60 Jahre haben die beiden Freud und Leid geteilt – und auch das schreckliche Unglück gemeinsam gemeistert: An Pfingstsamstag 2020 gegen 19.30 Uhr stürzte ein Kleinflugzeug in Folge einer technischen Störung ab und krachte in das Dach des 1907 errichteten Hauses von Horst Wisser und landete in dem Studio, in welchem nun beide so traut beieinandersitzen. Dem heute 86-jährigen Mann sind die Bilder sofort wieder vor Augen: Schrecklich sei das gewesen, auch wenn wie durch ein Wunder damals kein Mensch zu Tode kam. Aber den Piloten blutend da liegen zu sehen, schrecklich.
Mittlerweile – und mit viel Glück und Hilfe – ist das Haus wieder heil, das Studio wieder zu einem Schmuckstück geworden. Hier, gemütlich auf der Bank sitzend, beginnt Horst Wisser zu erzählen, von früher, wie er 1958 seine Elke, die gerade 15 Jahre alt war, im Gasthaus Tannenhof in Kaden kennenlernte und sich in sie verliebte, weil sie eben „annerscht“ als die anderen Frauen war. Die künftige Schwiegermutter war nicht erfreut und sagte zu Horst Wisser: „Das geht doch nicht, das Mädsche ist doch noch viel zu jung!“
1964 wurde mit Erlaubnis des Vaters geheiratet
Doch, es ging. Als Elke Menges 18 Jahre alt war, wurde geheiratet – was damals noch der schriftlichen Erklärung ihres Vaters bedurfte, dass er mit dieser Hochzeit einverstanden sei. Seine Unterschrift leistete er beim Bürgermeister Kloft von Kölbingen, der in seinem Wohnzimmer residierte.
Das junge Paar zog in das Elternhaus von Horst Wisser, was der Großvater 1907 erbaut hatte und bei dem Stall und Scheune ebenso groß waren wie das Wohnhaus. Mit in das neue Zuhause nahm die frischgebackene Ehefrau und kaufmännische Angestellte ihre Liebe zur Musik, die sie bis heute behalten hat. „Schon als kleines Mädchen ist Elke von Haus zu Haus gezogen, hat an der Tür geklingelt und den Leuten mit ihrer Mundharmonika ein Liedchen vorgespielt“, berichtet ihr Mann. „Spiel noch eins“, ermuntert er seine heute 80-jährige Frau, die prompt die Mundharmonika zu den Lippen führt, eine muntere Weise anstimmt und mit einem resoluten „Fertig!“ beendet. Das seien die lichten Momente, in denen sich ihr Blick aufhelle, sagt der 86-Jährige leise.
Der 86-Jährige ist dankbar für sein Leben
„Was für ein Glück!“, meint er nach einem kurzen Augenblick und erzählt, wie viel Hilfe das Paar erfahren hat nach dem Cessna-Unfall, bis das Studio wieder aufgebaut war. Er ist dankbar für sein Leben, erinnert sich noch genau und gerne an seine Zeit als Lehrjunge und wie er dann lange Jahre als gelernter Lebensmittelgroßhandelskaufmann bei Edeka in Hachenburg arbeitete, später für eine Brauerei in Koblenz.
Schon als kleiner Junge, so beginnt er von seinen Hobbys zu berichten, habe er am Elbbach gestanden und den Erwachsenen beim Angeln zugeschaut. „Das musst du schaffen, den zu pachten“, nahm er sich vor. 51 Jahre lang hat er die Pacht gehabt.
„Und dann die Jagd“, zählt Wisser eine weitere Leidenschaft auf, die er als Hegeringsleiter, Kreisgruppenvorsitzender im Jagdverband und 27 Jahre im Jägerprüfungsausschuss nicht nur für sich allein ausübte. „Und ich habe jedes Jahr meine jagdlichen Erlebnisse festgehalten. Jedes Stück Wild, was ich sehe, erfreut mich, jeder Vogel, den ich singen höre“, bekennt der 86-Jährige. Noch heute sitzt er daher abends gerne an den großen Studiofenstern mit dem Fernglas in der Hand und schaut auf die Auen hin zu den Hochstämmen und den Bäumen. Das ist die Zeit, wo er über das Leben „simmelieren“ kann.
„Was für ein Glück: Wir sind am Leben geblieben“, holen ihn die Momente jenes Unglücksabends vor rund vier Jahren wieder ein. Aber er hält an diesen schweren Gedanken nicht fest, sondern sagt: „Wir sind froh, dass wir trotz der gesundheitlichen Einschränkungen der Frau hier zusammenleben können. Das ist das Schönste!“ Denn zusammen hätten sie so viel Schönes erlebt, sogar eine zweiwöchige Hochzeitsreise an den Bodensee unternommen, was damals noch nicht üblich war. „Wir zwei, wir schaffen das“, sagt der Mann und sieht seine Elke dabei zärtlich an, mit der er nun Diamantene Hochzeit feiern möchte – im engsten Familienkreis, mit Tochter und Schwiegersohn. Von Besuchen bittet das Paar aufgrund der gesundheitlichen Probleme abzusehen.