Als der Staatsanwalt die Anklage verliest, wird es im Saal trotz sommerlicher Temperaturen eiskalt. Der Beschuldigte habe nicht nur Kinderpornos besessen, sondern habe sogar einer WhatsApp-Gruppe angehört, in der Pädophile regelmäßig Bilder austauschten. Zudem seien auf einer Dropbox auf seinem PC und Handy, einem digitalen Medium zum Sammeln von Dateien und Bildern, mehrere Kinderpornos und Bilder bei einer Hausdurchsuchung von der Polizei gefunden worden. Diese Fotos und Videos zeigten fast ausschließlich homosexuelle Handlungen an Kindern unter 14 Jahren.
Der sehr schüchtern wirkende Angeklagte sprach auffallend leise über seine Lebensgeschichte. Er habe in seiner Kindheit einige gleichaltrige Freunde gehabt. Allerdings wollten diese irgendwann keinen Kontakt mehr zu ihm. In der Schule sei er auch überwiegend Einzelgänger gewesen, obwohl er stets nach Anschluss gesucht habe. Laut seiner eigenen Aussage hat er sich schon früh für kleine Jungen interessiert. Aber nicht, weil er sich an deren Anblick ergötzen wollte, sondern weil er hoffte, in der genannten WhatsApp-Gruppe Freunde zu finden.
Sogar sein Erbe habe er für diese „Freundschaften“ ausgegeben. Während er den Bekannten Geld für Smartphones und Laptops gab, schickten diese ihm im Gegenzug Kinderpornos zu, im Glauben, dass er ihr Interesse teile. Da er ansonsten keine Freunde hatte, hielt er den Kontakt aufrecht. Dabei habe er nicht gemerkt, dass die Leute ihn ausnutzten.
Bereits vor einigen Jahren kam es zu einer Anklage, die letztlich nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurde. Die Pflichtverteidigerin des jungen Mannes sagt: „Er hat einfach seinen Platz in der Gesellschaft nicht gefunden.“ Bereits seit zwei Jahren gehe der 24-Jährige zu Beratungsgesprächen, die der Therapie seiner pädophilen Neigungen dienten.
Letztlich fiel den Juristen jedoch auf, dass der Beschuldigte einige Taten im jungen Erwachsenenalter beging. Somit sei nicht das Schöffengericht um Richter Ingo Buss für den Fall zuständig, sondern der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts, Dr. Orlik Frank. Die Verhandlung soll – sofern terminlich möglich – in den kommenden Monaten beim Jugendschöffengericht neu angesetzt werden.