Der forensische Psychiater Gerhard Buchholz hatte nicht zum ersten Mal mit dem jungen Mann zu tun. „Ich kannte ihn schon aus einem vorherigen Verfahren wegen versuchten Totschlags“, erklärte Buchholz. 2019 hatte der damals 19-Jährige im Unterwesterwald mit einem Messer mehrfach auf einen anderen Jugendlichen eingestochen und diesen bei dem Angriff lebensgefährlich verletzt.
Nachdem er aus der sogenannten Dauererprobung im Jugendmaßregelvollzug, einer Art reglementierter Beurlaubung, nicht ans Pfalzklinikum Klingenmünster zurückgekehrt war, befand sich der junge Mann auf der Flucht, dabei kam es zu dem Raubüberfall auf die Taxifahrerin. An früheren Aufenthaltsorten, aber auch im benachbarten Ausland und in deutschen Großstädten hatte der Mann gefeiert, getrunken und Drogen genommen – Alkohol und Cannabis hatte er schon im Jugendalter konsumiert.
Der Gutachter hatte sich Berichte über den Angeklagten aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie besorgt und schilderte: Die Mutter habe unter psychischen Problemen gelitten, das Sorgerecht ging schon früh an die Großmutter über. Die gelernte Erzieherin konnte ihn mit Beginn der Pubertät nicht mehr bändigen, ein Erziehungsbeistand wurde hinzugezogen – denn schon auf dem Schulhof hatte der Junge heftig zugeschlagen. Es folgten so viele Aufenthaltswechsel zwischen Großeltern, Erziehungsbeistand, Pflegefamilie, Tante und Jugendhilfe, dass es „nicht verwundere“, dass sie sich weder anhand von Unterlagen noch aus der Erinnerung des Angeklagten ganz rekonstruieren ließen, sagte der Gutachter.
Dann beschrieb er den Angeklagten, verschiedenen Kriterienkatalogen folgend, höchst sachlich, aber schonungslos. Er sei überintelligent, habe aber ein gestörtes Sozialverhalten, fasste Buchholz zunächst zusammen. Schon die Probleme mit Mitschülern und Lehrern hätten gezeigt, dass es ihm an Impulskontrolle mangele: „Es haben sich dissoziale Verhaltensbereitschaften entwickelt“, so der Gutachter.
Kriterien wie Aggressionsdurchbrüche und Gewaltbereitschaft seien „übererfüllt“. Eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sei in allen Punkten zu bestätigen, unter anderem sein „herzloses Unbeteiligtsein gegenüber anderen Menschen“, die sehr geringe Frustrationstoleranz und der Hang zur Gewalttätigkeit.
In den USA werde dies antisoziale Persönlichkeitsstörung genannt, erklärte der Gutachter, die etwa „tief greifende Muster der Verachtung und Verletzung anderer“ aufweise. Durchgehende Verantwortungslosigkeit und nur oberflächliche Scham seien beim Angeklagten gepaart mit übersteigertem Selbstbewusstsein und krimineller Vielseitigkeit – aber auch mit sprachlicher Gewandtheit: „Es waren angenehme Gespräche“, attestierte Buchholz dem Angeklagten trotz allem ein durchaus gewinnendes Wesen.
Hinsichtlich seiner Persönlichkeitsstörung sei der junge Mann uneinsichtig: „Da liegt der Therapiebedarf“, sagte der Gutachter, der dem Angeklagten eine „sehr negative Prognose“ ausstellte – wegen der Delikthäufungen, aber auch, weil er „immer wieder die gleichen sozialen Konfliktsituationen“ erlebe und sein eigenes Verhalten bagatellisiere. Es sei „eine massive therapeutische Intervention erforderlich“, schloss Buchholz seine Einschätzung.
Der Prozess wird am Montag, 21. Oktober, um 9 Uhr am Landgericht Koblenz fortgesetzt.