Januar–Februar
Ja, ja, dieser Westerwald. Wenn man skurrile Dorfcharaktere sucht, muss man natürlich in den Westerwald schauen, dachten sich wohl die Macher des Kinofilms „Was man von hier aus sehen kann“ (oder besser die Schreiberin der Romanvorlage). Da fragt man sich aber schon, warum der Film mit hochrangigen Schauspielern besetzt wurde? Man hätte doch die Wäller sich selbst spielen lassen können. Aber der Film ist noch gar nicht so richtig angelaufen, da klingeln in Gackenbach und Bad Marienberg schon die Tierpark-Kassen. Während man sich im kalten Hohen Westerwald mit einem verkleideten Lama behilft, wurde im Unterwesterwald gleich ein überzähliges Okapi aus dem Frankfurter Zoo übernommen. Immerhin spielt dieses Tier im Film sozusagen eine Hauptrolle.
März–April
Was ist denn jetzt passiert? Alle Botschafter des Westerwaldes und Landrat Achim Schwickert haben Post aus den USA bekommen. An den Landrat als Kreisoberhaupt schreibt natürlich sogar Joe Biden als Kollege höchst persönlich. Die Briefe enthalten Einladungen zur Oskar-Preisverleihung Mitte März in Los Angeles. Der Westerwaldfilm mit Corinna Harfouch ist in fast allen Sparten für einen Oscar nominiert.
Reiner Meutsch sagt sofort zu, die Wäller Delegation mit der Fly-and-Help-Maschine über den großen Teich zu bringen und soll auch moderieren. Klar ist von vornherein, dass Schriftstellerin Annegret Held die Laudatio halten und Johannes Kalpers natürlich das Westerwaldlied singen darf. Nur Fußballer Roman Weidenfeller darf nicht auf die Bühne. Er wird nahe der Jury eingesetzt, um dem einen oder anderen gegen das Schienbein zu treten, wenn die Bewertung für den Westerwaldfilm nicht gut genug ausfällt. Doch Achim Schwickert ist optimistisch: „Der Felm päckt dott schonn.“
Mai–Juni
Langsam werden die Pläne bekannt, mit denen die Gemeinden die Dorfkirchen erhalten wollen, die überflüssig geworden sind: Den radikalsten, aber vermutlich einträglichsten Schnitt plant ein Ort, der nicht genannt werden will: Er will die alte Kirche für Schwarze Messen vermieten. Und in Reckenthal wird die ehemalige Kirche Eventhalle für die benachbarte Wanderreiter-Akademie. Und da Dreikirchen eine Kirche los wird, wird das Dorf wieder in Pütschbach und Oberhausen geteilt.
Juli–August
Der Westerwald hat seine erste komplett autofreie Zone, die aber nebenbei auch die Redaktionsmitglieder verstärkt aufs Fahrrad bringt: Aus dem ganzen südlichen Ortsteil von Dernbach rund um den Burgweg wurde der Kraftfahrzeugverkehr verbannt. Die Elterntaxis zum und vom Raiffeisen-Campus hatte immer mehr zugenommen, der Protest der Anwohner aber auch. Mehrmals musste das Wirgeser Ordnungsamt starke Polizeikräfte alarmieren, um insbesondere am Nachmittag der Lage Herr zu werden. Bis zu den Herbstferien will man schauen, wie sich die Lage dort entwickelt.
September–Oktober
Manchmal wird sogar der Blick in die Glaskugel wahr – oder wenigstens teilweise: Hatte ich doch noch Silvester 2021 spekuliert, dass Uli Schmidt seinen großen Einsatz für mehr Radwege im Westerwald unverändert fortsetzt und 2022 zum „Jahr des Fahrrads“ erklärt. Da lag ich gar nicht so weit von der Realität entfernt: Dem ersten erfolgreichen Wäller Fahrradkongress im Herbst 2021 folgte jetzt der noch viel erfolgreichere zweite. Vortour-der-Hoffnung-Mitfahrer Hendrik Hering sorgte anschließend dafür, dass das bisher völlig uneffektiv wirkende Radteam beim LBM komplett durch die Wäller Kongressaktionsgruppe ersetzt wird. Erste Maßnahme: begleitende Radwege an allen Bahnstrecken.
November–Dezember
Nach dem großen Erfolg mit den Okapis (nach Akklimatisation gibt es auch eins in Bad Marienberg) und nach dem fast erfolgreichen Auswildern eines Wisents im Sommer 2022 hat man sich entschlossen, in den Tierparks ein Zuchtprogramm aufzulegen. Wenn sich die Wisente ordentlich vermehrt haben, sollen sie herdenweise in die Westerwälder Natur entlassen werden. Bauernverbandschef Matthias Müller und Geschäftsführer Markus Mille konnten zudem Zugochsen-Papst Matthias Höwer dafür gewinnen, mit den Wisenten zu trainieren, um dann beim nächsten Heimatfest ganz ungewöhnliche Gespanne vorzuführen.
Bis zum nächsten Jahr: Allemol!