Um mit Zahlen zu beginnen: Mehr als 100 Anmeldungen hatte die RG auf die Einladung zum zehnten Gründungsfest erhalten, und fast alle Angemeldeten seien auch gekommen, freute sich RG-Vorsitzender Dr. Ralf Kölbach. Eine prominente Absage gab es im Lauf des Tages: Dr. Yvonne Zimmermann, Vorstandsvorsitzende der Akademie Deutscher Genossenschaften und damit Gastgeberin der Feier, hatte die vorausgehenden Sitzungen noch mitgemacht, wie Kölbach mitteilte, musste sich dann aus gesundheitlichen Gründen jedoch zurückziehen.
Mindestens so viele junge Menschen auf der Bühne wie ältere – das war immer meine Idee.
Vorsitzender Kölbach begrüßte als Gäste insbesondere die Vertreter der „genossenschaftlich geweihten Erde“ aus dem „Raiffeisenland“ – darunter den Landrat des Kreises Altenkirchen Dr. Peter Enders, Bürgermeister Dietmar Henrich (Verbandsgemeinde Hamm) und den Beigeordneten der VG Altenkirchen-Flammersfeld Rolf Schmidt-Markoski. Auch den Vertreter der Schwesterorganisation Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft, Dr. Axel Viehweger, begrüßte er insbesondere als Vertreter des Verbandes der Wohnungsgenossenschaften. Viehweger sollte später einen flammenden Appell für mehr genossenschaftliche Bildungsarbeit halten.
Aus dem Geschäftsbericht
Eine Zielmarke von 500 Mitgliedern hatte sich die Raiffeisen-Gesellschaft zum zehnten Jahrestag der Gründung gesetzt – und hat sie übertroffen: Schon zu Jahresbeginn zählte die RG 518 Mitglieder, bis November stieg die Zahl auf 572, wie Thomas Mende, Abteilungsdirektor der Deutschen Zentral-Genossenschaftsbank, berichtete. Und auch der Kassenstand kann sich sehen lassen: Rund 220 000 Euro hat die RG auf der hohen Kante, nachdem in diesem Jahr bislang etwa 60 000 Euro eingenommen und 63 000 Euro ausgegeben wurden. kat
Kölbach bot anstelle eines Arbeitsberichts einen „Potpourri aus zehn Jahren“, untermalt mit persönlichen Erinnerungen, Fotos und Presseberichten. Man möge ihn für konservativ halten, doch „im Metaverse sehe ich keinen Vorteil – die alten Tulpenzwiebeln konnte man wenigstens noch einpflanzen, nicht wie die Kryptowährungen heute“, spielte er auf die Entwicklung von Zahlungsmitteln an.
Alumni-Netzwerk ist etwas ganz Besonderes
Der Vorsitzende erinnerte an die „Fahnenaktion“ im Rahmen der Öffentlichkeitskampagne im Raiffeisenland. Mittlerweile gebe es zur Verbreitung des guten Namens auch eine Linkedin-Präsenz. Besondere Bedeutung maß er dem Alumni-Netzwerk Raiffeisen-Camp bei, dessen junge Teilnehmer nach inspirierenden Treffen mit erfahrenen Genossenschaftlern „tagelang über dem Boden schwebten“.
Die Geburtstagslaudatio hielt mit Dr. Eckhard Ott der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands. Zehn Jahre seien im genossenschaftlichen Verbund gar nicht so lang, „aber alle Achtung, was alles geleistet wurde“, begann Ott seinen Vortrag. Besonders gefalle ihm an der Arbeit der RG, dass vor historischem Hintergrund stetig an der Zukunft der Idee und der Gründung weiterer Genossenschaften gearbeitet werde.
Ott: Genossenschaftsidee muss auf die Lehrpläne
Dabei sieht Ott das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Zu viele Gründer hätten auf der Suche nach der passenden Rechtsform „die Genossenschaft nicht auf dem Schirm“. Raiffeisen-Camps leisteten da schon einen wichtigen Beitrag, „aber wir müssten viel mehr Schülergenossenschaften unterstützen“, appellierte Ott. Nahtlos schlossen sich daran die Worte Axel Viehwegers an: „Genossenschaft muss auf die Lehrpläne – da stehen wir noch ganz am Anfang.“
Sven Steingräber, Genossenschaftler aus dem Münsterland, lobte in dem Zusammenhang den Raiffeisen-Campus Dernbach als genossenschaftliches Gymnasium: „Das ist eine wunderbare Schule, die den jungen Menschen die genossenschaftliche Idee in die Herzen pflanzt.“ Der scheidende stellvertretende RG-Vorsitzende Alexander Lichtenberg bedauerte: „Genossenschaftstheorie ist noch immer eine Nischendisziplin.“
Solidarität, Transparenz und Bodenständigkeit – sie haben heute dieselbe Bedeutung wie vor 100 Jahren.
Bei Talkrunden kamen unter vielen interessanten Teilnehmern auch zwei junge Auszubildende zu Wort. Lea Minnig, die schon am Raiffeisen-Campus in Dernbach mit der genossenschaftlichen Idee auf Tuchfühlung ging, steht kurz vor der Abschlussprüfung ihrer Ausbildung bei der Westerwald Bank. Ihr gefielen an den Werten Raiffeisens vor allem „Solidarität, Transparenz und Bodenständigkeit – sie haben heute dieselbe Bedeutung wie vor 100 Jahren“, sagte sie und fügte an: „Wir jungen Menschen müssen unsere Zukunft in die Hand nehmen und gestalten.“
Mit Werner Böhnke meldete sich der erste Vorsitzende der Raiffeisen-Gesellschaft zum Abschlusswort des offiziellen Festprogramms: Er freue sich, dass „heute mindestens so viele junge Leute auf der Bühne waren wie ältere“. Die Lorbeeren der Gründung indes gab er weiter an andere: Josef Zolk, Wolfgang Ebisch und Paul-Josef Schmitt seien aus dem Westerwald zu ihm gekommen und hätten die Idee, eine Gesellschaft zur Verbreitung der Werte Raiffeisens zu gründen, präsentiert. Mit durchschlagendem Erfolg.