Tausende Euro Bargeld, eine größere Menge Drogen, eine Prostituierte auf dem Beifahrersitz und ein gesuchter Straftäter auf der Flucht: Es war ein aufsehenerregender Polizeieinsatz rund um die Christmette in Nentershausen 2023. Nun hat der Fall mit einer Verurteilung zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe vor dem Amtsgericht Montabaur ein Ende gefunden – vorläufig.
Dass der Angeklagte den Sitzungssaal 115 in Handschellen verlassen würde, dass stand schon vor Beginn des letzten Prozesstages fest. Schließlich sitzt der Mann gerade eine Haftstrafe wegen unerlaubten Drogenhandels von fünf Jahren und acht Monaten ab, die das Landgericht Bonn im Frühjahr 2023 gegen ihn verhängt hatte. Und genau diese Haft wollte der Enddreißiger nicht antreten, nachdem ihm die Ladung zum Strafantritt ins Haus geflattert kam.
„Einfach nichts mehr zu verlieren“
„Er wollte sich noch einmal gut gehen lassen“, war sich Richter Helmut Groß sicher. Damit spielte der erfahrene Jurist auf das Verhalten des Mannes auf der Anklagebank an, das er nach dem Brief, in dem sein Haftantritt angekündigt wurde, an den Tag legte. „Er war auf der Flucht und hatte einfach nichts mehr zu verlieren“, sagte der Richter über den Angeklagten, der zwar eine sehr gute Ausbildung und ein gutes Elternhaus genoss, in den vergangenen Jahren allerdings mehr und mehr auf die schiefe Bahn geraten war.
Nach einem frühen Erfolg mit Bitcoins, der für finanziellen Reichtum sorgte, pflegte der Angeklagte einen hochwertigen Lebensstil, der nach einem geschäftlichen Misserfolg aber dahinzuschwinden schien. Nach Ansicht des Gerichts versuchte der Deutsche, der eine Lebensgefährtin samt Kinder hat, daraufhin, sich mit Drogenhandel seinen kostspieligen Lebensstil weiterhin zu finanzieren. Letztlich ging dieser Plan schief, der Enddreißiger landete mehrmals wegen unterschiedlicher Delikte vor Gericht und wurde letztlich zu einer verhältnismäßig hohen Haftstrafe in Bonn verurteilt.

In den letzten Wochen vor seiner Festnahme an Heiligabend 2023 will der Angeklagte, der seinerzeit 36 Jahre alt war, sich einen BMW von einem Bekannten geliehen haben und sich darin von verschiedenen Freundinnen beziehungsweise Bekannten, bei denen es sich vornehmlich um Prostituierte und Escortdamen gehandelt haben soll, durch Europa und grenznahe Regionen aufgrund eines fehlenden Führerscheins kutschiert lassen haben. Eine Geschichte, die die Staatsanwaltschaft Koblenz und Richter Helmut Groß dem Mann nicht abnahmen. „Er kann uns nicht weiß machen, dass Prostituierte ihn überall rumkutschiert haben“, sagte der Richter. Vielmehr habe der Mann, der bereits mehrmals sich wegen Fahrens ohne Führerscheins und Verkehrsdelikten vor Gericht verantworten musste, selbst das Auto gesteuert – auch an Heiligabend vor eineinhalb Jahren.
Das Gericht und die Staatsanwaltschaft sahen es als erwiesen an, dass er dabei einen Unfall auf der A3 baute, nach Nentershausen fuhr, dort abhaute und gut zwei Stunden später von der Polizei unweit der Laurentiuskirche, in der zu der Zeit die Christmette lief, gefasst wurde. Dass seine Beifahrerin, eine Prostituierte, das Auto gefahren haben soll, wie der Angeklagte und sein Verteidiger Werner Nehnes den Verfahrensbeteiligten glaubhaft machen wollten, nahm der Richter dem Mann nicht ab. Genauso wenig glaubte der Vorsitzende samt Schöffen, dass der Mann nicht gewusst habe, dass er Drogen im Auto hatte. „Er kannte sich bestens aus“, so Helmut Groß in Richtung des Angeklagten. Zudem wurden über 163.000 Euro, mehr als 75.000 Norwegische Kronen und rund 9500 Schwedische Kronen an Bargeld im Fahrzeug entdeckt – Geld aus Drogengeschäften, wie die Staatsanwaltschaft vermutete.
Zeugin erschien nicht vor Gericht
Die Zeugin, die Licht ins Dunkel hätte bringen können, tauchte vor Gericht allerdings nicht auf, da eine ladungsfähige Anschrift fehlte. Nichtsdestotrotz vertraute das Gericht auf die Aussage der Prostituierten seinerzeit bei der Polizei, dass sie keine Kenntnis von den Drogen hatte. Letztlich wurde der Angeklagte zu einem Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, handeln mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Verschaffen von zwei falschen amtlichen Ausweisen, die im Fluchtfahrzeug gefunden wurden, verurteilt.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monate beantragt, während die Verteidigung einen Freispruch gefordert hatte, da die Beweislage keine Verurteilung zugelassen habe. Das sah das Gericht anders. Noch ist das Urteil nichts rechtskräftig. Der Angeklagte kündigte bereits an, den Richterspruch nicht zu akzeptieren.