Bagirov stammt selbst aus der Ukraine und ist durch private Kontakte gut über die speziellen Probleme und Herausforderungen in dem Kriegsgebiet informiert. Zunächst plante er, in Butscha ein Krankenhaus einzurichten, doch „viele Gebiete sind noch vermint“, erfuhr er und beschränkte sich zunächst darauf, in Zusammenarbeit mit dem Verbandsgemeindebürgermeister Spenden für die Region um Butscha zu sammeln.
Der Hautarzt und plastische Chirurg ist mittlerweile überzeugt, dass mit einem mobilen Operationssaal am besten geholfen werden kann: „Nach einem Bombenangriff dürfen die Ärzte nicht gleich zu den Verwundeten hinaus, weil es zu gefährlich ist. Und dann müssen die Verletzten gefunden, erreicht und zum Krankenhaus transportiert werden. So warten Opfer von Bombenangriffen zu lang auf Hilfe. Eine Blutung zu stoppen, dauert nur zehn Minuten – aber die Verletzten warten teils zehn Stunden auf diese Versorgung“, schildert Bagirov die dramatischen Zustände im Kriegsgebiet.
OP fährt direkt zum Patienten
Seine Lösung: Der OP fährt direkt zum Patienten. „Damit entfällt die Fahrtzeit zum Krankenhaus.“ Außerdem habe er Kontakt zu mehreren US-amerikanischen Ärzten, die bereits in der Ukraine seien und angeboten hätten, in der rollenden Klinik Dienst zu tun. Michael Merz hatte sich indes mit Mitarbeitern des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Verbindung gesetzt, um Mechaniker aus dem Land zu rekrutieren, die beim Umbau helfen und den Bus anschließend in die Ostukraine fahren können. Fünf Techniker werden insgesamt erwartet.
Die Vorbereitungen für den Umbau des Linienbusses zu einem fahrenden Krankenhaus sind derweil bereits im Gange. Irina Bagirov, die Frau des Mediziners, vermisst mit dem Lasergerät akribisch das Fahrzeuginnere. „Wir werden auch die Geräte, die eingebaut werden sollen, vermessen und dann ein dreidimensionales Modell nutzen, um die Platzierung genau zu planen“, erklärt Vitali Bagirov. So können die Techniker die notwendigen Apparaturen genau in den Bus einpassen. Neben einem Operationstisch, einem EKG- und einem Ultraschallgerät und einem Sterilisator soll auch ein Labor eingerichtet werden. Infektionen sind laut Bagirov für die Opfer des Kriegsgeschehens besonders gefährlich. Ein Beatmungsgerät hingegen sei nicht nötig, erklärt der Mediziner.
Flüchtlingshilfe Kannenbäckerland im Einsatz
Einen Stromanschluss habe der Bus, ein Wechselrichter samt Verkabelung für den Anschluss medizinischer Geräte werde gespendet. „Und die Jungs überlegen, ob sie noch Solarzellen aufs Dach packen“, sagt der Mediziner mit einem dankbaren Blick zu den Mitgliedern der Flüchtlingshilfe Kannenbäckerland, die den Bus in Augenschein nehmen. Kaum äußert er ein Anliegen, haben schon mehrere Leute ihr Telefon am Ohr und aktivieren ihre Kontakte, um die Ausstattung des fahrbaren Krankenhauses zu komplettieren. „Wer nicht schrauben kann, ruft Firmen an und versucht, Ausrüstung zu erbetteln“, schildert Vitali Bagirov. Benötigt werden nach seiner Auskunft vor allem Überwachungsgeräte und -monitore, Perfusoren und Verbandsmaterialien.
Der Bus soll medizinisch unterversorgte Orte anfahren: „Nach einem Angriff kann der Bus sofort in eine Intensivabteilung für Notoperationen umgewandelt werden“, erklärt der Arzt. So könne man Verwundete zuerst stabilisieren und dann evakuieren. Durch die Verkürzung von Evakuierungswegen bis zu dieser ersten Station, viel frühere Stabilisierung des Patienten und weiteren Abtransport auch mit einem zusätzlichen Omnibus „erwarten wir eine signifikant höhere Überlebensrate“, hofft Bagirov auf wirksame Hilfe für die Ukraine.
Bei der VG Ransbach-Baumbach ist ein Spendenkonto eingerichtet. Die Bankverbindung findet sich bei Bürgermeister Michael Merz auf Facebook und Instagram.