 2025 gekündigt. Volkswagen, so die Eheleute Marx, wolle sich strategisch neu ausrichten, was zu einer Ausdünnung des Regionalnetzes führe. Darüber hinaus hätten ihnen die vom Hersteller auferlegten strengen Anforderungen schon seit Langem das Leben schwer gemacht, berichtet Petra Marx. Dabei unterscheide der Konzern nicht zwischen kleinem Familienbetrieb und Großhändler.
Den ständig steigenden Auflagen gerecht zu werden, sei zuletzt sehr kräftezehrend gewesen, erinnern sich die Geschäftsführer. Der Gedanke daran, dass dieser Druck künftig für sie wegfällt, sorge dafür, dass sie auch mit einem lachenden Auge auf die Schließung gucken könnten. Langweilig werde ihnen aber im Ruhestand nicht. „Wir haben acht Enkelkinder, mit denen wir fortan sicher mehr Zeit verbringen können“, kündigen sie an. „Über Jahre haben wir Verantwortung für den Betrieb und die Mitarbeiter übernommen. Zu der Verantwortung gehört ebenso, einen sauberen und rechtzeitigen Abschluss herbeizuführen“, betonen die Eheleute Marx. Dass es von VW nach Jahrzehnten der Kooperation nicht mal einen freundlichen Abschiedsgruß gegeben habe, halten sie für „ein Unding“.
„Zu der Verantwortung gehört ebenso, einen sauberen und rechtzeitigen Abschluss herbeizuführen.“
Petra und Ralf Marx über die bevorstehende Schließung des Autohauses Bergisch.
Die Geschichte des Autohauses begann 1933, als Karl Bergisch am Johann-August-Ring eine Kfz-Werkstatt eröffnete. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Firmengründer zur Wehrmacht einberufen, nach Kriegsende baute er den Betrieb mit seiner Frau Gretel wieder neu auf. 1948 schloss Karl Bergisch mit Volkswagen einen Servicevertrag, ein Jahr später erhielt das Westerwälder Unternehmen auch einen VW-Händlervertrag. 1960 wurde in der Koblenzer Straße, dem heutigen Firmensitz, ein Zweigbetrieb mit Tankstelle eröffnet, 1970 entstand dort eine Ausstellungshalle.
1977 übertrug Karl Bergisch die Geschäftsleitung seiner Tochter Marga sowie seinem Schwiegersohn Willi Kuhl. Die Ausstellungshalle in der Koblenzer Straße wurde um einen Bürotrakt erweitert, der Betriebssitz komplett hierher verlagert. Zudem wurde die Fahrzeugpalette um die Marke Audi erweitert. Ständige bauliche Veränderungen und Erweiterungen folgten – auch nach 2004, als Ralf und Petra Marx die Leitung übernahmen. Die letzte große Maßnahme war 2017 ein Anbau an die Werkstatt mit zwei modernen Arbeitsplätzen.
Firmengründer wirkte bei Motorradrennen mit
Die Geschichtswerkstatt Hachenburg (GWH) hat anlässlich der bevorstehenden Schließung des Autohauses Bergisch zu dessen Historie recherchiert. Aus den Ergebnissen hat GWH-Vorsitzender Bruno Struif einen Aufsatz verfasst. Daraus geht hervor, dass die Firma Bergisch, neben anderen lokalen Kfz-Betrieben, ab 1952 in die Organisation von Motorradrennen in Hachenburg eingebunden war. Diese Rennen, so schreibt Struif, hätten damals großen Zuspruch gefunden. 1959 erhielt Karl Bergisch für sein Engagement und seine Mitwirkung bei diversen Rennen die Ewald-Kroth-Medaille in Bronze. Ewald Kroth (1880-1952) war ein bedeutender ADAC-Funktionär, der unter anderem zahlreiche internationale Motorsportveranstaltungen organisierte. nh