„Ab hier bitte lächeln“ steht auf dem Schild, das Kay Oslislok über seinen Kopf reckt. Doch diese Aufforderung brauchen die Musiker von Monta Batida nicht: Sie strahlen, es ist pure Lebensfreude, die aus ihren Gesichtern spricht. Dabei tun sie erst einmal nichts anderes, als in die Hände zu klatschen.
Klingt simpel – doch wenn fünf Reihen von je vier Menschen jeweils einen anderen Rhythmus klatschen, muss Anleiter Oslislok den Überblick behalten und hier und da nachjustieren. „Ihr habt den Rumba-Clave, mit einer Pause nach dem ersten Schlag“, demonstriert er der ersten Reihe. So geht er die Reihen durch, vom einfachen Vier-Viertel-Takt bis zum Son- oder Bossa-Clave.

Dabei ist das alles nur Aufwärmen. Dann greifen die 20 Monta-Batida-Mitglieder zu ihren Instrumenten – und zu Ohropax. Denn es ist eine Sambagruppe mit Djemben, Schellen und Trommeln. Das ist schon laut, wenn sie im Freien auftreten – im Barbarahaus in Dreikirchen aber ist die Probe nur mit Gehörschutz möglich. Neben Freude und großer Vorfreude ist auch eine gewisse Nervosität spürbar. Denn Monta Batida, die Montabaurer Percussiongruppe, bereitet sich auf den Bremer Karneval vor.
Klingt nach Widerspruch – hanseatische Kühle und heiße Sambarhythmen? Der Bremer Samba-Karneval ist berühmt, er findet am Wochenende 21./22. Februar zum 40. und letzten Mal statt. Für die Montabaurer ist es eine große Ehre, dort auftreten zu dürfen. Außerdem ist es etwas ganz Besonderes für die „Bateria“, denn der zweite Anleiter Sebastian Bode stammt aus der Hansestadt.

„Als ich noch in Bremen gelebt habe, habe ich davon gar nichts mitbekommen“, gesteht Bode. Als er aber in den Koblenzer Raum zog, wurde er dort Mitglied einer Sambagruppe, „und die kannten den Bremer Karneval“. Vor rund zehn Jahren hat Bode so den Sambakarneval in seiner Heimatstadt kennengelernt, ist schon mehrfach als Besucher dabei gewesen. Und nun, bei letzter Gelegenheit, ist er mit Monta Batida aktiv dabei.
Zur Generalprobe im Barbarahaus hat sich die Gruppe bereits in ihre Kostüme gekleidet, die bunt und glitzernd sind, wie es sich für Karneval gehört, und aufs Motto „Uns blüht was“ abgestimmt sind: Während die Männer als Gärtner mit blütengeschmückten Strohhüten und grünen Latzhosen noch dezent gewandet sind, haben die Frauen sich große farbenprächtige Blumen als Kopfschmuck gebastelt und Ranken aus glitzernden Pailletten auf ihre Shirts genäht.

Sich für den Bremer Straßenumzug anzumelden, sei nicht so schwierig, erklärt Bode. Aber einen der begehrten Bühnenplätze im Schlachthof beim anschließenden Maskenball zu bekommen, das ist bei „einer der größten Sambakarnevalsfeiern außerhalb Rios“ die Krönung für so begeisterte Samba-Fans. Von den drei Etagen des Schlachthofs – die intimere Kneipe, die große Kesselhalle und der Keller mit seiner speziellen Akustik – gefällt ihm Letzterer am besten, und genau dort gehört die Bühne am Samstagabend für eine halbe Stunde Monta Batida. „Da geht der Rhythmus direkt in den Bauch“, schwärmt Bode.
Wenn Monta Batida auf die Bühne tritt, liegt schon ein aufregendes und anstrengendes Programm hinter den Percussionisten und ihren beiden Anleitern: Um 12 Uhr ist auf dem Bremer Marktplatz Eröffnung des Bremer Karnevals, dann startet der Umzug zum Sielwall, der dort gegen 14 Uhr in den berühmten Straßenkarneval mündet: Bis 18 Uhr geht es in Ostertorviertel und Paulskloster um und auf verschiedenen Bühnen weiter mit den heißen Rhythmen. Um 20 Uhr beginnt dann der Maskenball im Schlachthof.

Mit hoch erhoben Armen signalisiert Oslislok den Musikern, wie viele Takte noch zu spielen sind, während Andrea Klug, die mit einer Kollegin die Choreografie von Monta Batida verantwortet, durch die Reihen geht und gestikulierend Impulse gibt. Seit 2017 ist Klug dabei, den Sambakarneval kennengelernt hat sie einige Jahre zuvor bei Umzügen. Ihr gefällt der Anspruch, den die Truppe pflegt: „Es wird viel geübt, gibt regelmäßig Workshops“, sagt sie. In den Rhythmus wachse man hinein, es könne aber schon einige Monate dauern, bis die Hand-Fuß-Koordination sich eingespielt habe. Besonders wichtig sind Klug neben dem musikalischen Weiterkommen auch der gute Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe. Für sie ist es pure Freude, wie Samba „zu guter Laune ansteckt“.
Bunte Kostüme, koordinierte Schrittfolgen und Platzwechsel gehören zum Sambakarneval ebenso dazu wie raumgreifende Gesten. So wenden sich die Musiker einander zu, schwingen die Paukenhämmer hoch über den Kopf, neigen die Oberkörper: Es ist durchaus auch eine körperliche Herausforderung, einen ganzen Tag Karneval zu feiern. Guido Winkler, Vorsitzender von Monta Batida, hat vor 20 Jahren seine Frau Susi beim großen Sambafestival in Coburg kennengelernt, erzählt er: Damals war sie aktiv, er Zuschauer. Heute spielen sie beide bei der Montabaurer Bateria mit.

Zum Umzug werden im 40. und letzten Jahr des Bremer Karnevals rund 60 Gruppen erwartet, die sich teils in Blocos zusammentun, schildert Sebastian Bode – auch das eine musikalische Herausforderung. Für Anleiter Kay Oslislok liegt die Messlatte hoch, weil in Bremen Fachpublikum anwesend ist. Er habe einen eigenen „Mo-Ba-Stil gebastelt“ mit Elementen aus Reggae, Merengue und Duro, der zu den Instrumenten der Gruppe passe.
Besonders groß ist die Vorfreude bei dem Bremer Sebastian Bode. Wenn er die Gruppe anleitet, tut er das mit vollem Körpereinsatz und spart nicht an Motivation: „Ihr seht fantastisch aus – aber wir fallen im Tempo ab!“ Angespornt durch die anderen Gruppen und das Hochgefühl des Samba wird das in Bremen sicher kein Problem mehr sein.
Nähere Informationen zu Monta Batida finden sich im Internet auf www.montabatida.de und zum Sambakarneval in Bremen auf bremer-karneval.de