In die Jahre gekommen
Alte Schule Atzelgift ist ein baufälliger Schatz
Lange Jahre war die Alte Schule in Atzelgift im Dornröschenschlaf. Nun soll das baufällige, aber architektonisch wertvolle Kleinod zu neuem Leben erweckt werden. Die Gemeinde hat das Gebäude gekauft und überlegt nun, wie sie es sanieren und künftig nutzen kann.
Röder-Moldenhauer

Wie geht es weiter mit der Alten Schule im Ortskern von Atzelgift, die seit Jahren immer mehr verfällt? Erste Ideen dazu wurden jetzt von mehr als 100 Bürgern in einer Einwohnerversammlung gesammelt.

Ein bisschen erinnert die Alte Schule in Atzelgift an das Schloss im Märchen „Dornröschen“: Seit Jahren schon schlummert das baufällige, leer stehende Gebäude an der Marienstätter Straße vor sich hin, lange Zeit war das Grundstück dicht zugewachsen und wurde erst kürzlich grob freigeräumt. Dadurch wurde die Sicht auf ein Objekt geweitet, dessen Schönheit man vielleicht erst auf den zweiten Blick erkennt. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, das Haus zu erwerben. Erste Ideen für eine künftige Nutzung wurden kürzlich in einer Einwohnerversammlung gesammelt.

Über die Bedeutung des Gebäudes unter dem Aspekt der „Heimatschutz-Architektur“ informierte zunächst Hachenburgs Stadtarchivar Jens Friedhoff die mehr als 100 Anwesenden. Denn trotz des „besorgniserregenden Erhaltungszustands“ und des „fortschreitenden Verfalls“ handele es sich bei der Alten Schule zweifellos um ein reizvolles, das Ortsbild prägendes Baudenkmal, das allerdings in seiner jetzigen Form von vielen als Schandfleck wahrgenommen werde. Doch mit dem Kauf habe der Gemeinderat nun ein Signal gesetzt: den Wunsch, das für die Geschichte des Ortes, die Identifikation mit der Vergangenheit sowie für die Architekturgeschichte der Region bedeutsame Gebäude zu erhalten.

Die Referenten der Atzelgifter Einwohnerversammlung: (von rechts) Ortsbürgermeister Matthias Schneider, Hachenburgs Stadtarchivar Jens Friedhoff, Cathrin Horn-Schmidt vom Bauamt der Verbandsgemeinde Hachenburg sowie Archiekt Ingo Schneider aus Hachenburg.
Röder-Moldenhauer

Aus der Sicht des Archivars und Kunsthistorikers präsentiert sich die Alte Schule als ein dringend erhaltenswertes „Kleinod“, das sich durch bemerkenswerte Details auszeichne: die Bemalung des beide Etagen trennenden Frieses und der Fenster- und Türgewände sowie das die Fassade bestimmende Zwerchhaus mit dem imposanten Glockentürmchen, dessen Spitze eine schmiedeeiserne Wetterfahne mit der Jahreszahl 1922 einnimmt. Grundriss und Raumprogramm mit Keller, Schul- und Gemeinderäumen im Erdgeschoss sowie der Lehrerwohnung im Obergeschoss entsprechen der „Norm“ der nach 1900 entstandenen Heimatschutz-Architektur.

Die Architektur der 1922 auf einem rund 3300 Quadratmeter großen Grundstück errichteten Alten Schule stehe für eine Aufbruchstimmung. Dass der Weg der Sanierung und hin zu einer neuen Nutzung weit und steinig wird, ist Jens Friedhoff bewusst, „aber die Erkenntnis, dass mit einem Abbruch des Gebäudes ein lebendiges Stück der Geschichte für immer verschwindet, ist weit schmerzvoller“, sagte er. Aus seiner Perspektive ist übrigens auch die Diskussion um eine Nutzung des Gebäudes für ein noch zu schaffendes Verbandsgemeindearchiv vorstellbar.

Schulbetrieb wurde 1984 eingestellt

Wie lange das Thema Alte Schule die Gemeinde Atzelgift schon umtreibt, macht Ortsbürgermeister Matthias Schneider im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. Bereits seine beiden langjährigen Vorgänger im Amt hätten sich damit auseinandergesetzt. Allerdings seien die Verhandlungen mit den bisherigen Eigentümern nicht einfach gewesen. Der Schulbetrieb wurde 1984 aufgegeben, wie ein alter Kalender in einem Klassenraum bis heute bezeuge. Danach sei die Immobilie als Wohnhaus genutzt worden. Dieser Zweck wurde aber bereits vor Jahren aufgegeben, die Zimmer präsentierten sich in einem schlimmen Zustand und seien total vermüllt.

Einen ersten Einblick von der momentanen Lage konnten die Teilnehmer der Einwohnerversammlung anhand von Fotos gewinnen, die Cathrin Horn-Schmidt von der Bauverwaltung der Verbandsgemeinde Hachenburg zeigte. Nachdem die früheren Besitzer den Kaufpreis vor Jahren zunächst noch mit einer halben Million Euro angesetzt hätten, habe man sich nun auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag geeignet, zu dem der Gemeinderat dann auch mehrheitlich sein Okay gegeben habe, so Schneider.

Das Interesse der Bürger an den aktuellen Themen der Gemeinde Atzelgift war groß. Mehr als 100 Personen nahmen an der Veranstaltung teil.
Röder-Moldenhauer

Die Vorschläge der Einwohner zur künftigen Nutzung reichen von Senioren-WG, über Jugendraum, Appartements und Bäckerei bis hin zu einem Treffpunkt für alle Generationen. Jetzt muss aber erst einmal die Schlüsselübergabe über die Bühne gebracht werden. Anschließend wird es für die Gemeinde in enger Abstimmung mit der Verbandsgemeinde darum gehen, mögliche Fördertöpfe für die Sanierung zu erschließen, erläutert der Ortschef.

Auch das Dorfgemeinschaftshaus ist dringend sanierungsbedürftig

Nicht nur die Alte Schule, sondern auch das Dorfgemeinschaftshaus bereitet der Gemeinde Atzelgift Sorgen. In dem Gebäude müssen das Dach und die Heizung dringend saniert werden, wie Architekt Ingo Schneider (Hachenburg) in der Einwohnerversammlung erläuterte. Doch die Kosten dafür sind enorm: Sie werden auf rund 500.000 Euro geschätzt, weil insbesondere die Dachkonstruktion sehr verwinkelt und speziell ist. Ohne Fördermittel könnte die Gemeinde diese Sanierungen nicht stemmen.

Weitere Themen beschäftigen die Kommune: So soll 2026 die Ortsdurchfahrt in Kooperation mit den Verbandsgemeindewerken ausgebaut werden. Darüber hinaus laufen aktuell Gespräche über die Ansiedlung eines Discounters im Gewerbegebiet. Außerdem plant Atzelgift in Kooperation mit den Nachbargemeinden Luckenbach, Streithausen und Limbach sowie der Verbandsgemeinde die Ausweisung der Wäller Tour „Bachgeflüster“, eines Wanderwegs mit einer Länge zwischen 15 und 17 Kilometern. nh

Das Dorfgemeinschaftshaus in Atzelgift hat sich zum Sorgenkind entwickelt: Dach und Heizung müssten dringend erneuert werden. Doch die geschätzten Kosten dafür sind hoch: Rund 500.000 Euro stehen im Raum.
Röder-Moldenhauer

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