Mehr als eine Sommerlochdebatte: Soll die AfD verboten werden? Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag ein klares Votum in diese Richtung abgegeben. Wie stehen die Parteien im Westerwaldkreis zu einem solchen Verfahren? Die Meinungen gehen auseinander, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt.
Das sagt die CDU: Die Kreisvorsitzende Jenny Groß äußert Skepsis: „Die AfD steht nicht auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ein Parteiverbot ist ein extrem scharfes Schwert unseres Rechtsstaates und an hohe verfassungsrechtliche Hürden geknüpft. Es darf nicht aus parteipolitischem Motiven angestrebt werden“, argumentiert sie. Es sei das Monopol des Bundesverfassungsgerichts, über ein solches Verbot zu entscheiden, auf Basis von entsprechend belastbarem Material. Bis es aber dazu komme, gelte es mit aller Kraft, den Sorgen der Menschen mit politisch nachvollziehbaren Antworten zu entgegnen und die AfD mit lösungsorientierter demokratischer Politik zu bekämpfen, ist die Landtagsabgeordnete überzeugt. „Ich vertraue unserem Rechtsstaat, dass dieser hier eine gute Entscheidung im Sinne der Demokratie trifft. Es muss klar sein, wenn ein Verfahren angestrebt ist, dass es juristisch erfolgversprechend ist und politisch klug begleitet wird“, so die Christdemokratin.
„Ein Parteiverbot ist ein extrem scharfes Schwert unseres Rechtsstaates und an hohe verfassungsrechtliche Hürden geknüpft. Es darf nicht aus parteipolitischem Motiven angestrebt werden.“
CDU-Kreischefin Jenny Groß übt Zurückhaltung in puncto AfD-Verbotsverfahren.
Das sagt die SPD: Hendrik Hering, Chef der Genossen im Westerwaldkreis, begrüßt den Beschluss der Bundes-SPD, jetzt in einem geordneten Verfahren darauf hinzuwirken, dass die antragsberechtigten Verfassungsorgane die Voraussetzungen schaffen, um einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD stellen zu können. „Wenn ausreichendes Material hierzu vorliegt, muss aus meiner Sicht zwingend eine entsprechende Antragsstellung beim Bundesverfassungsgericht erfolgen“, so der Präsident des Mainzer Landtags. Für ihn ist die Frage nach einem möglichen Parteiverbotsverfahren eng geknüpft an die Einschätzung, ob die entsprechende Partei die freiheitlich demokratische Grundordnung überwinden will und somit in ihrem Kern antidemokratisch ist. „Die Entscheidung, ob eine Partei verboten werden muss, ist daher eine rechtliche und keine politische. Bei dem möglichen Verbot einer Partei geht es nicht um deren unliebsame politische Meinung, es geht allein um deren Gefährdungspotenzial gegenüber der Demokratie als solche“, so Hering.
Das sagt die FWG: Kreisvorsitzender Andreas Strüder möchte sich in der Frage aus formalen Gründen nicht festlegen. „Entsprechend ihrem Satzungszweck nimmt die Freie Wählergruppe Westerwald mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Kommunalebene (Ortsgemeinde, Städte, Verbandsgemeinden und Landkreis) teil, um dort an der politischen Willensbildung mitzuwirken“, betont er. Man sei keine Partei und engagiere sich daher nicht auf Bundes- und Landesebene. „Die Frage, ob die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens betrieben werden soll, muss von den politischen Parteien auf höherer Ebene, also außerhalb des kommunalpolitischen Bereichs und damit auch außerhalb unseres Aufgabenspektrums erörtert und entschieden werden“, betont Strüder.
„Die Entscheidung, ob eine Partei verboten werden muss, ist eine rechtliche und keine politische.“
Der SPD-Kreisvorsitzende Hendrik Hering beleuchtet die juristische Seite.
Das sagen Bündnis 90/Die Grünen: Die beiden Kreisvorsitzenden Emily Holighaus und André Butscheike begrüßen den Vorstoß der SPD, ein Verbotsverfahren einzuleiten. „Die AfD ist eine gesichert rechtsextreme Partei, die die Menschenwürde untergräbt und eine rassistische Volksauffassung vertritt. Ihre Verharmlosung des Nationalsozialismus findet längst öffentlich in Parlamenten und kommunalen Räten statt. Hierfür gibt es auch in der Westerwälder Kommunalpolitik mehrere Beispiele“, argumentiert das Duo. Die Demokratie müsse sich wehrhaft gegenüber ihren Feinden zeigen, heißt es weiter. „Ein Verbot entscheidet das Bundesverfassungsgericht – der Bundestag muss das Verfahren dorthin aber zunächst ermöglichen. Wir dulden keine rechtsextreme Ideologie – weder hier im Westerwald noch anderswo“, so Butscheike und Holighaus.
Das sagt die FDP: Eine entgegengesetzte Position vertritt Jana Gräf: „Ein AfD-Verbot löst keine Ursachen. Ich lehne ein Verbot ebenso ab wie jede Form der Zusammenarbeit mit dieser Partei“, so die Kreisvorsitzende der Liberalen. Wer demokratiefeindlichen Extremismus bekämpfen wolle, müsse ihn entlarven, nicht verbieten oder tabuisieren. „Unsere wehrhafte Demokratie lebt von klarer Haltung, nicht von Symbolpolitik. Meinungsfreiheit endet da, wo die Würde anderer verletzt wird, und sie gilt gerade auch für den politischen Widerspruch“, so Gräf. Für sie gewinnt man Vertrauen nicht durch Verbote zurück, sondern durch glaubwürdige Lösungen. „Anstatt die AfD zu verbieten, sollten wir alle dafür sorgen, dass sie überflüssig wird“, so die FDP-Politikerin abschließend.

SPD treibt Arbeit an AfD-Verbotsverfahren voran
Dutzende Redner, doch kein Streit: In ihrer Haltung zu einem möglichen AfD-Verbot ist die SPD klar. Nicht alle sind jedoch gleich offensiv.
Das sagen die Linken: Kreisvorsitzender Lorenzo Catania sieht das anders: „Wir begrüßen den Vorstoß der SPD ausdrücklich. Ein AfD-Verbotsverfahren ist aus unserer Sicht überfällig – zum Schutze unserer Demokratie“, sagt er. Die AfD stehe längst nicht mehr nur am Rand des Sagbaren, sondern verschiebe systematisch den gesellschaftlichen Diskurs und überschreite dabei klar die Grenzen der Verfassung. „Wer rechtsextremes, menschenfeindliches Gedankengut in Parlamente trägt, darf nicht länger durch staatliche Mittel mitfinanziert werden. Es ist Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten, hier konsequent zu handeln“, wird er deutlich.