Akzeptanz im Westerwald fehlt
Deshalb kommt das Aus für den Wäller Markt
Ende März wird die Zentrale der Genossenschaft Wäller Markt in Stockum-Püschen schließen. Auch die eigenen Lieferfahrzeuge werden dann wieder aus dem Straßenbild des Westerwaldes verschwinden.
Röder-Moldenhauer

Für die regionale Online-Plattform Wäller Markt ist definitiv zum 1. April Schluss. Die Generalversammlung hat einstimmig die Auflösung der Genossenschaft beschlossen, nachdem der Vorstand stichhaltige Gründe gegen ein Weitermachen genannt hatte.

Das ist kein Aprilscherz: Vom 1. April an stellt die Genossenschaft Wäller Markt ihren Betrieb ein. Das wurde von der Generalversammlung einstimmig beschlossen. Doch warum gibt das Team rund um die ehrenamtlichen Vorstände Andreas Giehl und Wendelin Abresch auf?

Das wurde bei der Versammlung von den Vorständen und vom Aufsichtsratsvorsitzenden Samy Luckenbach mehr als deutlich gemacht: Es fehlte in den drei Landkreisen Westerwald, Altenkirchen und Neuwied an breiter Zustimmung zum Projekt. Und das auf allen Ebenen: bei den Anbietern wie bei den Kunden, aber auch bei der regionalen Politik.

Sie waren und sind noch die Köpfe und vor allem Motoren hinter dem Wäller Markt: die beiden Vorstandsmitglieder Wendelin Abresch (links) und Andreas Giehl. Ihre Kapazitätsgrenzen in der Führung der Genossenschaft im Ehrenamt sind nach eigenem Bekunden bereits überschritten.
Tim Moldenhauer. Fotostudio Röder-Moldenhauer

„Der Wäller Markt hat geliefert, die Region Westerwald in ihrer Gesamtheit leider nicht“, fasste es ein äußerst trauriger Andreas Giehl in seinem Schlusswort zusammen, nachdem er die aktuellen Geschäftsergebnisse den Genossenschaftsmitgliedern präsentiert hatte. Und zwar nicht nur denen, denn auch Gäste waren bei der Versammlung zugelassen worden. „Wir haben immer auf große Transparenz gesetzt“, sagte Wendelin Abresch.

Sie machten dann auch die Daten transparent, die den Vorstand und den Aufsichtsrat dazu bewogen hatten, den Mitgliedern die Auflösung der Genossenschaft vorzuschlagen. So seien zwar die Erlöse und der Umsatz der Online-Plattform im Vergleich von 2023 mit 2024 um rund 47 beziehungsweise 43 Prozent gesteigert worden. „Gerechnet hatten wir aber mit jeweils einen Plus von 100 Prozent“, machte Abresch deutlich.

„Wir konnten für unser Bündnisprojekt in der Region kein flächendeckendes Feuer entfachen.“
Vorstand Andreas Giehl

Dazu kam in der jüngsten Zeit ein Absinken der Umsätze, nachdem sie in den beiden ersten Quartalen 2024 noch stark angestiegen waren: Im dritten und vierten Quartal fielen sie sogar unter die Werte der betreffenden Quartale 2023. Dazu kam gerade im vierten Quartal, dass auch der Anteil der überregionalen Kunden, die pro Bestellung den größten Umsatz brachten, stark zurückging.

Und in der Region konnte das Bündnisprojekt „kein flächendeckendes Feuer entfachen“, wie Giehl bedauerte. 2024 kamen im Schnitt nur rund 46 Prozent der Kunden aus der Region, aber 47 Prozent aus ganz Deutschland. Der Rest verteilte sich auf Selbstabholung und Gutscheine. „Und die regionalen Kunden bestellten nicht nur zu 99 Prozent nur Lebensmittel, sondern der Umsatz erreichte im Schnitt auch nur 30 Euro pro Bestellung“, berichtete Abresch. Die überregionalen Kunden bestellten zu 99 Prozent Nicht-Lebensmittel und erreichten dabei normalerweise Umsätze von mehr als 30 Euro pro Bestellung.

Die Infrastruktur war auf eine schnelle und direkte Auslieferung mit eigenen Lieferfahrzeugen und Personal in der Region ausgelegt.
Röder-Moldenhauer

Aber Andreas Giehl und Wendelin Abresch präsentierten nicht nur die wesentlichen Kennzahlen zur Geschäftsentwicklung seit dem Start 2022, sondern prognostizierten auch für das laufende Jahr und 2026 keine Kennzahlen, mit denen man eine Weiterführung hätte verantworten können. Auf der Anbieterseite sei man ebenfalls zu wenig durchgedrungen.

Auch vor dem Hintergrund, dass der Förderzeitraum der laufenden Leader-Förderung Ende Juni mit der Folge ende, dass von Juli dieses Jahres an keine EU-Fördermittel mehr abgerufen werden könnten. Aufgrund geringerer Gesamtkosten und einer ohnehin nur prozentualen Förderung werden von der ursprünglich zugesagten Fördersumme von knapp 1 Million Euro mehr als 300.000 Euro nicht mehr abgerufen werden, bedauerten die beiden Vorstände.

Die Genossenschaft und ihre Mitarbeiter hatten den Anspruch, die verlängerte Ladentheke für die heimischen Gewerbetreibenden und Erzeuger zu sein.
Röder-Moldenhauer

Sie dankten den Genossenschaftsmitgliedern, den Marktpartnern, den Sponsoren, den Kooperationspartnern und schließlich auch den Kunden für ihre große Unterstützung. Ein besonderer Dank ging an die Firma Westerwälder Holzpellets der Familie Mann, die ein kapitalersetzendes Rangrücktritts-Darlehen gewährt und zwischenzeitlich sogar auf eine Rückzahlung verzichtet hatte.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Samy Luckenbach lobte insbesondere die 13 Verbandsgemeinden sowie die Städte Daaden und Hachenburg, die den Wäller Markt bezuschusst hatten. Er konnte aber seine Enttäuschung darüber nicht verhehlen, dass die restlichen zehn sowie die drei Kreise keine Unterstützung leisteten.

Den unermüdlich tätigen Mitarbeitern des Wäller Marktes war der Dank der Genossenschaftsmitglieder sicher.
Röder-Moldenhauer

Auch die Teilnehmer an der Generalversammlung waren offenbar überzeugt, dass es für den Wäller Markt keine Zukunft gibt. In einer nur kurzen Aussprache dankten Mitglieder dem Vorstand und den Mitarbeitern für ihren unermüdlichen Einsatz beim Aufbau und dem Betrieb des Bündnisprojekts. Die Werbegemeinschaft „Treffpunkt Wissen“ überreichte sogar einen reich gefüllten Präsentkorb an das Wäller-Markt-Team.

Mit der Genossenschaft Wäller Markt ist in der Region von Friedrich Wilhelm Raiffeisen jetzt Schluss. Aber vielleicht bleibt er aber in anderer Form bestehen: Der bisherige Software-Partner hat jedoch eine Fortführung des Online-Marktplatzes in Aussicht gestellt, kündigte Wendelin Abresch an.

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