Digitalisierung als Triebfeder
Energiewelt braucht auch im Westerwald viele Akteure
Mehr als 30 Gäste interessierten sich für die Möglichkeiten und Chancen der Energieversorgung.
Thomas Hoffmann

Seit Jahren beleuchtet der Digital-Stammtisch Westerwald-Sieg vielfältigste Fragestellungen rund um die vernetzte Computerwelt. Da darf auch ein Blick auf die Energieversorgung nicht fehlen.

Energie, das ist ein Element, das wir tagtäglich benötigen. Ohne sie läuft nichts in unserer hoch technisierten Welt. Das gilt für Unternehmen ebenso wie für private Haushalte. Was aber passiert, wenn diese ausbleibt, wie kürzlich beim großflächigen Stromausfall in Spanien und Portugal. Und vor allem: Wie können wir uns davor schützen? Dieser und anderen spannenden Fragen widmete sich am Dienstagabend der Digital-Stammtisch Westerwald-Sieg.

Ort der Zusammenkunft war die Firma Mann in Langenbach b. K.. Mehr als 30 Gäste erlebten zwei Referenten, die sich tagtäglich hautnah mit Möglichkeiten zur unabhängigen und dezentralen Energieversorgung beschäftigen. Den Anfang machte als Gastgeber der Langenbacher Unternehmer Markus Mann. In der ehemaligen Grundschule, deren Gebäude mittlerweile zu seinem Betrieb gehört, spannte er den Bogen von Windkraft über Solarenergie und Dampfmaschine bis hin zu Speicherbatterien.

Anschaulich präsentierte Markus Mann die Möglichkeiten einer nahezu autarken Energieversorgung, die auch im Hinblick auf globale Herausforderungen immer mehr Bedeutung erhält.
Thomas Hoffmann

Angefangen habe er vor vielen Jahren mit einem Windrad, so Mann: „Wenn die Erdkrümmung nicht wäre, könnte man von hier aus bis nach London sehen“, sagte er im Hinblick auf den hohen Westerwald: Seiner Meinung nach ein idealer Standort, um Windkraft zu ernten. „Heutzutage liefert eine Windkraftanlage 48 Mal so viel Energie wie damals“, machte er die rasante Entwicklung deutlich und führte aus, dass mit Langenbacher Windkraft 50.000 Menschen versorgt werden.

Pellets, Holz und Photovoltaik sind weitere Elemente, mit denen es Mann geschafft hat, seinen Holz verabeitenden Betrieb nahezu autark zu machen. Garant für eine lückenfreie Energieversorgung sind dabei Batterien, in denen eingehende Energie gespeichert wird, die dann mittels intelligenter Steuerung den Strom dorthin transportiert, wo er gerade gebraucht wird. Ein Zauberwort lautet hierbei „Peak-Sharing“, was bedeutet, dass Energiespitzen vermieden werden, um eine Überlastung zu vermeiden.

Mann weiter. „Wenn ein Mitarbeiter morgens kommt und sein Fahrzeug an das Ladegerät hängt, ist es egal, ob es acht Stunden dauert, bis es voll geladen ist.“ Mit anderen Worten: „Wird der Strom an bestimmten Maschinen dringender gebraucht, haben diese Vorrang. Gleichzeitig wird der Betrieb vorwiegend dann mit hoher Auslastung und Batterieenergie gefahren, wenn der Strom am Markt teuer ist und es wird geladen, wenn er günstig ist, denn „wir sind nicht vollständig autark, etwa 20 Prozent müssen wir einkaufen“, so der Unternehmer.

Professor Ralf Simon von der Universität Bingen plädierte in seinem Vortrag für die Ausnutzung verschiedenster Möglichkeiten der erneuerbarer Energien im privaten, öffentlichen und wirtschaftlichen Sektor, wobei er auch das Projekt "Energieregion" vorstellte.
Thomas Hoffmann

Apropos autark: Dieser Herausforderung widmet sich auch Ralf Simon, der als Professor für Energiewirtschaft und Energietechnik an der Universität Bingen lehrt. Er ging in seinem Vortrag auf den Stromausfall in Spanien und Portugal ein, machte jedoch gleichzeitig deutlich, dass sich eine solche Gefahr für unser Land in Grenzen halte: „Wir selbst könnten einen Ausfall dieses Ausmaßes nicht stemmen, aber wir haben viele Koppelstellen“, verwies er auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vieler europäischer Länder. „Hier funktioniert Europa sehr gut“, sagte Simon, plädierte aber dafür, die Eigenstromversorgung voranzutreiben.

Neben den privaten Haushalten und Firmen, die viel für diese Ziele tun könnten, stellte er das Projekt „Energieregion“ vor, in dem beispielsweise Verbandsgemeinden Flächenphotovoltaikanlagen errichten. „Der Preis für eine Kilowattstunde liegt bei der Flächenphotovoltaikanlage bei fünf Cent“, wohingegen eingekaufte Energie bei einem derzeitigen Durchschnittspreis von 35 Cent pro kWh liege. Auch die Verbandsgemeinde Montabaur nimmt an diesem Projekt teil, und Professor Simon ist in Planung und Ausführung involviert.

Das alles könne den Strom hierzulande also günstiger machen, so Simon. Darüber hinaus seien die Vorteile für unsere Umwelt unübersehbar. Dennoch sieht der Professor, ebenso wie Markus Mann, die Notwendigkeit, umzudenken. „In China fahren bereits heute mehr als 50 Prozent E-Autos, wir müssen erkennen, dass die Zeit gekommen ist“, so der Langenbacher Unternehmer.

Top-News aus der Region