Sie leben und arbeiten schon sehr viele Jahre in Höhr-Grenzhausen?
Ja, richtig. Ich lebe seit 1980 im Westerwald. Offiziell mit der Werkstatt angefangen habe ich 1995.
Was hat Sie dazu bewegt, hierher zu kommen und schließlich hier zu bleiben?
Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass ich hier bleibe. Ich komme aus Würzburg, einer sehr schönen Stadt, und war ziemlich sicher, dass ich dahin wieder zurückgehe. In Höhr-Grenzhausen wurde ich bei meinem ersten Studium dann zum Keramikingenieur ausgebildet.
Was ja auch besonders ist, vom Ingenieur zur handwerklichen Keramik zu kommen.
Ja, tatsächlich, das war so nicht geplant. Aber da muss man auch dazu wissen, wie ich überhaupt zum Ingenieur gekommen bin. Ich wollte eigentlich Biologie studieren, aber mein Notendurchschnitt, hätte da nicht gereicht. Also Biologie kam erst einmal nicht infrage. Für Gartenbau oder Landschaftspflege sah die Situation ähnlich aus. Durch Zufall stieß ich auf die Keramik. Keramik klang vom Wort her schon mal interessant. Dann habe ich mich dort direkt beworben und tatsächlich war es erst einmal die einzige Einladung. Ich war überrascht, dass das Studium nicht direkt in Koblenz war, sondern man noch einmal knapp 20 Kilometer durch den Wald fahren musste. Ich fand die Gegend aber ganz schön und dachte, einschreiben kannst du dich ja schon mal, du kannst dich ja wieder austragen.
Zur Sicherheit habe ich mir schon mal ein kleines Zimmerchen genommen, und tatsächlich begann ich dann im Oktober in Höhr-Grenzhausen mein Studium. Prompt bekam ich einen Monat später, weil in Bayern das Studium um einen Monat versetzt losging, über das Losverfahren einen Platz für Biologie. Es war eine schwere Entscheidung, eine Woche ging es hin und her: Mache ich dies, mache ich das? Ich habe mich dann zum Glück für das Bleiben entschieden und bin bis heute sehr zufrieden, die Wahl so getroffen zu haben. Das Studium war eher technischer Natur und bildete zum Keramik-Ingenieur aus. Besonders interessierte mich die Arbeit im Labor, etwa die Entwicklung von Massen und Glasuren; auch bei der Biologie hätte mich besonders die Laborarbeit und Entwicklung interessiert.
Aber natürlich interessierte ich mich von Anfang an auch für das Arbeiten mit Ton; und hier besonders das Arbeiten an der Töpferscheibe. Ich beantragte direkt, als Gastschüler, auch in die Drehwerkstatt gehen zu können, und das konnte ich dann auch von Beginn an. Die Ingenieursschule und die Gestalterschule waren damals noch in einem Gebäude. Die dortigen damaligen Studenten, wie Thomas Naethe, Uli Witzmann und andere gaben mir die ersten Tipps. Das Drehen hat mich ziemlich begeistert. Dann hatte ich noch einen Freund in Hilgert, der eine Scheibe hatte, wo ich das Drehen üben konnte. Irgendwann habe ich dann einen Praktikumsplatz bei Helmut Müller bekommen. Erst ging es nur darum, Formen auszuformen, später durfte ich auch Drehen lernen. Anfangs war er etwas skeptisch, aber schließlich war er so begeistert davon, dass sich ein Ingenieur für Töpfern an der Drehscheibe interessierte.
Das ist ja schon ein seltener Werdegang, die meisten kommen eher aus dem Handwerk.
Ja genau, normalerweise ist es eher umgedreht. Ich kenne ein paar Leute, die zuerst die Lehre und dann ihren Ingenieur gemacht haben. Auf alle Fälle hatte sich mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis mit Helmut Müller aufgebaut. Ich bekam einen Schlüssel, sodass ich fast jeden Abend circa eine Stunde üben konnte. Hinterher habe ich mich dann mit den Kommilitonen getroffen. Hätte ich damals geahnt, was das für ein weiter Weg ist, Drehen zu lernen, hätte ich damals vielleicht resigniert.
Im Übrigen macht die Tatsache, dass man in der Keramik nie auslernt und immer wieder neue Herausforderungen kommen, den Beruf sehr reizvoll. Man hat immer wieder Möglichkeiten, neue Schwerpunkte zu setzen. Nach dem Studium konnte ich aber in Höhr-Grenzhausen meinen Zivildienst in der Einzelbetreuung anfangen. Das hieß damals fünf Tage Tag-und-Nacht-Dienst und dann zehn Tage frei. In der freien Zeit konnte ich dann mein Praktikum in der Drehwerkstatt fortsetzen. Auch hatte ich noch den Gastplatz an der Fachschule, wo ich ebenfalls das Drehen üben konnte.
Das heißt, Sie haben alles gleichzeitig gemacht?
Ja, am Anfang war da noch viel Überschneidung: Diplomarbeit, Zivildienst, Drehen üben. Für mich war aber schon ab Mitte des Studiums klar, dass ich nicht als Ingenieur arbeiten wollte. Ich habe dann fertig studiert, um für mich was Fertiges in der Tasche zu haben. Nach der Zivildienstzeit hatte ich genügend externe Lehrjahre zusammen, um mich für die Gesellenprüfung anmelden zu können. Nach der Gesellenprüfung habe ich mich dann für die Fachschule beworben und schließlich die drei Jahre an der Fachschule studiert. Danach dachte ich aber immer noch, ich werde Höhr-Grenzhausen verlassen und wieder nach Würzburg gehen.
Hatte mich dann bei drei verschiedenen Stellen beworben und die interessanteste war dann tatsächlich nicht weit weg von Höhr-Grenzhausen, in Neuwied-Engers. Ich hatte damals die Wohnung schon fast gekündigt, aber zum Glück war mein WG-Platz noch nicht vergeben, und ich konnte dann weiter dort wohnen bleiben.
Und in Engers haben Sie dann als Gestalter gearbeitet?
Ja, als Gestalter. Allerdings mit der Option, dass, wenn der Ingenieur in den Urlaub fährt, ich so ein paar Kontrollen machen müsste, was aber eher selten passierte. Dann kam auch schon der Zeitpunkt, dass ich Hauseigentümer wurde. Ich kaufte das Haus, in dem ich inzwischen schon 15 Jahre gelebt hatte, und baute es um. Dies band mich natürlich noch mehr an den Westerwald. In Engers hatte ich zu arbeiten angefangen, weil ich während des zweiten Studiums (also an der Fachschule), keine Unterstützung mehr bekommen hatte. Es hatte meine kompletten Ersparnisse aufgebraucht, ich brauchte ein gewisses Grundkapital, um eine Werkstatt eröffnen zu können.
Mit einem Kredit wollte ich nicht starten. Das hätte mich nervlich zu stark unter Druck gesetzt, nicht scheitern zu dürfen. In Engers verdiente ich sehr gut, sodass ich pro Monat 1000 bis 1500 D-Mark bequem weglegen konnte. Als Limit hatte ich mir drei bis vier Jahre gesetzt. Nach dreieinhalb Jahren half mir das Schicksal. Die Kündigung seitens Engers spielte mir in die Karten. Das war ein Glücksfall, weil ich inzwischen in einem Stadium war, in dem ich gar nicht genau wusste, ob ich meinen Plan, mich selbstständig zu machen, überhaupt noch umsetzen kann.
Ich wusste nicht, was ich noch kann. Ich hatte dreieinhalb Jahre keine Töpferscheibe und keinen Ton mehr angefasst. Außerdem war das mit dem guten Verdienst auch ein komfortabler Zustand, an den man sich gewöhnen konnte. Die Arbeit hatte mir auch weitestgehend gefallen. Allerdings war ich auch zunehmend weniger selbstbestimmt. Aber das Schicksal spielte zum Glück mit, und es begann die Phase, mich mit einer Keramikwerkstatt selbstständig zu machen.
Sie sind aber nicht schon immer in der Brunnenstraße?
Erst hatte ich im Bahnhof Grenzau meine erste Werkstatt, es war aber noch eine Orientierungsphase. Dort hatten auch noch zwei andere befreundete Keramiker Räume gemietet. Ich war aber nicht lange da. Irgendwann hat mich mein Studienkollege Martin Goerg gefragt, ob ich interessiert wäre, mit meiner Werkstatt in die Brunnenstraße zu ziehen, es wurden dort Räumlichkeiten frei. Es war die Zeit, in der Fritz Roßmann und Martin Goerg die hintere Hälfte der Merkelbach-Manufaktur kauften.
Und dann haben Sie so richtig 100 Prozent auf Werkstatt gesetzt?
Also, ab hier war es dann so richtig volle Kanne. Vorher war noch mehr Testen und Herumprobieren, teilweise auch Praktika in anderen Werkstätten. Dies war wichtig, um meinen Standpunkt zu finden. Herauszufinden, was und wie ich es machen will. Aber ab hier war das dann definitiv die Selbstständigkeit.
Hatten Sie schon ein keramisches Programm erarbeitet, oder ist das erst im Laufe der Jahre entstanden?
Es hat sich im Lauf der Jahre natürlich geändert. Es hat erst einmal ohne Bemalung angefangen und dann …
Sie machen reine Geschirrkeramik, oder?
Ja, das war klar. Auf Einzelstücke zu setzen, war mir einfach zu riskant und ist es heute noch. Ich bin damit ganz zufrieden. Ich habe dann auch meinen Weg gefunden. Bin jetzt auch kein Geschirrkeramiker, der versucht, ein Stück wie das andere zu machen und Großserien hinzulegen, sondern ich versuche, einen Weg dazwischen zu finden. Am wichtigsten war mir, an der Töpferscheibe arbeiten zu können und kreativ bleiben zu können.
Sie haben ein großes keramisches Programm …
Das wächst mit der Zeit, klar. Ist teilweise auch durch den Einfluss der Kunden entstanden, dass ich für sie spezielle Wünsche entwickelt habe und ich hinterher fand, dass sie gut in meine Produktpalette passen.. Das Sortiment hat sich auch deswegen vergrößert, weil ich immer wieder was Neues probiert habe, aber das Alte nicht ganz weglassen wollte.
Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Arbeit?
Da ich ja Geschirr mache, muss das natürlich auch gut benutzbar sein, eine hohe Qualität haben, und auch den Qualitätsansprüchen genügen. Die Überlegung war dann, wo will ich damit hin, in welche Richtung? Gleichförmigkeit war nie das Ziel. Wenn ich in Serie produziere, dann eine kleine Serie, und dann müssen die Teile hauptsächlich von der Formgebung und ästhetisch funktional zusammenpassen, aber sie dürfen und sollen sich voneinander unterscheiden.
Dann dürfen Spuren von Fingern oder Eindrücke bleiben, die ich dann im Laufe der Zeit sogar bewusst hineingemacht habe, um jedem Stück seinen eigenen Touch zu geben. Das ist gerade das Schöne an der Keramik. Keramik ist ein plastisches Material, da dürfen Rillen und Spuren zu sehen sein, die zeigen, dass man Berührungen verewigen kann. Ich will nichts, was aussieht wie Plastik. Ich will ein keramisches Material, das seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter hat.
Hat das auch damit zu tun, dass Ihre Keramik eher archaisch wirkt? Sie erinnert ein bisschen an Höhlenmalerei oder Felsritzungen.
Das ist richtig, es hat sich so entwickelt. Aus dem Material, der Farbe des Tons. Dies ergab eine optimale Kombination mit der Malerei; gerade mit der Höhlenmalerei. Heute interpretiere ich es eher frei. Mein Ton hat auch die Farbe von Saharasand, und da fand ich einfach, dass sich das gut ergänzt. Ich glaube, dass man für sich selbst erkennen muss, was für ein Schaffenstyp man ist, und das sollte in die eigene Keramik einfließen. Ich habe bei der Ausbildung und dem Studium exaktes Arbeiten gelernt und kann das auch. Aber es entspricht nicht meiner Wesensart. Je mehr es einem gelingt, diesen Charakter in die eigene Arbeit einfließen, zu lassen, umso authentischer und ehrlicher ist sie. Und dies ist letztendlich vielleicht der größte Unterschied zu industriell gefertigter Keramik.
Was machen Sie am liebsten? Welcher Arbeitsabschnitt hat für Sie die größte Bedeutung?
Das Drehen, ganz eindeutig, aber auch das Dekorieren.
Und wie setzen Sie die Malerei um?
Mit dem Malhörnchen.
Bei wie viel Grad brennen Sie?
Bei 1240 Grad Celsius, überwiegend im Elektroofen.
Was macht für Sie gute Keramik aus?
Zum einen die Originalität, natürlich auch die Qualität, die Optik und die Authentizität.
Die Fragen stellte das Team von Natur-Kultur-Keramik