Wir haben das DIVI-Intensivregister analysiert und heimische Krankenhäuser befragt. Bei Zahlen und Daten kommt es aus Definitionsgründen und wegen des unterschiedlichen Zeitpunkts der Abfrage zu kleinen Abweichungen. Laut DIVI-Intensivregister für den Westerwaldkreis sind aktuell nur noch sechs von 30 Intensivbetten frei (Stand Freitag, 9.19 Uhr). Dabei befinden sich aktuell acht Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, sechs von ihnen müssen beatmet werden. Das heißt: Acht von 24 beanspruchten Intensivbetten in Westerwälder Kliniken sind mit Corona-Patienten belegt. Damit liegt der Westerwaldkreis leicht unter dem Landesschnitt. Hier liegt die Anzahl der freien Betten an der Gesamtzahl der freien Intensivbetten aktuell bei 20,7 Prozent: 224 von insgesamt 1082 Intensivbetten sind frei. Von den 858 belegten Betten werden 167 von Coronapatienten beansprucht; 83 von ihnen werden beatmet.
Und so sieht es in den Nachbarkreisen aus: Besonders angespannt ist die Lage im Rhein-Lahn-Kreis: Hier sind laut DIVI-Intensivregister nur noch vier von 31 Intensivbetten frei (12,9 Prozent). Sieben Coronapatienten werden intensivmedizinisch betreut. Kritisch ist die Situation auch im Kreis Limburg-Weilburg mit einer freien Intensivkapazität von nurmehr 5,6 Prozent. In der Stadt Koblenz sind aktuell noch 15 von 96 Intensivbetten frei (15,6 Prozent. Im Kreis Neuwied sind noch 16 von 54 Intensivbetten frei (29,63 Prozent).
Die Auslastung der Intensivbetten hat am DRK-Krankenhaus Altenkirchen-Hachenburg deutlich zugenommen, berichtet der Kaufmännische Direktor, Jürgen Ecker „Wir haben an beiden Standorten jeweils sechs Intensivbetten zur Verfügung.“ Ein bis zwei Betten seien jeweils noch frei. In den vergangenen Tagen sind an beiden Standorten mindestens die Hälfte der zur Verfügung stehenden Betten mit Covid-Patienten belegt gewesen, ergänzt Ecker. Alle sieben Covid-Patienten, die im DRK-Klinikum auf der Intensivstation liegen, werden beatmet. „Grundsätzlich wollen wir weiterhin alle Patienten aufnehmen und behandeln“, so Ecker. Jedoch würden geplante Operationen, bei denen im Anschluss eine Intensivpflicht angezeigt ist, derzeit zurückgestellt.
Durchschnittlich bleiben die Covid-Patienten drei bis vier Wochen auf der Intensivstation. Ihr Durchschnittsalter beträgt laut Ecker derzeit etwa 60 Jahre.
Das Dernbacher Herz-Jesu-Krankenhaus verfügt regulär über zehn Plätze zur intensivmedizinischen Behandlung von Patienten, die mit zur Behandlung von Covid-19-Patienten geeigneten Beatmungsgeräten ausgestattet sind, informiert die Sprecherin der Dernbacher Gruppe Katharina Kasper, Ingrid Ewen. Am Donnerstag waren hier drei Intensivbetten mit beatmungspflichtigen Covid-19-Patienten belegt. Etwa zwei Drittel der in Dernbach intensivmedizinisch behandelten Patienten seien an der britischen Mutation des Virus erkrankt, so Ewen. Dabei seien die Krankheitsverläufe bei diesen, auch jüngeren, Patienten schwerwiegender und langwieriger. „Gemäß der aktuellen Aufforderung des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministeriums an die Kliniken im Land sowie der 18. Corona-Bekämpfungsverordnung werden 20 Prozent der Intensivkapazitäten für die Behandlung und Versorgung von Covid-19-Patienten vorgehalten“, erklärt die Kliniksprecherin. Aufgrund der bereits während der ersten und zweiten Welle vorgenommenen Anpassungen könnten diese Kapazitäten beispielsweise durch Verlegung stabiler Patienten oder Umwidmung verschiedener Bereiche zu Isolierbereichen binnen 72 Stunden weiter gesteigert werden, um zusätzliche Covid-19-Patienten aufzunehmen und zu behandeln, bekräftigt sie.
„Wir behandeln nach wie vor Covid-Patienten – insgesamt aber in geringerem Maße, als die aktuelle dritte Welle signalisiert“, antwortet Guido Wernert auf Anfrage. „Wir verzeichnen eine Zunahme der Covid-infizierten Patienten – nur zahlenmäßig auf geringerem Niveau“, ergänzt der Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Dierdorf-Selters (KHDS): „So kann im Vergleich zu Ballungszentren bei uns nicht von Dramatik gesprochen werden.“
Das KHDS verfügt über acht Intensivbetten und ebenso viele Beatmungsgeräte am Selterser Standort, berichtet Wernert. Dort werden in dem Krankenhausverbund die Covid-Patienten konzentriert. „Da Intensivbetten auch Fachärzte und -pflege zur Betreuung benötigen, ist eine Konzentration sinnvoll“, erklärt Wernert. Derzeit liege die Auslastung der Intensivbetten bei circa 85 Prozent, teilt der Geschäftsführer weiter mit. Dabei nehmen Corona-Patienten rund 40 Prozent der Intensivbetten ein – allerdings „mit steigender Tendenz“.
In den vergangenen Wochen sei die Anzahl der stationär aufgenommenen Covid-Patienten gestiegen. Da die Zahl von acht Betten für ihre Behandlung „weiterhin auskömmlich“ sei, wie Wernert mitteilt, habe man sie beibehalten. Allerdings könne man aufgrund von zusätzlich gewährten Intensivausstattungen bei Bedarf um zwei Betten aufstocken – dies sei jedoch derzeit nicht notwendig. „Wenn die Pandemie sich so massiv weiter ausdehnt, werden wir unsere Versorgungskapazitäten erweitern“, fügt er hinzu. Aktuell sei das Durchschnittsalter der Corona-Intensivpatienten deutlich gesunken. „Das kann auch eine Entwicklung des Impffortschritts in den höchsten Altersgruppen sein“, erläutert Wernert: „Derzeit sind nahezu alle unsere Patienten an einer Virus-Mutation erkrankt.“
Im Katholischen Klinikum in Montabaur gebe es im sogenannten „High Care Bereich“ zurzeit sechs Intensivbetten, die zwischen 20 und 50 Prozent belegt sind, erklärt Christian Caspari, Intensivmediziner und Ärztlicher Leiter Notarztstandort Montabaur. „Aktuell befinden wir uns in einer hoch dynamischen Lage. In den ersten beiden Wellen mussten zehn Prozent der Infizierten stationär in einem Krankenhaus behandelt werden, davon rund 20 Prozent auf einer Intensivstation. Bei 100 Neuinfizierten ist von zehn stationären Patienten auszugehen, zwei von ihnen auf der Intensivstation. Anhand der bekannten Infektionsraten im Einzugsbereich und der Tatsache, dass Covid-Behandlungen auf der Intensivstation teilweise mehrere Wochen bis hin zu Monaten dauern, muss von einer drohenden Überlastung ausgegangen werden“, erklärt der Intensivmediziner weiter. In der aktuellen Welle verschiebe sich das Alter der vom Coronavirus Betroffenen hin zu jüngeren Patienten. Abhängig von der Krankheitsschwere, mit invasiver Beatmung liegen die Covid-Patienten in der Regel deutlich länger als 14 Tage auf der Intensivstation. In Abhängigkeit zur Corona-Lage existiere ein Organisationskonzept, das unter anderem die Erweiterung der Intensivkapazitäten ermöglicht.
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