Abschiebung droht weiterhin
Bilal Hemdan darf zwei Wochen arbeiten und dann gehen
Bilal Hemdan möchte gerne weiter in Bad Marienberg leben. Den Deutsch-Test für Zuwanderer hat er mit Bravour im Dezember 2024 bestanden, parallel hat er als Hilfspfleger in einer Einrichtung gearbeitet, wo er beliebt und geschätzt ist. Doch die Abschiebung droht, die Behörden sehen keinen Grund, warum seine Duldung verlängert werden sollte.
Röder-Moldenhauer

Der Ägypter, der als Pflegekraft in einer Seniorenresidenz in Bad Marienberg arbeitet, und dem die Abschiebung droht, ist nach seinem Termin bei der Ausländerbehörde ernüchtert: Es gibt keinen Grund für eine weitere Duldung. 

Mit großer Hoffnung ist Bilal Hemdan in seinen Termin bei der Ausländerbehörde in der Kreisverwaltung Montabaur gegangen. Was bleibt, ist Verzweiflung. Denn bei dem „Gespräch“ wurde ihm mitgeteilt, dass die Behörde keinen Grund sieht, um eine weitere Duldung auszusprechen. Bis zum 10. März solle er sich nun äußern, ob er freiwillig ausreisen möchte oder nicht.

Zur Erinnerung: Der 33-Jährige ist mit seiner Frau und dem heute vierjährigen Sohn 2022 aus Ägypten nach Deutschland gekommen, weil er seinem Kind eine bessere Zukunft ermöglichen möchte. Er hat sich integriert, spricht fließend Deutsch und hat sich in Bad Marienberg beheimatet. Er hatte einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Pflegehelfer in der Tasche. Die Arbeitserlaubnis sollte bis zum 23. Juli 2028 gelten. Bis dahin sei ihm eine „unselbstständige Erwerbstätigkeit nur als Pflegehelfer beim Alloheim Seniorenresidenz“ in Bad Marienberg gestattet. Doch der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnte Asylantrag macht diese Arbeitserlaubnis unwirksam. Ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen diese Ablehnung wurde vom Oberverwaltungsgericht Ende Dezember 2024 abgelehnt. Die Abschiebeanordnung wurde am 1. Februar vollziehbar.

Die Bewohner und Mitarbeiter der Seniorenresidenz in Bad Marienberg haben "ihren" Bilal schrecklich vermisst, der nun wieder ein paar Tage bei ihnen arbeiten darf. Seine herzliche, immer gut gelaunte und stets professionelle Art fehlte an allen Ecken und Kanten. Deshalb setzen sie sich für den Verbleib des Ägypters in Deutschland ein.
Röder-Moldenhauer

Diese behördliche Ablehnung kam für Bilal und seine Familie völlig unerwartet. Verzweifelt sagte er uns: „Ich brauche kein Asyl, ich brauche eine Chance.“ Dass ihm diese gewährt wird, dafür setzen sich seitdem viele Menschen ein. Denn: Seine Arbeit im Alloheim wird allseits geschätzt, er ist bei Kollegen und Bewohnern beliebt. Er übe seine Arbeit mit Herz aus, wird geschildert. Als eine Arbeitskraft, die dringend benötigt wird, fehlt es doch in Deutschland an Pflegefachkräften an allen Ecken und Enden. Im Herbst wollte der 33-Jährige die Ausbildung zum Pflegeassistenten beginnen, hatte dafür eine Zusage.

Doch auch der Termin bei der Ausländerbehörde gibt Bilal Hemdan und seiner Familie keine Sicherheit, dass es für sie in Deutschland weitergehen kann. Zwar hat die Familie jetzt für zwei Wochen eine Duldung und eine Arbeitserlaubnis bekommen, doch keine Perspektive, dass diese weiter verlängert wird. Auch die anvisierte Ausbildung, die der Ägypter so gerne machen möchte, zählte in dem Gespräch nicht, schildert der Mann. Ihm wurde gesagt, dass das so ausgelegt werden könne, dass er diese nur machen wolle, um in Deutschland zu bleiben. Dabei werden händeringend Pflegefachkräfte gebraucht, der Ägypter leistet bereits jetzt vorbildliche Arbeit und wird von Kollegen und Bewohnern so geliebt, dass sie sich vehement für ihn einsetzen – bis hin zu ihrer Forderung „Bilal muss bleiben!“, die sie deutlich an der Außenwand der Seniorenresidenz platzierten. Auch eine Petition über change.org wurde gestartet, mit der Unterschriften gesammelt werden für das Ziel: „Bilal muss bleiben!“.

In den zwei Wochen, in denen Bilal und seine Frau nun arbeiten dürfen, wird er dem Staat nicht zur Last fallen, der zudem Steuern erhält. Das, was ihm bei der Ausländerbehörde gesagt wurde, raubt ihm in der Nacht darauf den Schlaf, nimmt ihm die Luft zum Atmen. Dabei will er vor allem auch seine Frau beruhigen und den kleinen Sohn.

Er hofft dennoch darauf, dass er seine Ausbildung im Herbst beginnen kann, der Vertrag dazu muss nur noch unterzeichnet werden. „Warum sollte ich nach drei Jahren Ausbildung zu Hause bleiben?“, versteht er nicht die geäußerte behördliche Angst, sich damit quasi den Aufenthalt in Deutschland zu erschleichen. Er arbeitet gerne und verfolgt keinen „Plan B“, wie er sagt. Und nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 60c Ausbildungsduldung) ist eine Duldung zu erteilen, wenn der Ausländer in Deutschland als Asylbewerber „eine Assistenz- oder Helferausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufgenommen hat, an die eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf, für den die Bundesanstalt für Arbeit einen Engpass festgestellt hat, anschlussfähig ist und dazu eine Ausbildungsplatzzusage vorliegt.“

Keine Information über den Abschiebe-Zeitpunkt

Nicht nur Bilal kann sich mit der möglichen Abschiebung nicht abfinden. Weiterhin setzen sich Menschen für dessen Verbleib ein. Sie haben sich zum Beispiel an die Härtefallkommission gewandt sowie an die Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, Barbara Schleicher-Rothmund, die Unterstützung zugesagt hat. Damit bei dem nächsten Termin, den Bilal Hemdan und seine Frau bei der Ausländerbehörde am 10. März haben, nicht das endgültige Aus für die Familie in Deutschland steht und die angedrohte Abschiebung nicht zur Realität wird. Bis dahin, so ist er aufgefordert, soll er seine Ausreisewilligkeit nachweisen.

In dem amtlichen Anschreiben der Kreisverwaltung an den Ägypter („Ihre Ausreise aus dem Bundesgebiet“ vom 25. Februar 2025) heißt es zum Schluss: „Abschließend weisen wir Sie darauf hin, dass Sie, sofern Sie nicht mit der Ausländerbehörde kooperieren sollten, im Falle einer erforderlichen Abschiebung nicht unbedingt von dem Abschiebetermin in Kenntnis gesetzt werden.“ Diese Mitteilung diene nur zur Darstellung der Sach- und Rechtslage. Einen Tag nach dem Gespräch bei der Ausländerbehörde, das am 24. Februar stattfand, signalisierte Kreisbeigeordnete Gabriele Wieland gegenüber unserer Zeitung, dass sich die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises um eine Lösung bemühe. „Der Kreis ist zuversichtlich, dass er die Ausbildung machen kann“, erklärte sie.

Bad Marienberger Stadtrat möchte Familie Hemdan unterstützen

Das Schicksal von Bilal Hemdan beschäftigt auch den Bad Marienberger Stadtrat. Auf Initiative von SPD-Sprecher Sebastian Neufurth-Tropp möchte sich das Gremium dafür einsetzen, dass der Ägypter mit seiner Familie in Deutschland bleiben darf. Neufurth-Tropp kennt die Hemdans persönlich: Ihr kleiner Sohn besucht mit seiner Tochter den Kindergarten. Der Junge sei bestens integriert. Sarah Schell-Hahn (Bündnis 90/Die Grünen) bestätigt das große Engagement der Familie, sich in die deutsche Gesellschaft einzubringen. Polizisten hätten ihr gesagt, dass es für sie schrecklich sei, solche Menschen abzuschieben, nur um die statistischen Zahlen zu schönen. Kinder würden durch solche Erlebnisse traumatisiert. Auch Phillip Schmidt (CDU) kündigte an, die Familie unterstützen zu wollen. Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher schlug ein baldiges Treffen der Fraktionssprecher vor, um gemeinsam ein Solidaritätsschreiben für Bilal Hemdan aufzusetzen. nh

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