Dem Westerwälder Familienunternehmen Spiel-In Casino ist gelungen, was viele mittelständische regionale Firmen sich wünschen: die Unternehmensnachfolge zu meistern. Zu Beginn des Jahres hat Nick Baldus und somit die dritte Generation die Geschäftsführung übernommen, Schwester Marie Bruno di Stefano ist Personalchefin. Das Unternehmen, das 1954 in Kölbingen durch Goswin Reichert gegründet wurde, betreibt mittlerweile 45 staatlich konzessionierte Spielhallen in neun Bundesländern. Die Familie ist sich bewusst, dass sie mit einem Produkt groß geworden ist, das durchaus „sensibel“ ist: Spielautomaten.
Sie ist sich ebenso der Verantwortung bewusst, die damit verbunden ist, möchte also nicht nur die Bedingungen für ein gelungenes Freizeitvergnügen in ihren Spielhallen schaffen – eine sichere Wohlfühlatmosphäre, wie Seniorchefin Petra Reichert-Baldus sagt -, sondern geht auch in die Verantwortung in puncto Spieler- und Jugendschutz. Und das in mehrfacher Hinsicht. Das Unternehmen weist selbst auf seiner Homepage und mit Flyern „Noch auf Kurs beim Spielen“ (die in mehreren Sprachen in ihren Spielhallen ausliegen) auf die Gefahr von Spielsucht hin. Die mittlerweile knapp 270 Mitarbeiter sind darauf geschult, einen Blick auf die Besucher zu haben, sie bei problematischem Spielverhalten anzusprechen und auf Hilfsangebote hinzuweisen. Außerdem ist in die Spielautomaten per se ein Spielerschutz integriert, der zu hohe Verluste des Spielers verhindert, also den möglichen Einsatz pro Stunde reguliert. Seit 2021 gibt es zudem eine bundesweite, spielformenübergreifende Sperrdatei, die also für Spielhallen, Online-Sportwetten, Online-Casinos, Spielbanken und Sportwetten gleichermaßen gilt. Menschen, die dort gelistet sind, wird ein Spielen somit unmöglich gemacht. Ein Großteil der Einträge sind Selbstsperren von Menschen, die sich selbst haben eintragen lassen, um sich zu schützen.
„Zu unserer Wohlfühlatmosphäre gehört, dass sich Spielgäste und Mitarbeiter willkommen und sicher fühlen.“
Seniorchefin Petra Reichert-Baldus

Die Menschen haben immer gespielt, weiß Nick Baldus. Doch seit sein Großvater Goswin Reichert vor 70 Jahren den Grundstein zu dem Unternehmen in der damaligen Gaststätte „Zum Treffpunkt“ legte, haben sich die Zeiten geändert. Von den Ursprüngen mit mechanischen Automaten wie „Moulin Rouge“ oder „Totomat“ künden nur noch einige Exemplare im Firmengebäude in Kölbingen, heute hat längst die digitale Technik mit modernen Displays Einzug in die Branche gehalten. Auch die Rahmenbedingungen für Spielhallen, von denen das Unternehmen ihre erste 1979 in Trier eröffnete, sind völlig andere.
Geblieben ist das Ziel: „Wir wollen unseren Gästen einen hervorragenden Service in gemütlicher Ausstattung der Spielhallen bieten, quasi in Wohnzimmeratmosphäre“, sagt Seniorchefin Petra Reichert-Baldus. Dazu zählt, dass sich die Spieler sicher fühlen können – ebenso wie die Mitarbeiter. Am Eingang wird kontrolliert, ob die Gäste nicht gesperrt sind und das Mindestzutrittsalter haben. Für die Sicherheit der Mitarbeiter sorgt beispielsweise, dass sie selbst keinen Zugriff auf Bargeld haben, die Wege zum Parkplatz beleuchtet, die Standorte mit stationären und mobilen Überfallmeldern und Videokameras gesichert sind.

Ein Besuch in einer Spielhalle soll Spaß machen, sagt Nick Baldus. Sie sei auch eine Begegnungsstätte, ein Treffpunkt. „Das Geschäft hat eine enorme Entwicklung genommen“, weiß Reichert-Baldus. Zunächst waren es ausschließlich Männer, die zum Spielen kamen, heute beträgt der Frauenanteil etwa 40 Prozent. Insgesamt besuchen 8 Millionen Menschen ab und an oder sogar regelmäßig eine Spielhalle in Deutschland, berichtet Nick Baldus weiter. Dabei sei die Verweildauer unterschiedlich, das Durchschnittsalter in den Spielhallen des Unternehmens schätzt er auf 42 Jahre. In der Region ist Spiel-In Casino im Kreis Altenkirchen (Altenkirchen, Betzdorf, Herdorf, Kirchen, Wissen) und im Westerwaldkreis (Hachenburg, Montabaur, Westerburg) zu finden.
Die Bedingungen für die Spielhallenbetreiber sind keine einfachen. Das Familienunternehmen durchlebt „durch die umfangreichen Regularien in unserer Branche, die allgemeine wirtschaftliche Lage und das wachsende illegale Spiel gerade schwierige Zeiten“, berichtet die Familie. Auch deshalb überlegt der 35-jährige Geschäftsführer, parallel zu dem Spielhallengeschäft in einen anderen Bereich einzusteigen, auch aus Verantwortung des Familienunternehmens und deren Mitarbeitern gegenüber. Mit ihnen zusammen soll das 70-jährige Bestehen der Firma groß gefeiert werden. „Dabei werden wir auch Spenden an regionale Schulen und Kinderhäuser übergeben“, kündigt die Familie an.
+ Menschen, die Probleme mit dem Spielen haben, finden unter anderem Hilfe über die Sucht-Infoline Rheinland-Pfalz 0800/5511600 und die Spielerschutz-Hotline 0800/6020330, aber ebenso beim Diakonischen Werk Westerwald (02663/94300) oder beim Kreisgesundheitsamt.
Kurzvita der Firma

1954 startete Goswin Reichert mit 25 Spielautomaten, die er in Gaststätten im Westerwald aufstellte.Zuvor versuchte er es im elterlichen Gasthaus in Kölbingen mit einem Eissalon, einem Kino und einemTanzlokal. 1960 gründete er einen Automatengroßhandel in Kölbingen mit 20 Mitarbeitern und stellte bis 1988 selbst mechanische Spielautomaten her. Dann kam die Zeit der Spielhallen. 1989 wurde die Spiel-In Freizeitspielstätten GmbH gegründet, 2006 benannte man sich in Spiel-In-Casino GmbH & Co. KG um. bau