Gründer sind drei Generationen der Familie Pusch
Alternative Senioren-WG: Stiftung soll „Idee Pflegebauernhof“ in die Welt tragen
Gabriele Pusch mit Sohn Guido und Enkel Simon vor dem Alpakastall ihres Hofes in Marienrachdorf: Die drei Generationen haben gemeinsam die „Stiftung Pusch – Pflegebauernhof“ gegründet, weil sie von dem Konzept der Senioren-Hof-WG und seiner Zukunftsfähigkeit überzeugt sind. Fotos: Katrin Maue-Klaeser
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Marienrachdorf. Das Interesse an der Senioren-WG auf einem traditionsreichen Marienrachdorfer Bauernhof reißt nicht ab. Guido Pusch, dessen Familie den Hof inzwischen seit 250 Jahren bewirtschaftet, freut sich, dass sein Konzept nach inzwischen knapp elf Jahren die Aufmerksamkeit von Senioren und Landwirten ebenso gewonnen hat wie die von Pflegepersonal und -leitungen sowie Wissenschaftlern. Doch durch Hunderte von Anfragen nach Besichtigungen und Präsentationen kommt ihm die eigentliche Arbeit auf dem Hof und mit den Senioren zu kurz. Die Lösung: Zusammen mit seiner Mutter und seinem Sohn hat Guido Pusch nun eine Stiftung gegründet, deren Zweck die Vertiefung, Erforschung und Verbreitung des Konzepts Pflegebauernhof ist.

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Die Frage, warum die Familie dazu die Form einer Stiftung gewählt hat, beantwortet Pusch so: „Ich halte dies für eine gesellschaftliche Aufgabe, und das große Interesse, sowohl was Wohnanfragen angeht als auch von möglichen Betreibern und aus der gesellschaftswissenschaftlichen Forschung, bestärkt mich in dieser Wahrnehmung. Als gesellschaftliche Aufgabe sollte die Gesellschaft auch die Finanzierung von Entwicklung und Förderung des Konzepts übernehmen“, sagt er. Er fände es falsch, wenn er – und damit indirekt die jetzigen Bewohner der bestehenden Senioren-WG – diese Aufgaben bezahlen müssten. Und dass dabei Kosten anfallen, ist für Pusch unabwendbar.

„Ich kann auf Dauer nicht beides leisten: meine Arbeit auf dem Hof mit den Bewohnern und die Beantwortung der vielen An- und Nachfragen“, sagt Pusch. Entweder muss er jemanden einstellen, der ihn auf dem Hof vertritt, oder er braucht jemanden, der die Anfragen aus aller Welt vorsortiert und zumindest teilweise beantwortet. So stellt die Stiftung als ersten Mitarbeiter jemanden ein, der für Anfragen zuständig ist, kündigt Pusch an. Er erläutert: „Das Stiftungsvermögen haben meine Mutter, mein Sohn und ich eingelegt, aber das muss unberührt bleiben. Alle laufenden Ausgaben müssen aus Spenden und Zustiftungen gedeckt werden.“

Mutter Gabriele Pusch ist mit ihren 69 Jahren als ausgebildete Krankenschwester aktiver Teil der Hofgemeinschaft. Bei Besuchern einen Covid-Schnelltest vorzunehmen, fällt ihr ebenso leicht wie mit den Seniorinnen Marmelade zu kochen. „Ich freue mich, wenn mein Erbe fortgeführt wird“, sagt sie auf die Frage, was sie bewogen hat, die Stiftung mitzubegründen.

Nicht zuletzt plant Familie Pusch den Bau eines neuen Pflegebauernhofs am Ortsrand von Marienrachdorf. „Dort soll aber noch viel mehr entstehen: Schulungsräume für Aus- und Weiterbildung sowie Seminare und Gastronomie, damit Besucher sich mit ihren Angehörigen treffen oder für Lehrgänge einquartieren können“, schmiedet Pusch großformatige Zukunftspläne. Sein Wunsch, das Konzept des betreuten Wohnens als natürliches Leben auf dem Bauernhof mit Tieren – den eigenen, die je nach Platzangebot mitgebracht werden können, oder den Hoftieren wie Schweinen, Gänsen, Alpakas und Rindern – in die Welt zu tragen und im Erfahrungsaustausch und der wissenschaftlichen Begleitung weiterzuentwickeln, ist dabei getragen von der Fürsorge für Senioren einerseits, aber auch von seinem Verständnis kleiner Bauernhöfe als erhaltenswertes Kulturgut.

„Kleine Betriebe wie unserer, der seit vielen Generationen im Familienbesitz ist, können nur als Nebenerwerbslandwirtschaft bestehen – und das nur so lange, wie jemand bereit ist, diese Arbeit neben seinem Hauptberuf zu tun“, weiß er. Die Kombination mit dem Wohnen und der Pflege von Senioren eröffnet dann einerseits den Älteren eine Option, mit sinnstiftender Arbeit ganz nach ihren Fähigkeiten und Pflegeangeboten entsprechend ihren Bedürfnissen zu altern und in dieser Umgebung auch zu sterben. Denn in der Gemeinschaft bis zum Ende bleiben zu können, war stets wichtiges Ziel der Konzeption. So hat Pusch vor rund zwei Jahren einen eigenen Pflegedienst in der WG ins Leben gerufen, in dem auch Pflegefachkräfte ausgebildet werden. Auch Puschs Tochter möchte dort die Ausbildung beginnen, während Sohn Simon in die handwerklichen Fußstapfen des Vaters tritt.

Andererseits können Landwirte sich dem wirtschaftlichen Druck entziehen, mit Großbetrieben konkurrieren zu müssen, ohne ihren Betrieb gleich ganz aufzugeben. Die Stiftung richtet sich neben interessierten Bauernhöfen an Wohninteressenten, Pflege- und Betreuungskräfte, Politik und Verwaltungen, Förderer und Unterstützer sowie die Wissenschaft.

Die Internetseite der Stiftung wird heute freigeschaltet unter www.stiftung-pflegebauernhof.de

Von unserer Redakteurin Katrin Maue-Klaeser

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