Noch ist aber von einem baldigen Ende nichts zu spüren. Die Westerwälder Zeitung erwischt Geschäftsführer Joachim Ermert beim Setzen des Ofens. Dieser ist randvoll mit Tassen, Bembeln und Krügen. „Wir produzieren noch bis zum Sommer und arbeiten alle Aufträge ab. Alles, was hier zu sehen ist, ist schon verkauft. Fürs Lager wird nichts mehr hergestellt.“
Keramiker Ermert, der einst bei der renommierten Merkelbach Manufaktur sein Handwerkszeug gelernt hat, entwirft, entwickelt, formt, dekoriert und brennt mit seinem Team alle Stücke. „Ich habe mein Leben dem Salzbrand gewidmet, meine Bilanz fällt rundum positiv aus“, sagt er. Die Girmscheid-Salzglasur wird in speziellen Öfen gebrannt. Die robuste Glasur entsteht bei mehr als 1200 Grad Celsius im offenen Feuer nur durch Zugabe von Kochsalz. „Jedes der Stücke ist ein Unikat. Alle Artikel sind spülmaschinenfest, mikrowellengeeignet und backofenfest“, berichtet Joachim Ermert.
Keiner verliert den Job.
Joachim Ermert freut sich, dass alle Mitarbeiter von der Töpferwerkstatt Ströder-Stei in Mogendorf übernommen werden.
Der 63-Jährige und seine Frau Gitta, die Büro und Kaufmännisches im Hintergrund organisiert hat, gehen aus Altersgründen in Ruhestand. Einen Nachfolger haben sie nicht gefunden. Ein bisschen Wehmut und Bedauern herrscht bei den beiden vor. Doch überwiegt die Freude aufs Rentnerdasein. Endlich haben sie mehr Zeit für den Enkel und fürs Reisen. „Viele unserer Kunden sind zu Freunden geworden. Die werden wir jetzt besuchen.“
Joachim Ermert wurde 1989 bei der Traditionstöpferei als Betriebsleiter eingestellt und bekam 1996 von der damaligen Chefin Edith Wittich-Scholl die Geschäftsführung übertragen. Die Firma ist seit den 80er-Jahren im Besitz der Familie Wittich. In seiner Anfangszeit hatte die Werkstatt 25 Angestellte. Kunden waren zum Großteil die Industrie, Kommunen, kleinere Brauereien und Fachhändler. Kundenpräsente waren der Hauptabsatz. Treue Kunden über alle Jahrzehnte seien auch die in Deutschland stationierten US-Soldaten gewesen, die gerne Wäller Unikate aus Steinzeug mit in die Heimat genommen haben.
Ein Standbein: Gruppenführungen
Eines der Standbeine sind Führungen mit Gruppen ab 20 Personen gewesen. „In der Corona-Zeit gab es zwei Jahre lang keine Führungen. Innerhalb von zwei Wochen wurden 40 Busse abgesagt.“ Das muss ein Betrieb erst einmal verkraften. Weitere Herausforderungen kamen mit dem Ukraine-Krieg und den rasant steigenden Energie- und Transportkosten. Auch die Rohstoffpreise seien explodiert. „Wir arbeiten mit offener Flamme, sind also auf Erdgas angewiesen. In der Summe konnten wir das nicht an die Kunden weitergeben.“
Doch all diese wirtschaftlichen Herausforderungen sind nicht der Grund für die Betriebsaufgabe. „Wir haben uns immer angepasst und neue Geschäftsfelder aufgebaut“, berichtet Ermert nicht ohne Stolz. Dazu zählte auch die Öffnung von Lager und Werkstatt für Privatkunden. Der von Gitta Ermert ins Leben gerufene Werksverkauf war ein ebenso großer Erfolg wie die Teilnahme am Keramik- und Töpfermarkt. „Wir haben unsere Angebotspalette immer am Bedarf der Kunden und am Markt orientiert. So kamen zu Bierkrügen, Brottöpfen und Auflaufformen auch Zier- und Teichfiguren, Pflanzkübel, Vogeltränken sowie Gartenkeramik hinzu.“ Sogar Urnen und Grabplatten wurden bei Girmscheid gefertigt. Die Entwicklung einer bunten Salzglasur kam bei den Käufern auch gut an.
Personal immer weiter zurückgefahren
Das Personal ist mit den Jahren immer weiter zurückgefahren worden. Gitta und Joachim Ermert sind erleichtert und glücklich, dass ein Teil ihres Portfolios von der Töpferwerkstatt Ströder-Stein in Mogendorf fortgeführt wird. Auch die verbliebenen Mitarbeiter, eineinhalb Kräfte und zwei Aushilfen, finden in Mogendorf ihr neues Auskommen. „Keiner verliert den Job.“
Wichtig ist Ermert, ein großes Dankeschön an die Stadt Höhr-Grenzhausen auszusprechen. „Sie war stets ein sehr guter Partner und hat die keramischen Betriebe unterstützt. So hat sie beispielsweise durchgesetzt, dass die Werkstätten an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen. Die touristische Vermarktung war gut. Auch die Galerie der Gefäße und der Stelenweg tragen zur Sichtbarkeit der Keramik im öffentlichen Raum entscheidend bei.“ Was aus den weitläufigen Räumen der Töpferei wird, ist noch nicht klar. „Derzeit werden Gespräche geführt. Vielleicht werden sie Keramikern zur Verfügung gestellt. Das wäre schön“, sagt Ermert abschließend.