Der Kitt Europas
Bad Marienbergs Leitung nach Pagny ist stark und robust
Beim deutsch-französischen Treffen im Sommer 2024 in Bad Marienberg hatten die Partner ein Plakat zum Marmer Demokratiesommer mit ihren Handabdrücken gestaltet. Dieses brachte die Westerwälder Delegationsleitung um Hildegard Nies (links, Vorsitzende des Partnerschaftsausschusses), Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher (Mitte) und Heinz Cappel (rechts, stellvertretender Vorsitzender des Partnerschaftsausschusses) jetzt zum Besuch in Pagny-sur-Moselle mit, wo es an Bürgermeister René Bianchin und Thierry Le Bourdiec (Referent für die Partnerschaft auf französischer Seite) überreicht wurde.
Nadja Hoffmann-Heidrich

Einst waren sie erbitterte Feinde, heute pflegen Franzosen und Deutsche enge Beziehungen. Ein gelungenes Beispiel ist die tiefe Freundschaft zwischen Bad Marienberg und Pagny-sur-Moselle, die bereits seit 61 Jahren besteht.

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So wie aus vielen Rohren ein Leitungsnetz wird, so entsteht aus Begegnungen, Gesprächen und Gesten zwischen Menschen ein dichtes, tragendes Beziehungsgeflecht. Insofern hatte das jüngste Treffen der deutsch-französischen Städtepartnerschaft zwischen Bad Marienberg und Pagny-sur-Moselle doppelte Symbolkraft.

Denn zu den vielen Programmpunkten beim Besuch der Bad Marienberger Delegation in der Partnergemeinde im Département Meurthe-et-Moselle in der Region Grand Est (bis 2015 Lothringen) gehörte unter anderem eine Besichtigung der Firma PAM St. Gobain in Pont-à-Mousson, die seit 1856 gusseiserne Rohre für Wasser- und Abwasserleitungen sowie Gullydeckel herstellt und damit weltweit zu den Marktführern zählt. Es ist davon auszugehen, dass auch im Westerwälder Erdreich Produkte des Unternehmens verbuddelt sind und hier für eine stabile Wasserver- und Abwasserentsorgung sorgen.

An den Hochöfen der Firma PAM St. Gobain konnten die Besucher aus dem Westerwald miterleben, wie Eisen für die Herstellung von Wasserrohren für den Weltmarkt geschmolzen wurde.
Nadja Hoffmann-Heidrich

Industriegeschichte auf der einen, Naturkunde auf der anderen Seite: Der Besuch der Bad Marienberger Freunde in Pagny-sur-Moselle fiel mit der 15. Auflage eines Frühlingsfestivals im dortigen Stadtpark zusammen, das sich dem Thema Umwelt widmete. Gemeinnützige Vereine und Gruppen stellten hierbei ihre Angebote vor, ein Streichelzoo verzückte die Jüngsten.

Wie vielseitig naturnah sich die französischen Gastgeber in ihrer Heimatstadt engagieren, bewiesen sie unter anderem auch bei einer Wanderung über Lehrpfade (etwa zu den Themen Wasser und Orchideen) rund um die Kommune, bei der die Teilnehmer immer wieder von Auftritten verschiedener Ensemble der örtlichen Musikschule überrascht wurden – beispielsweise von einer Alphorngruppe. Selbstverständlich durfte bei dem Ausflug ins Grüne ein Picknick mit regional hergestellten Lebensmitteln wie Moselwein, Apfelsaft, Brot, Wurst und Käse nicht fehlen.

Als Erinnerung an die Besichtigung der Firma PAM St. Gobain (in Pont-à-Mousson), die Wasser- und Abwasserrohre sowie Gullydeckel herstellt und weltweit vertreibt, gab's für alle Teilnehmer des jüngsten deutsch-französischen Treffens einen Mini-Gullydeckel, der als kleine Schatulle verwendet werden kann. Im Eingangsbereich vor dem Bad Marienberger Rathaus in der Büchtingstraße liegt übrigens ein großer Gullydeckel mit Gravur, den die Franzosen ihren deutschen Freunden 2024 zum 60-jährigen Bestehen der Partnerschaft geschenkt hatten.
Nadja Hoffmann-Heidrich

Was vor mehr als 60 Jahren mit losen Kontakten zwischen Fußballern begann, hat sich längst zu einer innigen und tiefen Freundschaft entwickelt – „trotz Sprachbarrieren, aber frei von jedweden Vorurteilen“, lobte Hildegard Nies, Vorsitzende des Bad Marienberger Partnerschaftsausschusses, beim großen Festessen im Bürgerhaus von Pagny. Freundschaften wie diese seien der Kitt Europas, der sich auch in Krisenzeiten als widerstandsfähig erwiesen habe. Nies dankte den Gastgebern für das erneut herzliche Treffen und die gute Organisation der dreitägigen Veranstaltung.

Dem schloss sich Bad Marienbergs Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher an. Nach Pagny zu kommen, sei wie nach Hause zu kommen, sagte sie. Zudem äußerte sie die Hoffnung, dass die enge „jumelage“ auch nach 2026 anhält: Im nächsten Jahr wird in der französischen Partnergemeinde ein neuer Bürgermeister gewählt, weil Amtsinhaber René Bianchin, ein großer Unterstützer der Beziehung, in den Ruhestand geht. Sie sei zuversichtlich, so Willwacher, dass das Fundament der Freundschaft, die von vielen Einzelpersonen und Familien getragen werde, auf jeden Fall robust genug sei, selbst wenn der künftige Chef im Rathaus dem Thema nicht mit derselben Leidenschaft begegnen sollte wie Bianchin.

Katja Kranz-Noll (Vordergrund) trat die rund 300 Kilomeiter lange Heimreise von Pagny-sur-Moselle in den Westerwald auf dem Fahrrad an. Auf dem ersten Teilstück wurde sie von französischen Freunden begleitet.
Nadja Hoffmann-Heidrich

Ein herausragender Meilenstein in der Geschichte der Partnerschaft war 2018 der viel beachtete Lauf für den Frieden (La course pour la Paix), mit dem Bad Marienberg und Pagny-sur-Moselle gemeinschaftlich an das Ende des Ersten Weltkrieges 100 Jahre zuvor erinnerten. Als Appell für den Frieden organisierten die beiden Partnergemeinden damals eine Art Staffellauf über die 306 trennenden Kilometer, der in Etappen von zahlreichen Personen laufend, walkend oder Fahrrad fahrend gemeistert wurde und mit einem großen Fest in Frankreich endete. Eine der Teilnehmerinnen vor sieben Jahren war Katja Kranz-Noll, die nach dem jüngsten Treffen den Rückweg in den Westerwald mit dem Rad antrat. Ein Stück des Weges wurde sie von einigen französischen Sportbegeisterten begleitet.

Sportlich geht’s in der Beziehung weiter

Nach dem Treffen ist vor dem Treffen: Die nächste Begegnung zwischen Bad Marienberg und Pagny-sur-Moselle steht bereits fest, wie der stellvertretende Vorsitzende des Partnerschaftsausschusses auf deutscher Seite, Heinz Cappel, mitteilt. Und zwar wird eine französische Delegation am Firmenlauf der Sparkasse Westerwald-Sieg am 29. August in Bad Marienberg teilnehmen. Im Gegenzug werden einige Marmer Sportbegeisterte am 21. September beim Course des Vendages (einem Volkslauf zur Weinlese) in Pagny am Start sein. nh

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