Jubiläum in Ransbach-Baumbach
Familie Ludwig betreibt Thonwerke seit 175 Jahren
Vor 175 Jahren wurden die Thonwerke Ludwig gegründet. Vor dem Bild des Vertreters der zweiten Generation, Peter Ludwig II., erläutert die Geschäftsführerinnen der fünften und sechsten Generation, Gertrud Ludwig (rechts) und Friederike Winter, die Firmengeschichte.
Markus Müller

Im Juni 1850 wurden die Thonwerke Ludwig in Mülheim(-Kärlich)  gegründet. 175 Jahre später feiert das Familienunternehmen in sechster Generation sein Jubiläum. Firmensitz ist heute Koblenz, produziert wird seit gut 100 Jahren in Ransbach.Baumbach.

Lesezeit 6 Minuten

Im Juni 1850 wurden „P. Ludwigs Thonwerke – Dampfthongewinnung Mülheim über Koblenz” gegründet. Firmengründer war der 1803 geborene Peter Ludwig I., der im Ort wohnte. „Anlass war die Anfrage der Stahlwerke Witten, die heute noch zu unserer Kundschaft zählen, ob er einen ähnlichen Ton, wie der in Kettig gefunden, liefern könne“, berichtet Gertrud Ludwig, die heute geschäftsführende Gesellschafterin der Thonwerke Ludwig ist.

„Bis dahin betrieb er neben einer Schlosserei einen schwunghaften Kohlehandel, beides Fachgebiete, die ihn zwangsläufig mit dem Ruhrgebiet verbanden“, so die Ururenkelin. „Mit den örtlichen Verhältnissen in der Mülheimer Flur bestens vertraut, bot Peter Ludwig den Stahlwerken den blauen Mülheimer Ton an. Die angestellten Versuche übertrafen alle Erwartungen, denn mit dem Mühlheimer Ton war dank seiner spezifischen Eigenschaften das bevorzugte Material zur Herstellung von Stahlgusstiegeln und Stahlformmassen gefunden. Das ihm zum Erwerb von Feldern gebotene Geld lehnte er ab, da er mit seiner Frau genügend Land besaß.“

Heute bedeckt der Firmenkomplex Dr. Ludwig bei Ransbach-Baumbach eine riesige Fläche.
Dr. Ludwig/Friederike Winter

In der zweiten Generation trieb der älteste Sohn, Peter Ludwig II. (geboren an Silvester 1842), – von dem ein großes Porträt im modernen Verwaltungsgebäude in Ransbach-Baumbach hängt – mit großer Kraft und Energie den weiteren Ausbau des Geschäftes voran. Wurde der Ton in Mülheim noch in Glocken- und später Reifenschächten gewonnen, begann man, in Anlehnung an den ersten Tagebau Erlenhof in Ransbach in ähnlicher Weise einen Tagebau einzurichten. „Für die damalige Zeit war es ein kühnes Unterfangen, ohne technische Hilfsmittel und nur auf Menschenkraft angewiesen, 20 bis 30 Meter Abraum zu bewältigen“, staunt Gertrud Ludwig noch heute.

1885 erwarb Peter Ludwig II. mit seinem Freund Hubert Capitain in Witterschlick bei Duisburg vier Morgen Tongelände und gründete die Witterschlicker Tonwerke. Zeitgleich lernte er seine Frau Maria Müller aus Ransbach kennen, die damit zur Ahnfrau des heute lebenden Geschlechtes wurde. Sie brachte die Belehnung „Concordia“ mit in die Ehe, auf der heute noch das Werk Concordia steht.

Über viele Jahre wurde der Ton noch in Handarbeit abgebaut.
Thonwerke Ludwig

„Vor 125 Jahren, im Jahre 1900, wurde die Grube „Concordia“ eröffnet“, erzählt Gertrud Ludwig. „Auch das heute noch existierende Bahngleis wurde im gleichen Jahr zugelassen und wurde annähernd 100 Jahre zum Abtransport der Produkte genutzt. Der aus der Grube geförderte keramische und feuerfeste Ton wurde damals schon in allen Ländern Europas eingeführt.“

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gingen die Geschäfte langsam in die Hände der dritten Generation über: Otto, Rudolf und Fritz Ludwig beschlossen, nicht nur Rohton zu verkaufen, sondern auch eine Weiterverarbeitung, also gemahlene Tone, anzubieten. So wurde 1922 die erste Tonmühle aufgestellt. Diesem Anfang folgte vor 100 Jahren der erste Schamotteofen, ein Ringofen, neben der Tongrube „Concordia“. Er wurde mit Feinkohle befeuert, sodass eine Monatsleistung von 600 Tonnen mit „Concordia“-Tonen erreicht wurde.

Erste Versuche zur Herstellung von Stahlformmassen

Einige Jahre später nahm man die ersten Versuche zur Herstellung von Stahlformmassen in Angriff. 1928/29 wurde eine Kugelmühle mit Schüttelsieb zur Herstellung von Schamotteabsiebungen in maximal zwei Körnungen mit einer Staubkomponente aufgestellt. Dazu kam der Einsatz eines Doppelwellenmischers. Um 1930/31 konnte mit der Erzeugung und dem Vertrieb der Stahlformmassen trotz Wirtschaftskrise Umsatzsteigerungen erzielt werden.

Da im Dritten Reich die Wiederbewaffnung Deutschlands anstand, stieg auch der Bedarf an Stahl. Dies hatte zur Folge, dass die Gebrüder Ludwig einen zweiten Ringofen in Ransbach auf „Concordia“ bauten, der 1935 in Produktion ging. Gleichzeitig kamen zwei weitere Kugelmühlen hinzu und im Werk Wirges zwei Kollergänge mit nachgeschalteten Doppelwellenmischern, auch zur Herstellung von immer mehr benötigten Gießerei-Hilfsstoffen.

Der zweite Ringofen auf der Grube "Concordia" 1935.
Thonwerke Ludwig

Nach dem Krieg trat vor 75 Jahren die vierte Generation der Familie Ludwig in das Unternehmen ein: Paul, Otto und Hans-Anton. „In den 1950er-Jahren wurde unter intensiver Unterstützung von Paul Ludwig der Rheinische Unternehmerverband gegründet“, weiß Gertrud Ludwig. „Ziel war es, in der Tonindustrie und später mit Feuerfest, Zement und Säureschutz zusammen eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu ermitteln, was bei damals 120 Mitarbeiter eine große Unterstützung war.“

In den 1960er-Jahren wurden die Öfen auf Ölbefeuerung umgestellt, was in der Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre bei den Verantwortlichen für viele Kopfschmerzen sorgte. „Es war ein langer mühsamer Weg, in den 60er-Jahren mit feuerfesten Massen neben dem Tongeschäft endlich einen Schritt weiter in die besseren Qualitätsstufen zu schaffen“, macht Gertrud Ludwig deutlich. „Es wurde der Produktname Conflux (entstanden aus Confluencia), der bis heute einen bestehenden guten Namen aufweist, ins Leben gerufen.“

Ein Blick zurück auf die Anfänge auf der linken Rheinseite, als der Ton in Rübenach noch unter Tage abgebaut wurde.
Thonwerke Ludwig

Das hatte zur Folge, einen ersten in Chargen arbeitenden Mischer zu installieren. Dadurch war man nun in der Lage, Mischungen mit mehr als fünf Komponenten herzustellen. In den 1970er- und 1980er-Jahren folgten zwei weitere Mischer, die den Start in eine neue Zukunft darstellten. Das wesentliche Geschäft zu diesen Zeiten war aber immer noch das Tongeschäft. Die Grube Gottesgabe lieferte magere und fette Tone, die hauptsächlich per Bahn in die Fliesenindustrie nach Italien geliefert wurden.

Der Mülheimer Blauton war lange Zeit sehr begehrt

Die Grube „Concordia“ wurde in den 1980er-Jahren stillgelegt, die Tonförderung endete dann im Jahr 2000 anlässlich des Baus der ICE Strecke Köln–Frankfurt, der auch zur vollständigen Verfüllung der Grube im Jahr 2001 führte. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch noch der begehrte Mülheimer Blauton gefördert. Damit endete der Tonbergbau der Ludwigs, der 150 Jahre Hauptbestandteil des Unternehmens gewesen war.

Umso bedeutender wurde das zweite Standbein, die Kugelmühlen. Die drei Ludwig-Vettern beschlossen, die Dr. Ludwig Gmbh (Paul Ludwig führte den Doktortitel) zu gründen. Es zeigte sich, dass die alten Kugelmühlen unwirtschaftlich waren. Das bewog die Ludwigs, ein Mahlwerk nach damals modernsten Vorstellungen zu bauen. 1980 ging es in Betrieb und wurde zum erneuten zweiten Standbein des Unternehmens. „Es ist darauf ausgelegt, Material mit einer Mohs-Härte 9 (Diamant hat die Härte 10) zu zerkleinern“, ist Gertrud Ludwig stolz.

Für die Lagerung der verschiedenen Rohstoffe stehen große Boxen zur Verfügung.
Dr. Ludwig/Friederike Winter

Ende der1980er-Jahre trat mit Peter Ludwig III. die fünfte Generation in das Unternehmen ein. An seiner Seite stand der angestellte Geschäftsführer Heribert Löhner, der den Vertrieb übernahm. Die beiden erkannten zu Beginn der 1990er-Jahre, dass die vorhandenen Mischanlagen unwirtschaftlich geworden waren. Sie entschlossen sich, die alten Ringöfen abzureißen und an gleicher Stelle eine neues Mischhaus zu bauen. Dazu wurden riesige Lagerhallen zur trockenen Einlagerung von zugekauften oder stückigem Material gebaut sowie 32 Silos.

1998 trat mit Gertrud Ludwig ein weiteres Mitglied der fünften Generation in das Unternehmen ein und übernahm im Jahr 2000 in der Dr. Ludwig GmbH die Geschäftsführer-Position in der Nachfolge von Heribert Löhner. Neuen Gegebenheiten, wie zum Beispiel für die Zementindustrie, und eine weltweite Ausrichtung forderten von Ludwig eine Modernisierung der Mischanlagen, die dann in den 2010er-Jahren umgesetzt wurde. 2013 entstand in Ransbach-Baumbach ein neues Bürogebäude, in das dann die Verwaltung, Betriebsleitung und Geschäftsleitung unter ein Dach zogen. Das Büro in Koblenz wurde aufgegeben. Trotzdem ist der Firmensitz der Thonwerke Ludwig in Koblenz geblieben.

Silos stehen in Ransbach-Baumbach in großen Mengen zur Verfügung.
Dr. Ludwig/Friederike Winter

Mit Friederike Winter, Tochter von Henny Winter geborene Ludwig, trat 2014 die sechste Generation der Familie Ludwig in das Unternehmen ein. 2020 trat sie die Nachfolge von Gertrud Ludwig in der Geschäftsleitung der Dr. Ludwig GmbH an. Seit Herbst 2022 führt Sie die Geschäfte erfolgreich als Alleinverantwortliche, nachdem Peter Ludwig III. ebenfalls in den Ruhestand gegangen war.

Auch Winter stellte sich einigen nicht unerheblichen Herausforderungen in einer neuen Zeit, geprägt von Vorgaben des Umweltschutzes, Lieferkettengesetz, Carbon Footprint, Nachhaltigkeitsberichte und so vieles mehr. „Auch die veraltete Technik musste entsprechend angepasst werden“, berichtet Winter. „So wurde das Mahlwerk, Technik aus dem Jahr 1979, im Jahr 2024 digitalisiert, was zu erheblich geringeren Störzeiten führte. 2024 haben wir eine 250-Kilowatt-Peak-PV-Anlage auf den Dächern der Lagerhallen installiert. Eine weitere auf dem Bürogebäude ist in Planung, und die Staplerflotte wurde gegen Elektrostapler ausgetauscht.“

Jede Menge Technik prägen heute die Anlagen des Unternehmens Dr. Ludwig.
Dr. Ludwig/Friederike Winter

Die Mitarbeiterzahl beschränkt sich heute auf 30 inklusive der Geschäftsleitung. Das in der gleich zwei Frauen sind, ist in der Feuerfest-Branche auch nicht gerade die Regel. „Aber ich habe bei meinem Opa schon mit 18 Jahren ein Praktikum gemacht und mich dann für unser Unternehmen entschieden, das seit 175 Jahren zu 100 Prozent in Familienhand ist und heute weltweit Rohstoffe bezieht und seine Produkte verkauft.“

Jetzt wollen die beiden Ludwig-Frauen aber erst einmal mit den Beschäftigten und vielen Gästen den 175. Geburtstag ihrer Firma feiern. Und sie wären kein Familienunternehmen, wenn sie dazu nicht auch einen passenden Wunsch hätten: Statt Geschenken freuen sie sich über Spenden für die Kindergärten in Ransbach-Baumbach. Nach dem Feiern geht es aber direkt mit der Arbeit weiter, so die beiden Geschäftsführerinnen: „Auf zu neuen Zeiten – Dr. Ludwig GmbH 4.0!“

Top-News aus der Region