Wie tief die Beziehungen reichen, zeigt sich auch daran, dass bei dem Besuch der Wäller in der Bretagne in diesem Jahr am 8. Mai gemeinsam des Kriegsendes 1945 gedacht wurde. Zudem feierten sie in Pleudihen den Jahrestag der Partnerschaft, die am 12. Mai 1979 besiegelt wurde. „Lange Zeit war der Jugendaustausch die einzige Aktivität zwischen den beiden Gemeinden“, sagt Cordula Simmons, die sich selbst seit mehr als 40 Jahren für die Partnerschaft engagiert und seit 2016 im Vereinsvorstand ist. Auch bei ihr begann die Beziehung zu der reizvollen Region nahe der Rance-Mündung als Jugendliche mit ersten wechselseitigen Besuchen. Mit 13 Jahren trat sie der Partnerschaft bei, berichtet Simmons und erzählt von ihrer guten Freundin dort, deren Trauzeugin sie auch war.
Gastmutter “wie zweite Mama"
Nicole Büchel war vor fünf Jahren erstmals selbst dabei, ist jetzt Beisitzerin des Vereinsvorstands. Ihre Tochter Milena hat seither schon dreimal am Jugendaustausch teilgenommen – und fühlt sich in Pleudihen so zu Hause, dass sie ihre Gastmutter „wie eine zweite Mama“ betrachtet. Seit 1980 gibt es die sommerlichen Jugendaustausche. Inzwischen sind auch viele der Erwachsenen unter den 180 Vereinsmitgliedern regelmäßig bei den Freunden in Pleudihen zu Gast – und empfangen ihrerseits Besuch von der Rance: Alle fünf Jahre werden offene Fahrten für alle Generationen angeboten.
Darüber hinaus bereichert mittlerweile auch eine Fußgruppe von Deutschen und Franzosen regelmäßig den Herschbacher Karnevalsumzug. In Pleudihen ist es die Fête du Blé, das historische Erntedankfest, das Herschbacher anzieht. Gemeinsam organisieren sie an der Rance einen Weihnachtsmarkt nach deutschem Vorbild, erzählt Simmons. 2001 wurde in Herschbach der Partnerschaftsverein gegründet, zuvor lagen die Aufgaben bei einem Ausschuss des Gemeinderats. Mit der Vereinsgründung gehe indes einher, dass der Austausch über das deutsch-französische Jugendwerk gefördert werde, erklärt Simmons, die seit vorigem Jahr Zweite Vorsitzende des Vereins ist.
In acht Jahren hat sich Mitgliederzahl verdreifacht
Vorsitzender ist Ortsbürgermeister Axel Spiekermann kraft Amtes. „Es war über die gesamte Dauer der Partnerschaft so, dass die Amtszeiten der beiden Bürgermeister hier und in Frankreich zufällig fast genau übereinstimmten“, sagt Spiekermann schmunzelnd. Mittlerweile sind es nicht nur Herschbacher, die sich im Verein engagieren, sondern auch Interessierte aus Goddert, Marienrachdorf, Selters und Maroth. Die vielen gemeinsamen Aktivitäten scheinen eine regelrechte Sogwirkung zu entfalten. 2016 hatte der Verein noch 60 Mitglieder, heute sind es dreimal so viele.
Freunde aus Kriegstagen haben Partnerschaft angestoßen
Mit der Partnerschaftsgeschichte hatte sich Cordula Simmons bereits als Schülerin befasst: In der Oberstufe schrieb sie eine Facharbeit über den Briefwechsel zwischen dem Herschbacher Hans Ziegler und Marie Legras aus Pleudihen. Ziegler hatte die Lehrerin kennengelernt, als er während des Zweiten Weltkriegs auf einem Bauernhof als Kriegsgefangener arbeitete. Eine Freundschaft hatte sich entwickelt, die beide über die Jahre pflegten. Sie waren es auch, die bei den Bürgermeistern ihrer Heimatorte vorsprachen und erstmals die Idee einer Partnerschaft aufbrachten.
Die beiden Kommunen sind sich in manchem ähnlich, beide haben Kindergarten, Schule, Kirche, Ärzte, Altenheim, Einzelhandel, Gastronomie, eine ähnliche Fläche und Einwohnerzahl, die sich in Pleudihen allerdings auf mehrere Ansiedlungen verteilt. Auch das Vereinsleben ist in beiden Orten gleichermaßen aktiv. So hat die Partnerschaft auch Corona unbeschadet überstanden und steht in voller Blüte: Mehr als 80 Westerwälder waren jetzt in Pleudihen zu Gast. Und die Vorfreude auf den Gegenbesuch im Mai 2025 ist schon groß.