Am Großen Wallfahrtstag
Ex-Bundesbanker ist Hauptzelebrant in Marienstatt
Gerhard Schneider, Weihbischof in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, ist am Donnerstag, 26. Juni, Hauptzelebrant beim Großen Wallfahrtstag in Marienstatt. Vor seiner Zeit als Geistlicher war der 56-Jährige unter anderen Student an der Hochschule der Deutschen Bundesbank auf Schloss Hachenburg.
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Seine Bezüge in den Westerwald sind vielfältig: Am Großen Wallfahrtstag ist der Ex-Bundesbanker und heutige Weihbischof Gerhard Schneider Hauptzelebrant in Marienstatt. Wir haben vorab mit ihm gesprochen.

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Es ist gute Tradition, dass sich der Konvent von Marienstatt zum Großen Wallfahrtstag am Oktavtag nach Fronleichnam einen besonderen Gast als Hauptzelebrant für das Pontifikalamt auf dem Abteihof einlädt. Oftmals haben die Gäste einen persönlichen Bezug zum Zisterzienserkloster im Tal der Nister. So ist es auch bei Gerhard Schneider, Weihbischof in der Diözese Rottenburg-Stuttgart: Der 56-Jährige war vor seiner Zeit als Geistlicher für die Bundesbank tätig und hat an deren Hochschule auf Schloss Hachenburg studiert. Am Donnerstag, 26. Juni, ab 10 Uhr können ihn die Wallfahrer in Marienstatt erleben.

Der neue Papst Leo XIV. ist Mathematiker, Sie sind gelernter Banker: Passen Zahlen und Theologie also gut zusammen?

Mathematik und Theologie geht es in sehr unterschiedlicher Weise um sehr Ähnliches: die Frage nach einem tieferen Verständnis der Welt, ihrer Zusammenhänge und der Logik, die all dem zugrunde liegt. Ein Banker oder Betriebswirt nimmt dagegen Zahlen eher als Mittel zum Zweck. Mit einem Mathematiker oder Philosophen kann man stundenlang über den Sinn der Welt diskutieren, mit einem Banker eher über den Sinn der letzten Steuerreform. Ein guter Theologe ist übrigens einer, der beides irgendwie zusammenbringt.

Sie haben von 1988 bis 1991 an der Hochschule der Deutschen Bundesbank auf Schloss Hachenburg Betriebswirtschaftslehre studiert. Woran müssen Sie als Erstes denken, wenn Sie sich an Ihre Zeit im Westerwald erinnern?

An ein sehr anspruchsvolles und qualitätsvolles Studium, an die unkomplizierten und freundlichen Menschen in dieser Gegend und natürlich an die wunderbare Landschaft.

„Wir reden über Gott und die Welt und Themen, die mir sonst kaum begegnen. Das ist für mich ungemein erfrischend.“
Weihbischof Gerhard Schneider über Treffen mit seinen früheren Bundesbank-Kollegen.

Haben Sie noch regelmäßig Kontakt zur Hachenburger Hochschule und zur Bundesbank insgesamt?

Es ist wunderbar, dass sich bis heute ein guter Freundeskreis aus meiner Hachenburger Zeit gehalten hat. Wir treffen uns regelmäßig, allerdings meistens rund um Frankfurt, wo die meisten heute wohnen und arbeiten. Ich genieße diese Treffen, weil es diesen Leuten völlig egal ist, was ich heute bin. Die meisten wissen ohnehin nicht so genau, was ein Weihbischof sein soll. Wir reden über Gott und die Welt und Themen, die mir sonst kaum begegnen. Das ist für mich ungemein erfrischend.

Wie und wann kam es zu Ihrer vollständigen beruflichen Neuausrichtung?

Die endgültige Entscheidung fiel im Herbst 1994 nach einer Auslandstätigkeit für die Bundesbank, also gut drei Jahren nach dem Ende meines Studiums in Hachenburg. Aber natürlich war das ein längerer Weg der Entscheidungsfindung. Meine Zeit bei der Bundesbank habe ich übrigens nie bereut. Sowohl das Studium als auch die Berufstätigkeit waren ein bleibender Gewinn.

Am Großen Wallfahrtstag werden sich in Marienstatt wieder Tausende Gläubige auf dem Abteihof versammeln.
Röder-Moldenhauer

Wie ich gehört habe, pflegen Sie schon längere Zeit gute Beziehungen zur Abtei Marienstatt. Wie entstand der Kontakt?

Ich werde nicht vergessen, wie ich mich zum ersten Mal an einem Sonntagmorgen von Hachenburg nach Marienstatt fuhr. Es herrschte dicker Nebel, aber egal: Die klare, einfache und zugleich einladende frühgotische Architektur der Kirche hat mich sofort begeistert. Mir war klar, dass dieser Bau ein sehr besonderes Kunstwerk ist und für mich ein Lieblingsort sein würde. Vom Gottesdienst bei diesem ersten Besuch bekam ich kaum etwas mit, weil ich voll und ganz in den Raum eintauchte. Von da an war ich oft in Marienstatt und es entstanden gute Kontakte zu einigen der Patres. Bei allen Besuchen spielte aber die wundervolle Kirche und die Lage im Nistertal eine ganz wichtige Rolle – Nebel hin oder her.

Am 26. Juni sind Sie nun Hauptzelebrant beim Großen Wallfahrtstag in Marienstatt. Wissen Sie schon, welchem Thema Sie Ihre Predigt an dem Tag widmen werden? Werden Sie dabei möglicherweise auch auf Ihre eigene Biografie – vom Bundesbanker zum Geistlichen – eingehen?

Ich weiß nicht, ob das letztlich so spannend wäre. Ich bin mit persönlichen Anekdoten in Predigten in der Regel zurückhaltend. Ich habe aber schon einige Ideen zu meiner Predigt, und eine davon hat tatsächlich mit einem Erlebnis in Marienstatt zu tun.

„Jeder hat einen einzigartigen Platz und eine besondere Aufgabe in dieser Welt, die sonst niemand auf die gleiche Weise erfüllen kann.“
Gerhard Schneider, Weihbischof in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Im Oktober 2022 haben Sie bei einem Vortrag auf Schloss Hachenburg über Wege zur Berufung gesprochen. Waren Sie mit Ihrem ungewöhnlichen Werdegang schon Vorbild oder Inspiration für andere Menschen, ihrem Herzen zu folgen, Altes hinter sich zu lassen und einen völlig neuen Pfad zu beschreiten?

So ungewöhnlich ist mein Weg gar nicht. Nicht wenige Menschen kommen als Quereinsteiger in den kirchlichen Dienst, sei es ins Priesteramt oder in andere Berufe, und haben bereits ein anderes Studium oder Berufserfahrung hinter sich. Es gibt ehemalige IT-Managerinnen, Maurer und Richter, die heute im pastoralen Dienst sind. Jahrelang war es einer meiner zentralen Aufgaben, solche Menschen bei der Entscheidungsfindung zu begleiten. Da war es schon hilfreich, dass ich einen ähnlichen Hintergrund habe.

Was bedeutet für Sie persönlich Berufung?

Jeder Mensch ist begnadet mit einzigartigen Talenten und Begabungen, die Gott ihm geschenkt hat und die so sonst niemand anders hat. Jeder hat einen einzigartigen Platz und eine besondere Aufgabe in dieser Welt, die sonst niemand auf die gleiche Weise erfüllen kann. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Menschen, diese Berufung zu suchen und sie mit Leben zu füllen.

„Insofern fahre ich selbst als Pilger der Hoffnung nach Marienstatt – und ich freue mich auf die Begegnungen!“
Weihbischof Gerhard Schneider über seinen bevorstehenden Besuch im Westerwald.

Mit welchen Gefühlen gehen Sie in den Wallfahrtstag?

Ich habe mich über die Einladung sehr gefreut. Wir sind ja auch mitten im Heiligen Jahr, über das Papst Franziskus das Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gestellt hat. Das ist nun sein Vermächtnis, und mir ist es wichtig, dass wir diesen Gedanken in diesem Jahr lebendig halten. Insofern fahre ich selbst als Pilger der Hoffnung nach Marienstatt – und ich freue mich auf die Begegnungen!

Zum Schluss noch mal zurück zum neuen Papst Leo XIV.: Welche Erwartungen haben Sie an sein Pontifikat?

Der neue Papst wird mit einer derartigen Fülle an Erwartungen zu tun haben, dass ich nicht noch weitere hinzufügen möchte. Aber ich bin wirklich glücklich und dankbar für diese Wahl. Er kennt weite Teile der vielfältigen katholischen Welt aus eigener Erfahrung und kann die unterschiedlichen Traditionen und Mentalitäten gut einschätzen. Er wird ein guter Brückenbauer sein können.

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