Montabaur
„Folk & Fools" hat weiter an Popularität gewonnen
Die Sänger von Maybebop (Jan Malte Buerger, Lukas Teske, Sebastian Schroeder und Oliver Gies) traten beim 24. Kleinkunstfestival "Folk & Fools" in der Stadthalle Haus Mons Tabor in Montabaur auf.
Sascha Ditscher

Montabaur. Eine ganz besondere Spannung lag am Wochenende in der Montabaurer Stadthalle in der Luft. Viele Gäste strömten aus sämtlichen Himmelsrichtungen in das Haus Mons Tabor, um an „Folk & Fools", dem großen Fest der Kleinkunst, teilzuhaben.

Organisiert von dem Verein Kleinkunstbühne Mons-Tabor, der unter anderem die alljährlich ausverkaufte „Wäller Kabarettnacht“ ins Leben rief, erfreuten sich die insgesamt drei verschiedenen Künstlergruppen eines ausverkauften Saales. Angesichts der enormen Popularität von „Folk & Fools“ hatte man, laut Initiator Uli Schmidt, in diesem Jahr zwei aufeinanderfolgende Termine am Freitag- und Samstagabend realisieren können.

Ein besonderer Dank ging dabei an Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland, die ebenfalls im Publikum saß. „Viele Wege führen zum Gipfel eines Berges, aber die Aussicht ist überall gleich“, begrüßte er das Publikum mit einem Aphorismus aus China. Ebenso bunt wie die vielen Klangfarben, die sie malten, war die Gruppe „Violons Barabares“. Das Trio um den bulgarischen Paganini Dimitar Gougov zählte außerdem noch den Straßburger Fabien Guyot, der das Schlagzeug spielte, und den Pferdekopfgeiger Dandarvaanchig Enkhjargal zu seinen Virtuosen. Der charmante Kulturmix, der „Musik aus den jeweiligen Heimatländern beispiellos vereine“, schaffte es, den Saal innerhalb kürzester Zeit wahlweise in die mongolische Steppe, die bulgarischen Ebenen oder das leidenschaftliche Frankreich zu verwandeln. So wurde die Vorstellung der Stücke mit den Worten „dies ist ein Liebeslied“ zum schelmischen Markenzeichen der drei Musiker, von denen jeder einzelne sein für mitteleuropäische Ohren bisweilen außergewöhnlich klingendes Instrument bis zur Perfektion beherrschte. Enkhjargal, der auf der Tonleiter Schlitten zu fahren schien, brachte eine beeindruckende Kopfstimme hervor und bediente sich im nächsten Moment des tiefen, kehligen Gesangs der Hunnen.

Dieser war so emotionsgeladen, dass das Publikum, ohne ein Wort des vorgetragenen Textes zu verstehen, die Sehnsucht, die Weite und die Freiheit seiner mongolischen Heimat ohne Mühe nachempfinden konnte. Dimitar Gougov zeigte bei seinem Solo auf dem Instrument Gadulka, einem bulgarischen Streichinstrument mit zumeist drei Saiten, viel Gefühl und ungemeine künstlerische Fähigkeit. Seine Eigenkomposition „La danse à Helene“ berührte und begeisterte die Zuschauer durch die Freuden des musikalischen Vaterstolzes. Das Lied hatte er anlässlich der Geburt seiner Tochter vor zweieinhalb Jahren komponiert. Weitere Höhepunkte der Darbietung waren das Stück „Karavan“ aus Afghanistan, eine bulgarische Komposition über die Liebe eines Mannes zu seinem bunten Strumpf, dann zu einem jungen Mädchen und schließlich die von den Zuschauern wild klatschend begrüßte Zugabe „Saturday night fever“. Mit Michael Hatzius gastierte in Montabaur ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter Kleinkünstler. Seine Figur „Die Echse“, ebenso kratzbürstig und unterkühlt wie der Name es bereits vermuten lässt, erklärte auf ihre drakonische Art und Weise die Welt. Angesichts der desolaten öffentlichen Lage gab es für das egomanische Reptil nur noch einen überaus schwarzen Humor, der den Zuschauern nicht selten die ungeschminkte Realität vor Augen führte. Frei nach dem Motto „Man kann nicht pessimistisch genug wirken, um realistisch zu sein“ brachte er dem Montabaurer Publikum die verschiedensten Stationen seines facettenreichen Lebens näher. So sei er bereits zahlreichen großen Namen wie „Echs Gildo“ oder sogar dem Regierungschef von „Echs-Jugoslawien“ begegnet. Einzig die Aussicht, den Hirtenstab zu schwingen, schlug er aus: „Warum sollte ich Papst werden? Ich trete schließlich nicht als mein eigener Stellvertreter an.“ Auch vor Dialektanalysen machte „die Echse“ nicht halt.

Egal ob Schwäbisch, Fränkisch oder Wäller Platt. Auf alles wusste das schlagfertige Schuppentier eine adäquate Erläuterung und verzog bei keinem noch so ungewöhnlichen Begriff eine Miene, sondern schaute hoheitsvoll auf die Zweibeiner herab. Von Veranstalter Uli Schmidt als „Messlatte des gegenwärtigen deutschen A-capella-Gesangs“ angekündigt, stellte das junge Quartett „Maybebop“ den dritten Abendpunkt dar. Die Gruppe, die vor allem Eigenkompositionen zu ihrem Repertoire zählt, hatte jedoch auch eine Coverversion des Comedian-Harmonists-Hits „Mein kleiner grüner Kaktus“ im Reisekoffer. Mit beeindruckender Stimmakrobatik und spritzigen Texten gelang es ihr schließlich sogar, eine Zuschauerin auf die Bühne zu locken, um mit ihr im Kanon das französische Kinderlied „Frère Jacques“ zu singen. Unter dem Leitsatz „Wir sind weniger, weniger sind mehr“ nahm sie sich sogar Goethes „Erlkönig“ vor die Brust und verwandelte die Ballade kurzerhand in eine Hip-Hop-Version, zu der vermutlich sogar der gebürtige Frankfurter Dichter heimlich mit dem Fuß gewippt hätte. Julia Fourate

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