Von unserem Redakteur
Thorsten Ferdinand
Westerwaldkreis. Trotz steigender Flüchtlingszahlen gelingt es den Verbandsgemeinden im Westerwaldkreis weiterhin, genügend Wohnraum für die zugewiesenen Asylbewerber zur Verfügung zu stellen. Große Gemeinschaftslager sollen in der Region weiterhin vermieden werden. Die dezentrale Unterbringung sei gerade im ländlichen Raum unabdingbar, erläutert in diesem Zusammenhang Thomas Wolf von der VG Wallmerod. „Nur so kann Integration gelingen.“ Wenn in den nächsten Wochen allerdings auch die neu angekommenen Flüchtlinge aus der Diezer Kaserne auf die Kommunen verteilt werden, wird sich zeigen, ob der Wohnraum tatsächlich noch reicht. Oliver Fender von der VG Selters etwa gibt zu bedenken, dass es derzeit keine Reserven mehr gibt. Man gehe allerdings davon aus, dass sich noch weitere Wohnungen für die Anmietung finden lassen, erklärt der Fachmann verhalten optimistisch.
Dass die Flüchtlingsströme die Kommunen im Westerwald vor organisatorische Herausforderungen stellen, will in den Rathäusern niemand bestreiten. Die Hilfsbereitschaft der Westerwälder ist allerdings nichtsdestotrotz ungebrochen. „Man muss die Einzelschicksale sehen“, betont zum Beispiel der Montabaurer Bürgermeister, Edmund Schaaf. „Da stehen Menschen vor einem Stacheldraht und wissen nicht, wie es weitergehen soll“, ergänzt er mit Blick auf die aktuellen Bilder. In seiner Bewertung der Situation schließt sich der Bürgermeister deshalb der Bundeskanzlerin Angela Merkel an und sagt: „Wir schaffen das.“
Damit die Hilfe auch künftig den Menschen zugute kommt, die sie am dringendsten benötigen, sei es allerdings notwendig, die Asylverfahren zu beschleunigen, erläutert die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen. In der VG stammen derzeit etwa 30 Prozent der 80 Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten. Eine schnellere Bearbeitung dieser Fälle durch den Bund sei unbedingt nötig, damit der Wohnraum für Bürgerkriegsflüchtlinge nicht ausgeht. Auch in der VG Montabaur stammt ein Drittel der Flüchtlinge aus den Balkanstaaten. Bislang entfällt nur jeder zehnte Asylbewerber auf das Krisenland Syrien, das derzeit in aller Munde ist. Die Kommune rechnet allerdings damit, dass sich dieses Verhältnis bald ändert.
Ein weiteres Problem: Die Personalkosten bleiben bislang an den Kommunen hängen. Die Verbandsgemeinden Wirges und Ransbach-Baumbach zum Beispiel haben bereits angekündigt, ihre Nachtragshaushalte aufzustocken. Alle Kommunen mussten zusätzliche Stellen schaffen. Alleine in Wirges kamen zwei Vollzeitkräfte hinzu. Zwar werden die Sachkosten von Bund, Land und Kreis übernommen. „Die praktischen Erfahrungen zeigen aber schon jetzt, dass eine weitere Erhöhung des Stundenkontingents unabdingbar ist“, berichtet Thomas Wolf. „Deshalb ist es wichtig, dass die angekündigten zusätzlichen Bundesmitteln auch bei den Kommunen ankommen und dass auch die Personalkosten den Verbandsgemeinden erstattet werden. Diese müssen die Verbandsgemeinden bislang alleine stemmen.“
Handlungsbedarf besteht nicht zuletzt in vielen Schulen. Die Verbandsgemeinde Rennerod etwa teilt mit, dass die Kapazitäten der Grundschulen bereits voll ausgeschöpft sind. An der Realschule plus werden die vorgegebenen Klassenstärken teilweise überschritten, und für die Kindertagesstätten gibt es Wartelisten. An der Joseph-Kehrein-Schule in Montabaur ist inzwischen ein Deutsch-Intensiv-Förderkurs für 20 Flüchtlingskinder eingerichtet worden. Das Land unterstützt die Schule zu diesem Zweck mit einer separaten Lehrkraft. Ehemalige Lehrer helfen eherenamtlich mit. Ähnliche Initiativen gibt es auch in anderen Verbandsgemeinden im Kreis.