Es gibt Kämmerer in Rheinland-Pfalz, denen stehen tiefe Sorgenfalten auf der Stirn. Der, der im Kreishaus Montabaur sitzt, sollte nicht dazugehören – auch wenn angesichts der finanziellen Entwicklung auch keine Lachfalten sein Gesicht zieren dürften. Denn die Finanzsituation des Kreises ist, auch wenn diesmal die Ausgaben die Steuereinnahmen übersteigen, noch im Rahmen. Das fördert der Kassensturz des Statistischen Landesamtes zutage.
Der Finanzierungssaldo im Westerwaldkreis betrug nach Angaben der Bad Emser Behörde im abgelaufenen Jahr minus 3.597.672 Euro. Damit hat der Kreis im Vergleich zu 2023 schon einige Federn lassen müssen. Denn ein Jahr zuvor stand unter dem Strich noch ein sattes Plus von 11,4 Millionen Euro. Heißt im Klartext: Diesmal klafft eine Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. Rechnet man den Betrag auf die Einwohnerzahl um, so ergibt sich zwischen Hof und Höhr-Grenzhausen ein aktuelles Pro-Kopf-Defizit von 17 Euro. 2023 lag dieser Wert noch bei plus 55 Euro.
Saldo zum zweiten Mal in Folge negativ
Diese Entwicklung ist aber im landesweiten Vergleich kein Ausreißer nach unten. Denn der Finanzierungssaldo für alle Gebietskörperschaften im Land – vom Kreis bis zur Ortsgemeinde – ist im zweiten Jahr in Folge negativ, so die Statistiker. Und das trotz steigender kommunaler Steuereinnahmen. Denn auf der Basis vorläufiger Zahlen aus der amtlichen Kassenstatistik entsprechen rund 6,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen landesweit einem Plus von knapp 350 Millionen Euro oder 5,9 Prozent gegenüber 2023. Dennoch weisen alle Gemeinden und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz zusammengenommen für das Jahr 2024 ein Gesamtminus von mehr als 630 Millionen Euro aus. Das entspricht einem Defizit von rund 151 Euro je Einwohner. Im Jahr 2023 lag die Kennzahl bei minus 565 Millionen Euro, was einem Pro-Kopf-Defizit von 136 Euro entsprach.
Dieser Wert je Einwohner macht Kreise und Kommunen besser miteinander vergleichbar. So rangiert der Westerwaldkreis mit seinen minus 17 Euro pro Bewohner auf Platz 4 aller 24 Landkreise. Die Spanne reicht hier vom Kreis Neuwied, der als Spitzenreiter einen positiven Saldo von 40 Euro je Einwohner meldet, bis zum Kreis Cochem-Zell mit minus 506 Euro. Der Kreis Altenkirchen landet mit minus 115 Euro auf Platz 12, der Rhein-Lahn-Kreis mit minus 162 Euro auf Rang 15 und der Kreis Mayen-Koblenz mit -167 Euro noch einen Platz dahinter. Bei den zwölf kreisfreien Städten im Land liegt Kaiserslautern mit plus 106 Euro an der Spitze, Schlusslicht ist hier Koblenz mit minus 669 Euro.
Am meisten spült die Gewerbesteuer in die Kassen
Anders als bei den Kreisen selbst, von denen in dieser Statistik 22 rote Zahlen schreiben, sieht das Bild bei den kreisangehörigen Gemeinden und Gemeindeverbänden deutlich positiver aus. Hier haben die Statistiker in 16 der 24 Kreise in der Summe schwarze Zahlen ermittelt. Der Westerwaldkreis findet sich mit einem positiven Finanzierungssaldo von 19 Euro pro Kopf (das Gesamtplus beträgt 3.830.356 Euro) auf Platz 13 wieder, gerade noch über dem Strich. Dagegen erreicht der Kreis Altenkirchen (197 Euro) den drittbesten Wert nach den Kreisen Ahrweiler (684 Euro) und Donnersberg (235 Euro). Während Neuwied mit 134 Euro auf Rang 6, der Rhein-Lahn-Kreis mit 128 Euro auf Platz 8 und der Kreis Mayen-Koblenz mit minus 88 Euro auf Platz 20 liegt, hat der Kreis Alzey-Worms landesweit mit minus 247 Euro die „rote Laterne“.
Doch wie setzen sich die Steuereinnahmen insgesamt zusammen? Wichtigste Quelle war laut Statistischem Landesamt auch 2024 die Gewerbesteuer mit einem Anteil von fast 45 Prozent am Gesamtvolumen. Die um die Gewerbesteuerumlage bereinigten kommunalen Einnahmen stiegen gegenüber dem Jahr 2023 um annähernd 237 Millionen Euro auf knapp 2,8 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 9,3 Prozent. Ebenfalls zu den sogenannten Realsteuern gehören die Grundsteuer A und B. Deren Einnahmen wuchsen über alle rheinland-pfälzischen Kommunen hinweg gegenüber dem Jahr 2023 um rund 27 Millionen Euro auf über 760 Millionen Euro – ein Anstieg von 3,6 Prozent.
61,7 Prozent der Gemeinden mit Überschuss
2024 wiesen von allen 2418 kreisangehörigen Kommunen (Ortsgemeinden, verbandsfreie kreisangehörige Gemeinden und Verbandsgemeinden) 61,7 Prozent und somit nur unwesentlich weniger als im Vorjahr (62,3 Prozent) einen Überschuss auf. Während sich über alle Gemeinden hinweg ein Positivsaldo von 150 Millionen Euro (2023: 121 Millionen Euro) errechnete, vergrößerte sich der Fehlbetrag auf Verbandsgemeindeebene gegenüber 2023 von minus 9,5 Millionen Euro auf minus 22,7 Millionen Euro. kra