Hundsänger sucht sein Glück
Bürohengst läuft 2600 Kilometer über den Alpenhauptkamm
Frank Eichmann aus Hundsangen suchte die Herausforderung auf 2600 Kilometern quer über den Alpenbogen und fand alles Glück auf der Via Alpina.
Frank Eichmann

Er war vier Monate (fast) ohne Unterbrechung auf der Via Alpina zu Fuß unterwegs: Der Steuerberater Frank Eichmann aus Hundsangen hat mit über 2600 Kilometern den kompletten Alpenbogen von Triest nach Monaco erwandert und ein Buch darüber verfasst.

Wenn man sich mit Frank Eichmann in seinem Garten in Hundsangen trifft, kann man kaum glauben, dass es ihn von dort aus immer wieder in die weite Welt zieht. Das Refugium hinter seinem Haus mit Teich und einer rustikalen Blockhütte ist gar nicht so weit entfernt von einer Szene in den Alpen. Fehlt nur noch ein Berg im Hintergrund. Sogar den hätte es in früheren Jahren gegeben. Aber dem einst hoch aufragenden Ollmersch hat schon vor vielen Jahren der Basaltabbau den Garaus gemacht.

Über seine jüngste Weitwandertour hat der 1965 geborene Steuerberater vor Kurzem ein mehr als 300-seitiges Buch geschrieben. Wie es dazu und vor allem zu der 2600-Kilometer-Tour auf der sogenannten Via Alpina quer durch die Alpen von Triest nach Monaco kam – darüber berichtet der Bergabenteurer jetzt unserer Zeitung, noch bevor er darüber beim Koblenzer Alpenverein berichtet und in Reiner Meutschs Abenteuersendung im Radio erzählen wird.

Über seine jüngste Weitwandertour hat der 1965 geborene Steuerberater Frank Eichmann vor Kurzem ein mehr als 300-seitiges Buch geschrieben, das er hier in seinem Garten mit Blockhütte und kleinem See präsentiert.
Markus Müller

Eichmann studierte in Wiesbaden, arbeitete einige Jahre bei KPMG, war anschließend Partner und Vorstand einer Steuerberatungsgesellschaft und danach als Steuerberater und Geschäftsführer in einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft tätig. Irgendwann hatte er den Stress satt und sagte sich, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen war, sich auf den Weg zu machen, um einmal Freiheit und Unabhängigkeit in vollen Zügen zu genießen. 2010 absolvierte er deshalb als Erstes den Jakobsweg durch Spanien.

„Vor drei Jahren hatte mich dann wieder das Fieber einer Fernwanderung gepackt.“
Frank Eichmann zur Motivation seiner Tour auf der Via Alpina

„Vor drei Jahren hatte mich dann wieder das Fieber einer weiteren Fernwanderung gepackt“, schildert Eichmann. „Meinen ursprünglichen Plan, einen der großen Weitwanderwege in den USA oder in Neuseeland zu bewältigen, hatte ich schnell wieder aus verschiedenen, vor allem familiären Gründen ad acta gelegt.“ Der Hundsänger, dessen Mutter Ria früher als Wirtin bei „Eichmanns“ in der ganzen Region bekannt war, entschied sich für die Via Alpina. Dieser Fernwanderweg in den Alpen besteht aus fünf internationalen Strecken: der violetten, der gelben, der blauen, der grünen und der roten. Sie unterscheiden sich in Führung und Länge erheblich. Frank Eichmann entschied sich für die längste, die rote Variante.

Immer wieder kann der Weitwanderer auf seiner Tour durch die Alpen traumhafte Aussichten genießen.
Frank Eichmann

Die führt mit 161 Etappen über den Alpenhauptkamm und damit durch acht Staaten – von Triest in Italien, über Slowenien, Österreich, Deutschland, Liechtenstein, Schweiz, Frankreich bis nach Monaco. „Das hieß, einmal für vier Monate abschalten – keine E-Mails, keine Telefonate mit Mandanten oder Nachrichten. Nur die Berge, die Natur und ich“, war für Eichmann klar.

„Auf etwa 2600 Kilometern und rund 140.000 Höhenmetern – jeweils hoch wie runter – einfach nur den größten europäischen Naturraum mit einer einzigartigen Fauna und Flora genießen. Ein Weg, der dich insgesamt 44-mal die Landesgrenzen überschreiten lässt. Ich als Bürohengst stellte mich somit einer enormen Herausforderung.“ Und das Ganze – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – an einem Stück und auf Schusters Rappen. Frank Eichmann suchte die Herausforderung, packte seinen schweren Rucksack mit Zelt, um über Monate einmal nur für sich und mit der Natur zu sein. Und er fand alles Glück auf der Via Alpina, wie er auch ausführlich in seinem Buch schildert – und brachte auch noch mehr als 7000 Fotos mit. Nur, dass er keine ordentliche kleine Kamera mitgenommen hatte, bedauerte er am Ende.

„Ich als Bürohengst stellte mich somit einer enormen Herausforderung.“
Frank Eichmann musste sich ganz schön quälen.

In vielen einsamen Stunden genießt er die einzigartige Natur und Tierwelt der Alpen. Aber auch die Herzlichkeit der Menschen, die dort leben oder denen er unterwegs – teils auch als Mitwanderer – begegnet, begleitet ihn und rührt ihn manchmal sogar zu Tränen. „Es war eine Reise, die alles vereint: emotionale Momente, große Herausforderungen, Schmerzen, aber vor allem das Gefühl einer nie gekannten Unabhängigkeit und Freiheit“, bilanziert er. Es war für ihn ein Weg, der ihm alles abverlangte, aber auch alles gab.

An der Höhlenburg Predjama in Slowenien trifft Frank Eichmann auf Yuri, mit dem er die ersten Tage unterwegs ist.
Frank Eichmann

Lassen wir ihn Auszügen kurz selbst erzählen, was er unterwegs alles so erlebt: „Schon der Start am 3. Juni in die Via Alpina misslang zunächst einmal. Mein Rucksack wurde erst zwei Tage verspätet nach Triest eingeflogen, und kaum die ersten Schritte auf dem Weg, fing es an zu regnen und auch das Refugio am Ziel der ersten Etappe hatte keine Betten. So musste ich die erste Nacht im Zelt verbringen. Nicht, dass ich gegen eine Zeltübernachtung etwas einzuwenden gehabt hätte, aber es musste als fast 57-Jähriger nicht schon am ersten Abend sein. Was würde mich an Überraschungen bei dieser langen Wanderung noch erwarten?“

Am zweiten Tag überschritt Eichmann die Grenze nach Slowenien, das ihm durch seine Leidenschaft für das Fliegenfischen schon etwas bekannt war. Am dritten Tag erwartete ihn der faszinierende Anblick der Höhlenburg Predjama – und wieder ein Übernachtungsproblem: Er schlief in einem Schuppen und wusch sich im Bach. Immerhin lernte er dadurch seinen ersten Wanderkollegen Yuri, einen 21-jährigen Schweizer Via-Alpina-Abenteurer, kennen. Die nächsten Tage ging es für die beiden auf vielen Höhenmetern durch den slowenischen Teil der Alpen, zu dem auch der wunderschöne Triglav-Nationalpark gehört.

Eichmanns Herz schlug schneller, als er die ersten schroffen Zacken der Dolomiten erblickte.
Frank Eichmann

„Nachdem Yuri wegen Schmerzen im Schienbein zunächst aufgeben musste, schritt ich alleine über die Grenze zu Österreich und hatte bald darauf den Karnischen Höhenweg erreicht, der immer wieder von Österreich nach Italien und zurück wechselt. Ein wirklich sehr schöner Weg mit einer guten Hütten-Infrastruktur. Mein Herz schlug schneller, als ich die ersten schroffen Zacken der Dolomiten erblickte. Dieses Gebirge ist immer wieder aufsehenerregend und von wilder Schönheit.“

In wenigen Tagen wanderte Eichmann dann durch den Rest von Südtirol und weiter ins Tiroler Zillertal. Der Weg zur Rastkogelhütte sollte für Eichmann der bis da schrecklichste Aufstieg der Via Alpina sein: „Ich war zu langsam oder das Gewitter zu schnell. Eine halbe Stunde war es noch bis zur Hütte, als es dann stark gewitterte. Ich nahm meine Beine in die Hand und lief mit meinem etwa 16-Kilo-Rucksack in Richtung der Hütte. Noch nie in meinem Leben war ich mit so viel Gepäck auf dem Rücken so schnell unterwegs, während Blitze um mich herum zuckten. Eine Viertelstunde vor der Hütte fing es dann auch noch an zu hageln. Durchnässt und durchgefroren, aber glücklich, dass mir nichts passiert war, kam ich dort an.“

Immer wieder aufs Neue ist Frank Eichmann von den Alpen begeistert, auch wenn ihn sein schwerer Rucksack drückt.
Frank Eichmann

Die Via Alpina führt ihn nun durch das Karwendel- und Wettersteingebirge bis nach Oberstdorf ins Allgäu. Allerdings war dieser Teil der Via Alpina für den Hundsänger auch ein sehr schweißtreibender. An einigen Tagen zeigte das Thermometer bis zu 37 Grad an.

Über Liechtenstein führte der Weg in die Schweiz. „Die Schweiz war atemberaubend. Die Wegführung der Via Alpina durch die schönen Regionen mit Graubünden, dem Tessin, dem Wallis und dem Berner Oberland gehörten zu den Höhepunkten dieser Tour. Das Tessin mit seinen Steinhäusern und tiefen Tälern, das Wallis mit seinen Holzhäusern, der Aletschgletscher, die schroffe Bergwelt und nicht zuletzt das Berner Oberland mit seinem Grün – einfach himmlisch. Auch die Menschen, auf die ich in der Schweiz getroffen bin, hatten wohl ein Faible für Fernwanderer, anders kann ich mir die Freundlichkeit, die mir entgegengebracht wurde, nicht erklären.“

Eine fantastische Tierwelt mit unzähligen Gämsen und Steinböcken waren Balsam für die Augen von Frank Eichmann.
Frank Eichmann

Eichmann wurde beispielsweise auf einer Alm, als er nichts mehr an Essen und Trinken im Rucksack hatte, zum Abendessen, Frühstück und sogar zu einem Helikopterflug eingeladen – für ihn einfach unglaublich. Sein Zwischenfazit: „Die Kommunikation mit anderen Menschen verschiedener Kulturen macht den Weg so einzigartig.“

„Die Kommunikation mit anderen Menschen verschiedener Kulturen macht den Weg so einzigartig.“
Frank Eichmann zieht Bilanz.

Nachdem Frankreich Eichmann am ersten Tag wettertechnisch wie auch landschaftlich nicht zu begeistern wusste, hatte sich das deutsche Nachbarland schon zu Beginn des zweiten Tages „richtig ins Zeug gelegt“: Mehrere Wasserfälle, ein wundervolles Hochplateau, das canyonartige Gebirge und nicht zuletzt der ins Bergmassiv eingerahmte See im Herzen der Fiz-Gebirgskette begleiteten seine Tour. Über den Großen St. Bernhard ging ins italienische Aosta-Tal, das Eichmanns Erwartungen übertraf. In den nächsten Tagen war der Weitwanderer immer im Grenzbereich zwischen Italien und Frankreich unterwegs.

Anfang September unterbrach Eichmann dann für ein einziges Mal seine Via-Alpina-Tour. Er flog von Turin nach Hause, um bei der Hochzeit der Tochter von guten Freunden dabei zusein. Das wurde eine große Überraschung für alle Beteiligten, und vor allem seine Familie freute sich auch über das kurze Wiedersehen.

Der Mercantour-Nationalpark war für den Steuerberater und jetzt auch Buchautor persönlich einer der absoluten Glanzpunkte der Via Alpina.
Frank Eichmann

Nach vier Tagen war Eichmann dann schon wieder auf der Via Alpina. „Der Mercantour-Nationalpark war für mich einer der absoluten Glanzpunkte der Via Alpina. Eine besondere Natur, die abgerundeten Steinmassive, eine fantastische Tierwelt mit unzähligen Gämsen und Steinböcken und die vielen Seen waren Balsam für die Augen. Auch Ligurien und die Seealpen mit ihren speziellen Ortschaften hatten viel zu bieten.“

Am letzten Abend schlug der Mann aus Hundsangen hoch über Monte Carlo sein Zelt auf.
Frank Eichmann

Am Abend des 27. September 2022 stand Eichmann auf dem höchsten Punkt über La Turbie und der Blick auf Monaco war frei: „Was für ein Ausblick am letzten Abend. Hier schlug ich um 20.30 Uhr mein Zelt auf, obwohl mir bewusst war: Zelten ist hier nicht erlaubt. Aber nach fast vier Monaten durchgängigen Wanderns hatte ich mir diesen tollen Platz verdient. Es wurde dunkel, das beleuchtete Monaco unter und Verpflegung sowie Wein neben mir. Genauso hatte ich mir den letzten Abend vorgestellt. Bis Mitternacht saß ich bei einer solchen Kulisse auf einem Stein und sinnierte über die letzten vier Monate auf der Via Alpina.“

Sein Buch versteht Frank Eichmann als Einladung an alle, sich auf den Weg zu machen. „Es ist eine Geschichte, die jeden auf diese unglaubliche Reise mitnimmt und den Alltag für einen Moment vergessen lässt“, macht er deutlich. Man darf gespannt sein, was der Hundsänger sich als Nächstes vornimmt.

Das Buch „Wanderung ins Glück. Via Alpina – 2600 Kilometer über den Alpenhauptkamm von Triest nach Monaco hat Frank Eichmann bei Books on Demand veröffentlicht. Es hat 313 Seiten mit vielen Abbildungen und ist im Buchhandel oder über Online-Versender erhältlich. Es kostet als Taschenbuch 19,90 Euro, als gebundenes Buch 28,99 Euro und als E-Book 9,99 Euro.

Weitwanderer bei Vortrag in Koblenz und im Radio erleben

Am Freitag, 9. Mai, berichtet Frank Eichmann in Wort und Bild bei der Sektion Koblenz des Deutschen Alpenvereins über seine 2600-Kilometer-Tour. Der Vortrag beginn um 19.30 Uhr im Soldatenfreizeitheim auf der Horchheimer Höhe, Von-Galen-Straße 1 bis 5, in Koblenz. Karten gibt es für 12 (DAV-Mitglieder 10 Euro) bei der DAV-Geschäftsstelle, Kolonnenweg 7, Koblenz, Telefon 0261/79452, in der Biwakschachtel, Löhrstraße 82, Koblenz, und bei Intersport Krumholz, Industriestraße 11 bis 13, in Mülheim-Kärlich.

Darüber hinaus ist der Hundsänger Weitwanderer am Sonntag, 11. Mai, von 19 bis 21 Uhr in Reiner Meutschs Sendung „Mein Abenteuer“ bei Radiosender RPR1. zu Gast.

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