Finanzielle Beteiligung?
Bad Marienberg vertagt Beschluss zu Gesundheitszentrum
In Westerburg ist ein Gesundheitszentrum mit mehreren Facharztpraxen geplant. Ob und inwieweit sich die umliegenden Kommunen finanziell an dem Projekt beteiligen, wird derzeit in verschiedenen Gremien diskutiert - unter anderem im Verbandsgemeinderat Bad Marienberg.
Patrick Seeger. picture alliance/dpa

Die Suche nach einem Facharzt kann im ländlichen Raum zu einer Odyssee werden. Dem Versorgungsmangel soll künftig mit einem Gesundheitszentrum in Westerburg entgegengewirkt werden, das jetzt auch Thema im Verbandsgemeinderat Bad Marienberg war.

Unerwartet hat die Verbandsgemeinde (VG) Bad Marienberg vor einigen Monaten vom Land Fördermittel aus dem Regionalen Zukunftsprogrammm in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro in Aussicht gestellt bekommen. Zwei Millionen Euro davon sollen in die 17 Ortsgemeinden und die Stadt fließen, 100.000 Euro den heimischen Vereinen zugutekommen. Mit der bei der VG verbleibenden Million könnte das Projekt Gesundheitszentrum Wäller Land in Westerburg unterstützt werden, dessen Realisierung Bad Marienberg zusammen mit den Nachbargemeinden Rennerod und Westerburg schon länger anstrebt. Die finanzielle Beteiligung Bad Marienbergs daran war jetzt Gegenstand einer Sondersitzung des VG-Rates. Das Publikumsinteresse war groß.

Treibende Kraft des Gesundheitszentrums ist der niedergelassene Hausarzt Dennis Ferdinand, der dem Bad Marienberger Rat das Projekt gemeinsam mit dem Westerburger Bürgermeister Markus Hof vorstellte. Einiges ist bereits geplant, eine Vielzahl von Fachärzten, die sich in dem Zentrum ansiedeln würden, konnte Ferdinand in den vergangenen drei Jahren bereits gewinnen. Die Namen stünden fest. Die Politik hat lange mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) darum gerungen, dass bestimmte Niederlassungen möglich sind, auch wenn dazu für Westerburg rein statistisch betrachtet kein Bedarf besteht. Die Realität, so Ferdinand, weiche jedoch – insbesondere für Kassenpatienten – oftmals stark von der Bedarfsplanung ab, wie er anhand seiner eigenen Kinder schilderte, für die er keinen Pädiater finde.

„Die Kassenärztliche Vereinigung berechnet freie Arztplätze nach einem für Normalbürger unbekannten Rechenschema.“
Kai Müller, CDU-Fraktionssprecher im Verbandsgemeinderat Bad Marienberg

Letztlich kam den drei Verbandsgemeinden eine Anordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium zu Hilfe, die es ihnen erlaubt, ein Hintertürchen zu nutzen, weil mit dem Zentrum nicht nur eine einzelne Kommune, sondern eine Großregion mit rund 60.000 Menschen medizinisch besser versorgt werden soll. Dazu, so Ferdinand, soll keine regionale Verschiebung von Ärzten stattfinden, sondern es sollen tatsächlich neue Plätze zur Versorgung entstehen. Ferdinand zufolge handelt es sich bei den interessierten Medizinern zum einen um angestellte Klinikärzte aus Hachenburg, Dernbach und Montabaur sowie zum anderen um Praxisärzte aus dem hessischen Grenzbereich, die weitere Mediziner anstellen und dazu neue Sitze auf sich anmelden würden.

Mit dem Geld, das die Kommunen investieren würden, würden sie Anteile an dem zu errichtenden Gebäude erwerben, wodurch die Mieten für die Arztpraxen gesenkt werden könnten. Der Gemeindeanteil muss mindestens 25 Prozent betragen, damit hätten die Kommunen volle Mitbestimmung über die Gestaltung der Immobilie. Es gehe nicht darum, dass jemand mit Steuergeld mehr Gewinn erziele, machte Markus Hof deutlich. Zugleich betonte er, dass das Vorhaben ohne eine Mitfinanzierung durch die Kommunen nicht umsetzbar sei. Hofs Bad Marienberger Amtskollege Andreas Heidrich fügte hinzu, dass durch das Gesundheitszentrum ein Mehrwert für die ganze Region entstehe, weshalb man hierbei über Gemeinde- und Parteigrenzen hinweg denken müsse.

„Durch das Gesundheitszentrum würde ein Mehrwert für die ganze Region entstehen, weshalb man hierbei über Gemeinde- und Parteigrenzen hinweg denken muss.“
Andreas Heidrich, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Marienberg

Im Rat kam ebenso die Frage auf, warum neben den Arztpraxen ergänzende medizinische Dienstleister wie Apotheke, Optiker oder Hörgeräteakustiker in dem Gebäude vorgesehen sind, die nicht förderfähig sind. Laut Dennis Ferdinand sollen dadurch Synergien für die Patienten und kurze Wege geschaffen werden sollen.

Sorge haben die Bad Marienberger Ratsmitglieder davor, dass die Ärzte, die in das Zentrum einziehen, nach einer gewissen Zeit ihre Kassenzulassung zurückgeben und nur noch Privatpatienten behandeln. Dieser Punkt, so Markus Hof, müsse vertraglich geregelt werden: „Wir wollen das ja gerade für die Kassenpatienten machen“, unterstrich er.

Die Ratsmitglieder lobten die Vorarbeit für das Projekt sowie die interkommunale Zusammenarbeit. Dennoch hatten die Kommunalpolitiker noch etliche Fragen. Um die in der Sitzung neu gewonnenen Erkenntnisse in den Fraktionen besprechen zu können, wurde in dieser Woche noch kein Beschluss gefasst. Die Abstimmung soll nun in einer weiteren Sondersitzung Anfang Mai erfolgen.

Was ist mit Rennerod?

In der Vergangenheit haben sich die drei VGs Westerburg, Bad Marienberg und Rennerod gemeinsam für die Realisierung des Gesundheitszentrums Wäller Land eingesetzt. Während Westerburg und Bad Marienberg ihre vom Land in Aussicht gestellten Mittel aus dem Regionalen Zukunftsprogramm (RNZ) in das Vorhaben investieren könnten, bekommt Rennerod als wohlhabendere Gemeinde diese unerwartete Förderung aus Mainz nicht. Der Verbandsgemeinderat Westerburg hat bereits beschlossen, 600.000 Euro aus dem regulären Haushalt für den Kauf des Grundstücks sowie 2 Millionen Euro aus dem Landesprogramm in das Zentrum investieren zu wollen. Bad Marienberg berät aktuell darüber, 1 Million aus dem RNZ in das Projekt zu stecken. Im Marmer VG-Rat kam nun die Frage auf, warum man nichts aus Rennerod über eine finanzielle Beteiligung höre. Die Bürgermeister Markus Hof (Westerburg) und Andreas Heidrich (Bad Marienberg) erklärten, dass es nicht ihre Aufgabe sei, über andere Gemeinden zu philosophieren. nh

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