Am 29. Februar 2000 stellte das Ordnungsamt eine „verkehrspolizeiliche Anordnung“ zur Ausweisung der Gemeindestraßen „Im Hofacker“ und „Im Eichelstück“ als verkehrsberuhigten Bereich aus. Nun wurde dieser Erlass ebenfalls durch das Ordnungsamt der VG Wallmerod „wegen Nichterfüllung der baulichen Voraussetzungen für einen verkehrsberuhigten Bereich“ von Amts wegen aufgehoben.
Das würden viele Einwohner „nicht verstehen, dass nach 20 Jahren dort keine Spielstraße mehr“ sei, sagt Ortsbürgermeister Volker Hannappel. Der Ortsgemeinderat habe nun stattdessen die Errichtung von Tempo-30-Zonen in der geschlossenen Ortslage der Ortsgemeinde Dreikirchen nicht nur für diese beiden Straßen, sondern auch für weitere Straßen beschlossen. Für die Anbringung und Unterhaltung der entsprechenden Verkehrszeichen erteilte die VG-Verwaltung am 12. Mai die Erlaubnis.
Das Unverständnis der Anwohner ist groß
Die Einwohner hätten es lieber gesehen, wenn es bei der verkehrsberuhigten Zone geblieben wäre, ist sich Hannappel sicher. So sagt beispielsweise Erik Schönemann: „Unsere Kinder wissen nicht mehr, wo sie hier spielen und gehen können. Ich hoffe, dass die Leute hier weiter vernünftig fahren.“
„Das Unverständnis der Bevölkerung ist nachzuvollziehen; gerne kläre ich diesbezüglich auf“, betont Nadine Bolik (Ordnungsabteilung). Bei einem Ortstermin zusammen mit Polizei und Kreisverwaltung sei festgestellt worden, dass einige Straßenzüge als verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen wurden, die es nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben nicht sein dürften. „Wie dies zustande kam, kann nicht mehr nachvollzogen werden“, teilt Bolik mit.
Die Gründe des Widerrufs
Das Verkehrszeichen „verkehrsberuhigter Bereich“ wurde deshalb für diese Straßenzüge widerrufen, bei denen eine optische Trennung von Gehweg und Fahrbahn durch unterschiedliche Straßenbeläge besteht. Denn das widerspricht den nötigen Voraussetzungen, nach denen eine „einheitliche, für den gemischten Verkehr bestimmte Fläche“ vorgeschrieben ist, jedoch keine Trennung in Fahrbahn, Seitenstreifen und Gehwege.
Eine solche Trennung sei ausgeschlossen. Denn der Fahrzeugführer müsse schon aus dem äußeren Bild der betreffenden Verkehrsfläche (also auch ohne Blick auf das Verkehrszeichen) unmissverständlich den Eindruck gewinnen, dass es sich hier nicht um eine ,normale' Straße, sondern um einen Kommunikationsbereich handelt, in dem das Fahrzeug nur ausnahmsweise geduldet wird, führt Bolik weiter zu den geltenden Bestimmungen (STVO) aus. Aus diesem Grund diene der Widerruf der Verkehrssicherheit der Anlieger, auch wenn es für diese zunächst unverständlich erscheinen möge.
Zudem erläutert sie auch das Prozedere, wie in einem Ort eine Zone 30 eingerichtet werden kann, die ebenfalls der Verkehrsberuhigung dient. Die Straßenverkehrsbehörden ordnen innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo-30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an.
Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen, geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Leitlinien und benutzungspflichtige Radwege umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel „rechts vor links“ gelten. Dabei gibt es eine Abweichung: vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo-30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger bleiben zulässig.
„Unsere Kinder wissen nicht mehr, wo sie hier spielen und gehen können. Die Autos müssen auf den Gehweg ausweichen, wenn sie sich begegnen – auch wenn das eigentlich nicht erlaubt ist, passiert das ständig. Ich hoffe, dass die Leute hier weiter vernünftig fahren.“
Erik Schönemann
Auch zu der Frage, warum in Dreikirchen die Hauptstraße, die Torstraße und die Westerwaldstraße keine 30-Zonen-Regelung ausweisbar sind, informiert Bolik. Dagegen spreche, dass sie Vorfahrtsstraßen seien. Bevor eine solche Zone eingerichtet werden kann, wird genau geprüft, ob darüber hinaus eine Vielzahl von Kriterien zutreffen, dazu gibt es eine entsprechende Prüfliste bei der Verwaltung.
Außerdem weist Bolik darauf hin, dass der Vollzug der Straßenverkehrsordnung eine staatliche Aufgabe ist. „Ortsgemeinden nehmen nur Selbstverwaltungsangelegenheiten wahr, weshalb grundsätzlich Ortsgemeinden nicht bestimmen können, wo welche Verkehrszeichen angeordnet werden.“ Die Anordnung von Verkehrszeichen setze immer eine Erforderlichkeit voraus. Und deshalb müsste genau geprüft werden, ob ein Verkehrszeichen anzubringen sei oder nicht. Dabei gelte: „Nur so viele Verkehrszeichen wie nötig, so wenige wie möglich.“
Aber: das Verkehrszeichen Tempo-30-Zone bilde eine Ausnahme, denn hier ist das gemeindliche Einvernehmen in Form eines mehrheitlichen Ratsbeschlusses der Ortsgemeinde erforderlich – so, wie es auch vom Gemeinderat Dreikirchen gehandhabt wurde.