SPD und CDU äußern sich
Das sagen Westerwälder Politiker zu Merz’ Stolperstart
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen.
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Überraschend und unverständlich, aber nicht das Ende der Welt - so wird der zweite Wahlgang für Friedrich Merz auch im Westerwald kommentiert. Heimische Vertreter von CDU und SPD sind dabei gar nicht unterschiedlicher Meinung.

Einen „Stolperstart“ hat Friedrich Merz (CDU) als Kanzler hingelegt. Auch im Westerwald ist die Wahl im zweiten Anlauf weiterhin großes Thema. Wir haben bei Vertretern von CDU und SPD nachgefragt, wie Sie die Geschehnisse vom Dienstag bewerten.

Harald Orthey, der bei der zurückliegenden Wahl das Direktmandat für die CDU im Wahlkreis Montabaur gewann, bezeichnet seine erste Kanzlerwahl als einen „bedeutungsvollen Moment“ – nicht nur als Abgeordneter, sondern als jemand, der diesen Koalitionsvertrag mit voller Überzeugung unterstützt“. Die Bezeichnung „Stolperstart“ greift ihm dabei zu kurz. Ja, der erste Wahlgang sei knapp gewesen – aber genau das sei Demokratie: offen, ehrlich, mit Diskussionen auch innerhalb der Fraktionen. „Entscheidend ist, dass die Regierung steht und arbeitsfähig ist. Ich sehe darin keinen Makel, sondern ein Zeichen politischer Reife.“

Harald Orthey, CDU-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Montabaur.
Markus Eschenauer

Abweichungen wie beim ersten Wahlgang zeigten, dass manche in der Koalition unzufrieden oder skeptisch sind. Aber: Im zweiten Wahlgang stand die Mehrheit. Er sei erleichtert, „dass sich die Abweichler ihres Handelns und der Tragweite der Konsequenzen bewusst geworden sind“.

Was muss jetzt geschehen? Darauf antwortet Orthey deutlich: Jetzt zähle nur eins: arbeiten. „Wir müssen liefern – beim Bürokratieabbau, bei der Entlastung der Mitte und den kleinen- und mittelständischen Unternehmen.“

Tanja Machalet, Bundestagsabgeordnete der SPD.
Stella von Saldern

„Deutlich anstrengender als gedacht“, so hat Tanja Machalet die Wahl erlebt. Das Ergebnis des ersten Wahlgangs habe die SPD-Bundestagsabgeordnete, überrascht und enttäuscht. Es habe falsche Signale in die Öffentlichkeit gesendet – besonders auch zu Freunden und Verbündeten im Ausland. Die SPD-Bundestagsfraktion stehe geschlossen hinter dem Koalitionsvertrag und damit auch hinter dem Bundeskanzler Friedrich Merz. Über Gründe möchte Machalet nicht spekulieren. „Fakt ist, dass allen, die die Unterstützung im ersten Wahlgang versagt haben, bewusst sein muss, wer schlussendlich davon profitiert und wer verliert.“

Trotzdem können die neue Bundesregierung jetzt starten. Das sei das wichtige Ergebnis des gestrigen Tages. „Die Menschen im Land erwarten von uns, dass wir Probleme lösen und das auf den Weg bringen, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist.“

Jenny Groß, Kreisverbandsvorsitzende der CDU und Landtagsabgeordnete.
Jenny Groß

„Die Wahl des Kanzlers steht am Ende der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages und bildet den Auftakt für eine neue, handlungsfähige und starke Regierung, die es dringend benötigt, national wie international“, sagt Jenny Groß, Vorsitzende der CDU im Westerwaldkreis. Warum dann einzelne Friedrich Merz im ersten Wahlgang nicht ihre Stimme gegeben haben, entziehe sich ihrer Kenntnis, so die Kreisvorsitzende und betont: „CDU/CSU wie SPD müssen ihre Arbeit aufnehmen und die Probleme und Herausforderungen mit Lösungen entgegnen.“ Die Wahl des Kanzlers sei die wichtigste Wahl des Deutschen Bundestages. „Es geht darum, wie geht es mit Deutschland weiter. Ich stehe zu Friedrich Merz und seiner Regierung.“

Hendrik Herings erster Gedanke sei gewesen: „Das hätte nicht passieren dürfen. Wenn man einen Wählerauftrag hat und die beteiligten Parteien den Koalitionsvertrag genehmigen – bei der SPD sogar mit einem eindeutigen Votum der Mitglieder –, dann haben alle Beteiligten die Verpflichtung, den nächsten Schritt zu gehen. Und das ist nun einmal die Kanzlerwahl“, so der SPD-Kreisvorsitzende auf Anfrage unserer Zeitung.

Hendrik Hering, SPD-Kreisvorsitzender und rheinland-pfälzischer Landtagspräsident.
Röder-Moldenhauer

Die Abgeordneten, die sich im ersten Wahlgang verweigert haben, hätten, so Hering, mit Sicherheit persönliche Gründe gehabt – etwa, weil ihnen der Kandidat nicht passte, sie sich ein Amt erhofft hatten, das sie nun nicht bekommen, oder weil sie ein Amt verloren haben, das sie gerne weiter ausgeübt hätten. „Diese Abgeordneten sollten sich jedoch auch fragen, ob sie mit einem solchen Verhalten geeignet sind, unser Land zu vertreten“, wird der SPD-Kreisvorsitzende deutlich.

Hering gibt sich sicher, dass ein zweiter Wahlgang bei der Kanzlerwahl das Land zwar nicht in eine Staatskrise stürze, aber Bundesregierung und Parlament nun den Koalitionsvertrag umsetzen müssen. „Sie müssen für unsere äußere und innere Sicherheit sorgen, unsere Infrastruktur modernisieren und durch entschlossenes Regierungshandeln das Vertrauen der Menschen in einen funktionierenden Staat zurückgewinnen – einen Staat, der niemanden zurücklässt, harte Arbeit belohnt, den Lebensabend absichert und für eine gute Zukunft sorgt. Dann werden auch diejenigen, die Chaos und Unruhe säen wollen, mit ihren hetzerischen Parolen keinen Nährboden mehr finden. Ihre menschenverachtende Ideologie wird keine Resonanz mehr erhalten.“

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