Revue in der Töpferstadt
Diven nehmen Männerwelt aufs Korn
Für die Travestie-Künstler war das Publikum immer wieder das Objekt ihrer frivolen Begierde.
Hans-Peter Metternich

„Alles nur Theater“ – doch die Travestieshow in der Stadthalle von Ransbach-Baumbach bereitete dem Publikum größtes Vergnügen.

Der Bühnenvorhang öffnet sich, in der Kulisse erscheint Savira und singt aus vollem Brustton (wo der Brustton durchaus doppelte Bedeutung hat) „Theater, Theater, der Vorhang geht auf, dann wird die Bühne zur Welt“. Die Welt der Bühne lag am Samstagabend in der Stadthalle von Ransbach-Baumbach, wo Savira Brown (alias Dominik Haase) auf Einladung des Kulturkreises der Töpferstadt mit der Varieté-Show „Fantasie der Travestie“ zwei Stunden lang vom Leder zog. Und das Lied von Katja Ebstein brachte gleich zu Anfang die Revue auf den Punkt: „Alles ist nur Theater und ist doch auch Wirklichkeit“.

Das Enfant terrible der Revue -Trude Bunker als Hella-von-Sinnen-Verschnitt
Hans-Peter Metternich

Für das „Theater“ waren an diesem Abend Savira Brown zuständig – der Chef oder die Chefin der Truppe, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man die Tante, die ein Onkel ist, betrachtet –, Adriano, der kleine Italiener mit den flotten Fingern und Hüften, Trude Bunker, der Hella-von-Sinnen-Verschnitt, und Cordelia Sparks, eine Mixtur aus Live-Gesang und Comedy. Die Wirklichkeit spiegelte sich dabei in überbordenden Definitionen, nicht selten jenseits der Gürtel- oder Taillen-Linien der Travestie-Darsteller, wider. Eine Wirklichkeit, so recht nach dem Geschmack der gut zehn Dutzend Zuschauer in dem „überbestuhlten“ großen Saal, wie es Savira wegen des überschaubaren, sich indes köstlich amüsierenden Publikums elegant umschrieb.

Zentnerweise farbenfrohe Garderobe

Wer eine bunte Travestie-Revue besucht, die farbenfrohe Garderobe wurde gefühlt zentnerweise gewechselt, der weiß, was ihn erwartet: Schillernde Charaktere, bunte Kostüme, die das „Bunte“ der Show nachhaltig unterstreichen, locker-flockige Sprüche und viel Klamauk. Da werden mit losem Mundwerk nicht nur alltägliche Probleme unter die Lupe genommen, sondern auch das Publikum, ohne das so eine Show nur halb so viel hermacht. In Ransbach-Baumbach nahm besonders Savira, mit 25 Jahren gehört sie – oder er – zu den jüngsten Travestie-Künstlern Deutschlands, die Männerwelt aufs Korn. Fühlt sie – oder er – sich doch zu den Mannsbildern im Saal magisch hingezogen. Auch für Trude Bunker, die auch mal als Fusel-Suse durch das Publikum torkelte, waren die Männer begehrenswerte Objekte ihrer lüsternen Begierde.

Neben viel Gesang, dem besonders Cordelia ihre Bühnenpräsenz widmete, waren die flotten Sprüche und pikanten Witze das Salz in der Suppe der Travestie-Revue.
Hans-Peter Metternich

Neben viel Gesang, dem besonders Cordelia Sparks ihre Bühnenpräsenz widmete, mal Semi-Playback, mal Playback, waren die flotten Sprüche und pikanten Witze – was heißt hier pikant, die waren nicht selten sauscharf – das Salz in der Suppe der Travestie-Revue. Nicht alles landete spontan einen Lacher. Cordelia nannte so etwas einen „Wanderwitz“. Es dauert halt manchmal, bis der in der letzten Reihe ankommt. Ganz ohne Witz kam da Adriano daher. Mit Charme, Eleganz und atemberaubendem Tempo zog der junge Italiener das Publikum innerhalb von Sekunden in seinen Bann. Er präsentierte eine sprühende Laser- und eine Hula-Hoop-Show mit spielerischer Leichtigkeit auf eine Art, wie sie kaum anderswo zu erleben ist.

„Ohne das Publikum ist unsere Show nur halb so amüsant.“
Savira Brown, Chef(in) der Travestieshow

Wie schon gesagt, das Publikum war ein unverzichtbarer Teil der Show. Wie sagte doch Cordelia: „In der ersten Reihe zu sitzen ist nicht immer das Beste. Das kann schon mal richtig Scheiße sein, denn uns kommt keiner aus.“ Die verbalen Angriffe auf den einen oder die andere im Saal zum Amüsement des „verschonten“ Publikums waren nicht selten hammerhart: Wer da hingeht, muss da halt durch. Savira meinte eingangs im Gespräch mit unserer Zeitung:„Ohne das Publikum ist unsere Show nur halb so amüsant, und wir nehmen uns auf der Bühne ja auch immer wieder selbst auf die Schippe.“

Mit Charme Eleganz und atemberaubendem Tempo zog der junge Italiener Adriano das Publikum innerhalb von Sekunden in seinen Bann. Er präsentierte eine sprühende Laser- und eine Hula-Hoop-Show mit spielertischer Leichtigkeit auf eine Art, wie sie kaum anderswo zu erleben ist.
Hans-Peter Metternich

Die bunte Travestie-Revue kam in Ransbach-Baumbach am Samstagabend trivial und zugleich hochprofessionell – dafür stand besonders Adriano – daher. „Derartige Shows muss man mögen, und ich habe sie genossen“, meinte am Ende ein sichtlich zufriedener Zuschauer. Die Begeisterung des Publikums hat bewiesen, im Auditorium saßen ausschließlich Zeitgenossen, denen die „Fantasie der Travestie“ von Savira Brown prächtig gefallen hat.

Savira (links) und Cordelia, zwei schillernde Akteurinnen der zweistündigen Revue in der guten Stube der Töpferstadt
Hans-Peter Metternich

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