Besucher tauchen im Landschaftsmuseum Westerwald in die Zeit ihrer Vorfahren ein
Fest im Landschaftsmuseum Westerwald: Weihnachten vor 150 Jahren erlebt
„Holt uns raus“, schienen beim Fest „Weihnachten früher“ die Plätzchen im glühend heißen Backes zu rufen.
Röder-Moldenhauer

Hachenburg. Wie liefen die Vorbereitungen und das Weihnachtsfest vor 150 Jahren im Westerwald ab? Mit dieser Frage hat sich das Team des Landschaftsmuseums Westerwald in Hachenburg beschäftigt. In den vergangenen Wochen konnten sich etwa 300 Kindergarten- und Schulkinder in 30 gebuchten Führungen mit gescheiten Fragen und geschickten Händen dem Thema nähern. Am Wochenende veranstaltete das Museum zudem ein Fest mit dem Titel „Weihnachten früher“.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung, die auf mehrere Gebäude und das Gelände des Landschaftsmuseums verteilt war, bildete das Thema Hygiene. Damals so wichtig wie heute. Der aktuellen pandemischen Lage geschuldet, mussten alle Besucher einen tagesaktuellen Test vorweisen. Möglich, dass dieser Umstand einige potenzielle Besucher abgeschreckt hat. „Wir wollen ohnehin keine kommerzialisierte Massenveranstaltung anbieten, sondern eben gerade eine Alternative dazu“, erklärte Museumsleiter Dr. Moritz Jungbluth.“ „Wenn Suppe und Glühwein alle sind, dann sind sie eben alle“, ergänzte er. Diesmal dürfte etwas übrig geblieben sein.

„Unsere Besucher treten sofort in die Welt vor 150 Jahren, Erleben und Verstehen fallen zusammen“, erläuterte Katerina Krämer vom museumspädagogischen Team das Grundkonzept der Veranstaltung. Trotz des verlockenden Plätzchenduftes aus dem Backes begann der Rundgang zunächst in der Waschküche. Das Großreinemachen vor dem Fest war früher eine besondere Herausforderung: Die Waschmaschine ist zwar von Miele, aber einen Motor sucht man vergebens. Eine Kurbel an Trommel und Wringe zeugt von Handarbeit. In der Zinkwanne wurde ehedem nach der Wäsche auch die Familie gebadet und mit dem Badewasser die Stube gewischt. Uromas Unterwäsche auf der Leine bringt die heutigen Besucherkinder zum Lachen, ein Seifenstück erkennen viele nicht mehr, Seife kommt zu Hause aus dem Spender.

In der Schlafstube und den Kleiderschränken wurde zu Zeiten unserer Vorfahren aufgerüstet. „Globol tötet Motten und Mottenbrut“ diente sich martialisch ein Pulver an. Es roch nach Naphtalin, wie Omas Wintermantel. Der Fliegenfänger „Massenmörder“ stand dem in nichts nach. Eine Tinktur machte den Bettwanzen den Garaus, und mindestens eine Fliegenklatsche gehörte in jeden Haushalt. Jetzt im Winter herrschte an dieser Front allerdings Ruhe.

In der guten Stube steht der Weihnachtsbaum neben dem Klavier. Metallfäden, ein Vorläufer des heutigen Lamettas, und Wachskerzen verleihen ihm festlichen Glanz. Darunter ist die Krippe aufgebaut. Spielsachen gibt es natürlich auch. Mit manchen durfte aber nur an den Festtagen gespielt werden, dann wurden sie wieder ein Jahr lang verstaut. Beim Museumsfest durfte sich jedes Kind ein kleines Tonspielzeug aus dem Kannenbäckerland aussuchen. Aus Baumrinde und Papier konnten die Kinder zudem ein Weihnachtsgesteck basteln. Dazu ging es zunächst in die Scheune zum Bohren mit dem Handbohrer. Begeistert wurde die Kurbel gedreht. „Manche Kinder sind durch die Corona-Einschränkungen regelrecht angeschlagen“, weiß Katerina Krämer. Viele sind stiller geworden, toben weniger herum. Die Lesefähigkeit habe sich hingegen deutlich verbessert, hat sie bei ihrer Arbeit festgestellt.

„Holt uns raus“, rufen unterdessen beim Fest die Plätzchen im Backes. Am Rand sind sie ein bisschen angebrannt. Der Eintopf dampft auf der holzbefeuerten Kochmaschine. Glühwein und Kinderpunsch wärmen von innen. Gegessen und getrunken wurde an Weihnachten eben auch schon vor 150 Jahren.

Von unserem Mitarbeiter Matthias Budde

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