Äpfel, Birnen und Zwetschgen gehört das Herz von Peter Wagner in Zehnhausen
Das Herz gehört seinen Äpfeln: Wie Sozialpädagoge Peter Wagner in Zehnhausen zum Obstbauern wurde
Peter Wagners Herz schlägt für seine Obstbäume. Dieses Jahr hat ihm der Frost in niedrig gelegenen Lagen Probleme bereitet.
Camilla Härtewig

Zehnhausen b.W. Im Herzen der ländlichen Idylle von Zehnhausen bei Wallmerod liegt der malerische Obsthof von Peter Wagner und seiner Frau Barbara Manderscheid. Das 300 Jahre alte Fachwerk-ensemble mit knorrigen Bäumen, riesigem Garten und frei laufenden Hühnern steht unter Denkmalschutz. 1985 haben die beiden Saarländer die damals etwas heruntergekommene Hofanlage gekauft und über die Jahre hinweg liebevoll saniert.

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Beide kommen eigentlich nicht aus der Landwirtschaft, sondern sind als Sozialpädagogen bis zu ihrer Pensionierung sozialen Berufen nachgegangen. Barbara Manderscheid arbeitete als Sozialarbeiterin an einer Berufsschule, und Peter Wagner war beim Evangelischen Dekanat Runkel in der Jugendarbeit beschäftigt.

Das idyllische Fachwerkensemble in Zehnhausen steht unter Denkmalschutz.
Camilla Härtewig

Als sie aber ihr neues Zuhause im Westerwald sahen, war ihnen klar: Sie wollten neben ihrer fordernden Arbeit auch noch Früchte anbauen. Nur Bio kam für sie infrage. Mit dem Buch „Der Biogarten“ fing alles an. Peter Wagner hat sich literarisch immer weiter fortgebildet und auch einige Kurse besucht. Nach 29 Jahren im Obstbau ist er nun ein Fachmann dafür, welche Bäume für eine optimale Befruchtung nebeneinanderstehen sollten, für Veredlung, für Apfelsorten sowie für Halb- und Hochstämme. Der Obstanbau ist eine Wissenschaft für sich. Heute könnte er rund 300 Speiseäpfel nur durch die Farbe der Schale und anhand von Form, Stiel, Stielgrube und Kelchansatz bestimmen. Schade, dass es „Wetten, dass ...“ nicht mehr gibt.

Tiefes Verständnis für Obstbäume

Nach und nach hat das idealistische Ehepaar immer mehr Flächen rund um das kleine Dorf gepachtet. Auf 1,5 Hektar werden nun Birnen, Zwetschgen, Quitten, Kirschen und vor allem Äpfel gehegt. Auf 200 Obstbäume, darunter 100 Buschbäume und 100 Halb- und Hochstämme, hat Peter Wagner ein Auge. Die Pflege der Obstbäume erfordert eine Menge Geduld und Wissen. Peter Wagner hat über die Jahre ein tiefes Verständnis für seine Bäume entwickelt. Er weiß, welche Sorten besondere Pflege benötigen und welche robust genug sind, um sich gegen die Launen des Wetters zu behaupten.

Der Obstbau Peter Wagner befindet sich in der Hauptstraße 26 in Zehnhausen bei Wallmerod, Kontakt unter Telefon 06435/6141 oder per E-Mail an die Adresse peter.wagner@online.de

Vom zarten Blühen im Frühling bis zur Ernte im Herbst begleitet er seine Bäume durch alle Jahreszeiten. Für Peter Wagner ist dieses Leben auch eine Reminiszenz an seine Kindheit. Weil es in den 1950er- und 1960er-Jahren im Saarland nicht viel gab, bauten schon seine Eltern und Großeltern zur Eigenversorgung Obst und Gemüse an. „Das fand ich ganz toll“, erinnert der 70-Jährige sich.

Der Hof in Zehnhausen ist über die Jahre zu einem Symbol für nachhaltige Landwirtschaft geworden. In der Winterzeit können sich die Eheleute erholen und bei einem Stück Apfelkuchen und einem selbst gemachten Cassis oder Kirschlikör die Früchte ihrer Arbeit genießen. Von Februar bis in den November hinein ist dagegen viel zu tun. Im zeitigen Frühjahr geht die Arbeit draußen wieder los. Dann sind die Tage lang für Peter Wagner. Bewaffnet mit einem Korb und einer Astschere, überprüft er seine Bäume. Er achtet auf Anzeichen von Krankheiten und Schädlingsbefall, schneidet abgestorbene Äste ab und sorgt dafür, dass seine Bäume genug Platz und Luft haben, um gesund zu wachsen.

„An meinen Obstbäumen erkenne ich den Klimawandel.“

Obstbauer Peter Wagner

Ende April hat in diesem Jahr ein später Frost in den niedrig gelegenen Lagen für große Ernteausfälle gesorgt. Die voll ausgebildeten Blüten sind erfroren. Dennoch rechnet Peter Wagner mit einem besseren Apfeljahr als 2023. „An meinen Obstbäumen erkenne ich den Klimawandel. Wir sind nun wärmetechnisch in einer guten Lage für Äpfel. Knapp 300 Meter hoch gelegen, können wir mit etwa 750 Liter Regen im Jahr rechnen. Im Vergleich zu 1976 hat sich die Blüte um drei Wochen nach vorne verlagert. Und es sind neue Schädlinge und Krankheiten aufgetreten.“ Seine Hauptfeinde sind der Schorf und Krebs. In den drei Trockenjahren 2018 bis 2020 musste er sogar erstmals mit Wassertanks in seine Obstplantagen fahren, um die leidenden Bäume zu bewässern. „Neben dem Klimawandel ist auch der Insektenmangel zu einem Problem geworden.“

Die Äpfel entwickeln sich in diesem Jahr prächtig
Camilla Härtewig

Auf seinen Wiesen wachsen alte, fast vergessene Apfelsorten neben modernen Züchtungen. Jede Sorte hat ihren eigenen Charakter und ihre eigenen Vorzüge, sei es der aromatische Geschmack des Boskop oder der leckere Topaz. Peter Wagners Lieblingssorten sind die Goldparmäne und Baumanns Renette. Im Frühjahr wird zwischen den Bäumen gemulcht und gegrubbert, also der Boden gelockert. „So wird die Konkurrenz um Nahrung, Luft und Feuchtigkeit durch das Gras für die Bäume minimiert.“ Später, gegen Ende August, werden dann in jeder Fahrgasse zwei 80 Zentimeter breite Blühstreifen als Gründüngung ausgesät. Als Gründüngung bezeichnet man den Anbau von Pflanzen, die den Boden begrünen und gründlich durchwurzeln.

Der Höhepunkt im Jahr ist die Erntezeit. Diese harte Arbeit beginnt Ende Juli mit den Zwetschgen. Ab Anfang September werden die Äpfel sorgfältig von Hand gepflückt. Peter Wagner achtet darauf, dass die Früchte behutsam behandelt werden, um Druckstellen zu vermeiden, die ihre Haltbarkeit beeinträchtigen könnten. Die besten Früchte werden für den direkten Verkauf ausgewählt, während andere in der Bannmühle in Odernheim zu Most verarbeitet werden. 1800 bis 2400 Flaschen pro Jahr kommen zusammen. Mitte bis Ende Oktober werden die letzten Äpfel geerntet.

Pionier der Nachhaltigkeit

Auch hochprozentige Brände lässt Peter Wagner aus seinen Früchten in guten Erntejahren destillieren.
Camilla Härtewig. cam

Peter Wagner setzt auf Direktvermarktung. Nach Absprache können Endverbraucher Saft, Liköre, Obstbrände oder Früchte bei ihm in der Hauptstraße 26 kaufen. Viele seiner Stammkunden schätzen die hohe Qualität und den unverwechselbaren Geschmack der handgepflückten Früchte. Das übrige Obst wird im Bioladen in Diez und von Marktbeschickern auf den Wochenmärkten in Limburg und Mainz verkauft. Der Saft wird sogar in einer Frankfurter Weinstube ausgeschenkt. Ihm reicht die Mund-zu-Mund-Propaganda, einen Webauftritt hat der Hobbylandwirt nicht.

Das Leben als Obstbauer ist nicht ohne Herausforderungen. Wetterextreme, Schädlinge und Marktunsicherheiten sind ständige Begleiter. Doch Peter Wagner ist optimistisch. Er sieht die steigende Nachfrage nach biologisch erzeugten und regionalen Produkten als Chance und ist bereit, sich den Herausforderungen zu stellen. Er ist ein Pionier der Nachhaltigkeit und ein Beispiel für die enge Verbundenheit zwischen Mensch und Natur.

Sein Hof steht als Symbol für die Bedeutung regionaler Landwirtschaft und die Rolle, die sie in einer nachhaltigen Zukunft spielen kann. Die Leidenschaft, mit der der 70-Jährige seine Arbeit verrichtet, zeigt, dass es möglich ist, im Einklang mit der Natur zu leben und gleichzeitig hochwertige, schmackhafte Produkte zu erzeugen. „Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und diese Arbeit noch bis 75 machen kann. Dann muss ich mir etwas einfallen lassen.“

Was ist Bioland?

Peter Wagner führt seit fast 30 Jahren einen Bioland-Betrieb. Bioland sind knapp 9000 Betriebe aus der Bio-Landwirtschaft, Bio-Imkerei und dem Bio-Weinbau in Deutschland und Südtirol, die nach den strengen Bioland-Richtlinien wirtschaften. Sie sind Mitglieder im Bioland-Verband und bestimmen demokratisch über Richtlinien und Vorgaben ihres Verbandes. Bioland sind auch über 1500 Hersteller, Händler und Gastronomen, die die wertvollen Erzeugnisse zu hochwertigen Lebensmitteln weiterverarbeiten.

Die Zwetschgen können voraussichtlich Ende Juli geerntet werden.
Camilla Härtewig. cam

Sie treiben als Marktpartner die Ziele des Bioland-Verbandes voran. Bioland, das sind aber auch mehr als 300 Mitarbeiter im Verband. Die wichtigste Aufgabe ist es, den organisch-biologischen Landbau zu fördern und weiterzuentwickeln. Die sieben Bioland-Prinzipien zeigen, wie der Verband sich die Landwirtschaft der Zukunft vorstellt. Bioland will die Menschheit langfristig ernähren – und dabei die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten.

Auf den Bioland-Prinzipien basieren auch die Richtlinien für Anbau, Tierhaltung und Verarbeitung, nach denen alle Mitglieder und Partner arbeiten. Die sieben Prinzipien sind: im Kreislauf wirtschaften, Bodenfruchtbarkeit fördern, Tiere artgerecht halten, wertvolle Lebensmittel erzeugen, biologische Vielfalt fördern, natürliche Lebensgrundlagen bewahren und Menschen eine lebenswerte Zukunft sichern.

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