Dieses Ergebnis und die zugrunde liegende Bereitschaft, sich der Urinkontrolle unter Aufsicht zweier eilends hinzugerufener Polizeibeamter zu unterziehen, trugen entscheidend zu dem milden Urteil für den jugendlichen Drogendealer bei. Daneben konnte seine Anwältin negative Drogenscreenings der vergangenen zwölf Monate vorlegen.
Der junge Mann war vor gut einem Jahr auf der L 307 bei Mogendorf von einer Polizeistreife gestoppt worden. Laut Anklageschrift schlug den Beamten schon süßlicher Haschischgeruch entgegen, als der Fahrer das Autofenster herunterließ, und auf dem Schoß hatte er ein Tütchen Cannabis liegen. Insgesamt knapp 144 Gramm Haschisch wurden am 24. November 2020 in dem Wagen gefunden, in dem der Fahrer allein unterwegs war. Der größte Teil des Stoffs war nach eigenen Angaben des Angeklagten für den Verkauf bestimmt, um die eigene Sucht zu finanzieren. Das hatte der junge Mann bereits bei der Polizei zugegeben.
Was die Beamten außerdem noch im Auto fanden, war ein Teleskopschlagstock – und in diesem Zusammenhang, betonte der Richter des Jugendschöffengerichts in Montabaur, war es für den Angeklagten besonders vorteilhaft, dass er noch dem Jugendstrafrecht unterlag. Denn das Mitführen einer gefährlichen Waffe beim Handel mit Betäubungsmitteln hätte nach Erwachsenenstrafrecht eine Haftstrafe erfordert. „Im Jugendstrafrecht wird das alles etwas lockerer betrachtet“, sagte Frank-Pilz. Während der 22-Jährige keine Einträge im Strafregister hatte, fand Staatsanwalt Tobias Erfgen in den Akten eine Handyauswertung, die ihn zu der Schlussfolgerung brachte, der Angeklagte habe bereits früher mit Betäubungsmitteln gehandelt – neben Cannabis sogar mit härteren Drogen wie Amphetaminen, MDMA und Kokain. Der junge Mann hatte nach seiner Festnahme und gegenüber der Jugendgerichtshilfe nicht verschwiegen, dass er bereits mit 14 Jahren begonnen hatte, Haschisch zu konsumieren, und später auch Härteres ausprobiert hatte. Seine Verteidigerin Maike Naumiuk wies darauf hin, vom Staatsanwalt vermutete frühere Drogengeschäfte seien nicht Gegenstand dieser Verhandlung, und ihr Mandant habe bei den Angaben über sein Konsumverhalten eher zu hoch als zu niedrig gegriffen.
Dies bestätigte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Der 22-Jährige habe auf sie einen ungewöhnlich offenen Eindruck gemacht. Nachdem der Staatsanwalt sich daran gestört hatte, dass der Angeklagte lediglich einen einzigen Gesprächstermin bei der Drogenberatung hatte, erklärte die Sachverständige, wenn seitens der Beratungsstelle keine weiteren Termine gefordert worden seien, habe dort offenkundig der Eindruck geherrscht, dass weitere Gespräche nicht erforderlich oder zielführend seien. Den Staatsanwalt indes überzeugte dies nicht ganz, er forderte neben einer zweijährigen Haftstrafe zur Bewährung, dass der 22-Jährige vier weitere Gespräche bei der Drogenberatung wahrnehmen und zwei Nettomonatsgehälter (3000 Euro) an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen sowie drei Monate lang Drogenscreenings absolvieren solle. Die Anwältin bat um Milde gerade hinsichtlich der Geldauflage, da der junge Mann sich derzeit auf die MPU vorbereite, um vor dem Beginn einer Ausbildung den Führerschein wiederzuerlangen, und bei seiner Mutter monatlich Schulden abstottere.
Nach kurzer Besprechung mit den Schöffen verkündete Richter Frank-Pilz das Urteil: Zwei Jahre Haft werden für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Von Auflagen sah das Gericht ab, allerdings werden dem jungen Mann die Verfahrenskosten aufgegeben. Das Urteil ist rechtskräftig. Eine Mahnung gab es für den 22-Jährigen noch mit auf den weiteren Lebensweg: „Sie bekommen bei uns eine Chance – aber keine zweite“, so der Richter. Katrin Maue-Klaeser