EVM-Vorstand referiert beim Unternehmerkreis der Naspa - Kritik an Ampelkoalition trifft auf offene Ohren
EVM-Vorstand referiert beim Unternehmerkreis der Naspa: Kritik an Ampelkoalition trifft auf offene Ohren
Mit seiner Kritik an der Energie- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung hält sich Dr. Karlheinz Sonnenberg beim Unternehmerkreis der Nassauischen Sparkasse nicht zurück. Der Wirtschaftswissenschaftler und EVM-Vorstand referierte zum Thema „Versorgung mit Gas und Strom“ und hält es für unumgänglich, das „gesamte System neu zu entwickeln“. Fotos: Katrin Maue-Klaeser
Katrin Maue-Klaeser

Eine ganze Reihe von Krisen seien es, die die heimische Wirtschaft umtreiben, konstatiert Gunther Schmitz, der das Treffen des Unternehmerkreises der Nassauischen Sparkasse eröffnet. Der Regionalmarktleiter Firmenkunden Nord bei der Naspa zählt die Sorgen auf:

Lesezeit 2 Minuten

Begonnen bei Corona mit den daraus folgenden Lieferkettenschwierigkeiten über den Krieg in der Ukraine, die Inflation und den Fachkräftemangel gipfeln derzeit die Probleme in der Energiekrise: „Kaum ein Thema bewegt uns ökonomisch so stark“, weiß Schmitz.

Weil die Naspa ihren Unternehmerkreis als „Impulszirkel“ versteht, stellt Schmitz als Referenten einen durch und durch „energetischen“ Fachmann vor: Karlheinz Sonnenberg, promovierter Wirtschaftswissenschaftler, ist Vorstandsmitglied der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) und bringt mehr als 100 Zuhörer in Höhr-Grenzhausen auf den aktuellen Stand, was die Versorgung mit Erdgas und Strom angeht. „Was sind die Probleme – und was sind die Lösungsmöglichkeiten?“, fragt Sonnenberg, der zunächst die Einflussfaktoren auf den Energiemarkt darlegt.

Anhaltende Engpässe bei der Energieversorgung werden erwartet

„Selbst innerhalb eines Tages zeigt sich: Sobald es kälter und dunkler wird, gehen die Gaspreise durch die Decke – und die Strompreise gleich mit“, erklärt Sonnenberg die sogenannten Spot-Preise, die die minutenaktuellen Kosten für eine Megawattstunde Gas zeigen. Im Gegensatz dazu stehen die Jahres-Futures, der Preis pro Megawattstunde, wenn die Gasmenge für die gesamten nächsten 365 Tage eingekauft würde.

Dass diese Jahres-Futures seit Ende November über die Spot-Preise kletterten, während sie sonst stets – oft deutlich – niedriger lagen, gibt einen Hinweis darauf, dass nicht nur akute, sondern anhaltende Engpässe bei der Energieversorgung erwartet werden. Die Ursache dafür sieht Sonnenberg, daran lässt er keinen Zweifel, an der Energiepolitik der Bundesregierung. Seine Argumentation stellt nicht nur auf die Konzentration auf regenerative Energien ab, die „auch bei einem Ausbau zwar steigende Spitzen, aber weiterhin tiefe Täler“ mit sich bringen, für die nach wie vor keine Puffer und keine Speicher vorhanden seien.

Deutschland sei zu ideologisch unterwergs

Nach Sonnenbergs Schilderung ist das Problem in Deutschland, dass „wir ideologisch unterwegs sind, während andere Staaten pragmatisch vorgehen“, um die Energieversorgung zu sichern. Dass etwa für die Erzeugung von Wasserstoff als Energieträger allein auf die „grüne“ Variante gesetzt (siehe Info-Zusatz) und Erdgas als Grundstoff ausgeschlossen werde, sei kurzsichtig: Sowohl die Entwicklung ausgereifter Verfahrenstechnik und die Sicherung des Innovationsstandorts Deutschland als auch der Blick auf die Gestaltung von Erdgaslieferverträgen sollten nach Ansicht des Referenten die Regierung dringend zu einem Umdenken veranlassen: „In Norwegen ist gerade ein Gasliefervertrag daran gescheitert, dass der Bundeswirtschaftsminister eine Vertragsdauer von 25 Jahren abgelehnt hat“, weil die Ampelkoalition bis 2038 aus fossilen Energieträgern aussteigen wolle.

Zudem wirkten sich Energiepreise auf die Wirtschaft über die reinen Kosten hinaus aus: „Je höher oder unsicherer der Energiepreis, desto weniger wird investiert“, erklärt der EVM-Vorstand. Die Atempause eines Jahres, die erkauft ist mit der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke sowie der Lieferung von Flüssigerdgas (LNG), müsse genutzt werden, „um ein gesamtes System neu zu entwickeln“, schließt Sonnenberg. In der Diskussion, die seinem Vortrag folgt, geht ein Gast noch einen Schritt weiter: Die aktuelle Politik komme einer „ideologischen Deindustrialisierung“ Deutschlands gleich. Unter den Besuchern entwickeln sich trotz recht unsicherer Aussichten angeregte Gespräche.

Von Katrin Maue-Klaeser

Top-News aus der Region