Zahl der Freiwilligen gesunken
Auch im Westerwaldkreis werden Betreuer gesucht
Vertreter der Betreuungsvereine und der Betreuungsbehörde im Westerwaldkreis stellen bei einem Treffen in Westerburg ihr Jahresprogramm vor.
Thorsten Ferdinand

Wenn Menschen aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können, brauchen sie die Hilfe eines Betreuers. Meist übernehmen diese Aufgabe Familienangehörige oder Ehrenamtler, doch die Bereitschaft sinkt. 

Demenz, Altersgebrechen, körperliche und geistige Behinderungen oder auch psychische Erkrankungen – es gibt unterschiedliche Gründe dafür, warum Menschen Unterstützung bei der Regelung ihrer alltäglichen Angelegenheiten benötigen. Auch im Westerwaldkreis stehen rund 2500 Personen unter gesetzlicher Betreuung, wie es offiziell heißt. Diese Zahl ist seit Jahren relativ konstant. Rückläufig ist dagegen die Anzahl der ehrenamtlichen Betreuer, die sich außerhalb der eigenen Familie engagieren – eine Entwicklung, die der Betreuungsbehörde und den Betreuungsvereinen im Westerwaldkreis Sorge bereitet.

Wie Timo Schattner von der Betreuungsbehörde des Westerwaldkreises berichtet, sind die bereits geschulten Ehrenamtler in der Regel ausgelastet. Der Bedarf an Betreuern ist allerdings weiterhin hoch: Vor allem bei jungen Menschen haben psychische Erkrankungen zuletzt spürbar zugenommen – und nicht jeder Betroffene hat Familienmitglieder, die in der Nähe wohnen und sich eine Betreuung zutrauen. Manchmal besteht auch kein Kontakt zu den nächsten Angehörigen.

Der Mangel an ehrenamtlichen Betreuern wird teilweise durch Berufsbetreuer aufgefangen, aber auch hier sind die personellen Kapazitäten begrenzt. Die ehrenamtliche Betreuung soll zudem weiterhin Vorrang haben, wo immer dies möglich ist. So will es der Gesetzgeber.

Viele Menschen regeln vorab, wer sie vertreten soll, wenn sie Entscheidungen nicht mehr selbst treffen können.
Roland Weihrauch. picture alliance / Roland Weihra

Dass nur relativ wenige Menschen eine ehrenamtliche Betreuung übernehmen wollen, hat auch mit Vorurteilen zu tun, berichten die Vertreter der Betreuungsvereine. Viele denken bei dem Thema immer noch an Entmündigungen, wie sie bis Anfang der 90er-Jahre möglich waren. Dabei versteht sich das moderne Betreuungsrecht längst als Hilfe zur Selbsthilfe: Die Betroffenen sollen weiterhin so viel selbst regeln, wie sie sich zutrauen, erklären die Experten. Der Betreuer unterstützt nur dort, wo es gewünscht und notwendig ist.

Ein neues Gesetz hat die Rolle der Betreuten im Jahr 2023 nochmals gestärkt: Während die Entscheidungen zuvor stets am objektiven Wohl des Betreuten auszurichten waren, steht nun der Wunsch des Betroffenen im Mittelpunkt. Dieser ist zu berücksichtigen, solange er nicht zu einer Selbstgefährdung führt.

Betreuer, die sich unsicher sind, können sich jederzeit an die Fachleute der Betreuungsvereine wenden und sich beraten lassen. Dies sind der Betreuungsverein der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Wirges, der Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn in Montabaur, der Betreuungsverein der Diakonie in Westerburg und der Betreuungsverein Westerwald in Hachenburg. Die Vertreter dieses Netzwerkes und die Betreuungsbehörde des Kreises treffen sich mehrmals im Jahr zum Erfahrungsaustausch und besprechen dann auch schwierige Fälle. „Das funktioniert bei uns im Westerwaldkreis sehr gut“, lobt Schattner.

Grundsätzlich gilt, dass eine gesetzliche Betreuung nur bestellt werden soll, wenn mildere Mittel nicht ausreichen. Viele Westerwälder haben bereits mit einer sogenannten Vorsorgevollmacht geregelt, wer sie vertreten soll, wenn sie selbst keine Entscheidungen treffen können. Liegt eine solche Vorsorgevollmacht vor, muss in der Regel kein gesetzlicher Betreuer per Gerichtsbeschluss bestellt werden. Die Betreuungsbehörde des Westerwaldkreises beglaubigt jährlich rund 250 Vorsorgevollmachten. Auch Notare übernehmen diese Aufgabe.

Geregelt werden oft Fragen der Gesundheitsvorsorge und der Vermögensverwaltung. Hilfestellungen benötigen viele Menschen aber auch beim Schriftverkehr mit Behörden sowie Kranken- und Pflegekassen. Erfahrungen in diesem Bereich sind hilfreich, wenn man sich für eine ehrenamtliche Betreuung interessiert. Bei der Kommunikation mit einem Gericht zum Beispiel haben Menschen ohne entsprechende Vorkenntnisse oft Schwierigkeiten.

Die gesetzliche Betreuung kann also durchaus anspruchsvoll sein – deshalb sind Fortbildungen zum Thema wichtig. Die Arbeitsgemeinschaft bietet solche Kurse regelmäßig an. „Es kann aber auch eine sehr schöne Aufgabe sein, weil man etwas Sinnvolles tut und Menschen hilft“, so die Fachleute.

Jahresprogramm umfasst Fortbildungen und Vorträge

Die Arbeitsgemeinschaft der Betreuungsbehörde und der Betreuungsvereine des Westerwaldkreises bietet zweimal jährlich einen Betreuerkurs an, der jeweils sechs Abende umfasst. Der erste Kurs beginnt bereits am Montag, 24. Februar, um 18 Uhr in den Räumen der Diakonie in Westerburg. Nach einer Pause am Rosenmontag läuft die Fortbildung bis 7. April und endet mit einem Zertifikatsabschluss. Anmeldungen sind noch bis 21. Februar an die E-Mail info@betreuung-ww.de oder an uwe.sauer@betreuungsverein-westerwald.de möglich. Der zweite Kurs in den Räumen der Montabaurer Caritas beginnt am Mittwoch, 29. Oktober, um 18 Uhr und läuft bis 3. Dezember. Anmeldung in diesem Fall per E-Mail an awo@awo-westerwald-betreuung.de oder an elke.schaefer-krueger@cv-ww-rl.de. Neben diesen Fortbildungsreihen stehen auch Vorträge zu rechtlichen Fragen rund um das Thema Betreuung auf dem Jahresprogramm. Über Termine und Inhalte informieren die Betreuungsvereine im Westerwaldkreis und die Betreuungsbehörde. tfe

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