Auch im Westerwaldkreis wird es so manchem hinter dem Steuer schon so ergangen sein: Plötzlich kreuzt in Dämmerung oder Dunkelheit ein Wildtier die Straße. Vor allem, wenn die Tage wieder kürzer werden, steigt die Gefahr, die vom Fahrbahnrand aus lauert. Doch wo ist das Risiko besonders hoch?
Im Durchschnitt kollidiert alle zweieinhalb Minuten in Deutschland ein Reh, ein Wildschwein oder ein Hirsch mit einem Fahrzeug. Die Folge: jährlich Dutzende Tote, Tausende Verletzte und eine halbe Milliarde Euro Schaden. „Die Gefahr, in einen Wildunfall verwickelt zu werden, ist im Herbst besonders hoch“, weiß Christian Schmitt, Abteilungsleiter Mobilität und Umwelt beim ADAC Mittelrhein. Denn in den kommenden Wochen, und insbesondere nach der Zeitumstellung an diesem Wochenende, verschiebt sich der Pendelverkehr in die Zeit der Dämmerung. Zudem sind Wildtiere häufiger unterwegs, weil sie in Erwartung der langen Wintermonate auf Nahrungssuche sind.
Tiere kennen aber keine Verkehrsregeln und Zeitumstellung. Daher heißt es für Autofahrer ab sofort wieder: wachsam sein. Besonders dort, wo die Wildwechselschilder stehen. Schmidt rät, vorausschauend zu fahren, auf genügend Abstand zum Vordermann zu achten und die Geschwindigkeit zu reduzieren. Denn wer an kritischen Stellen statt mit 80 lediglich mit 60 Stundenkilometern unterwegs ist, verkürzt seinen Bremsweg um mehr als 20 Meter.
Was tun, wenn Wild am Straßenrand auftaucht: Wenn ein Tier am Straßenrand steht, sollte der Fahrer kontrolliert bremsen, abblenden und hupen. Die Augen der Wildtiere sind deutlich lichtempfindlicher als die der Menschen, das Fernlicht blendet sie und macht sie orientierungslos. Der Hupton hilft Wildtieren, sich akustisch zu orientieren und zu flüchten. Falls eine Kollision unvermeidbar ist, sollte der Autofahrer nicht riskant ausweichen, sondern das Lenkrad gut festhalten und bremsen. Ein unkontrolliertes Ausweichmanöver erhöht das Unfallrisiko, besonders wenn das Auto in den Gegenverkehr gerät oder die Fahrt am Baum endet.
Das ist zu tun, wenn es wirklich kracht: Die Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und die Unfallstelle absichern. Auch ohne Verletzte sollten die Polizei unter 110 oder der Jagdpächter verständigt werden. Auch wird empfohlen, diese nach einer Wildschadenbescheinigung zu fragen, die zur Schadenregulierung mit der Kfz-Versicherung benötigt wird. Wenn möglich kann das tote Tier mit Handschuhen an den Randstreifen gezogen werden, um Folgeunfälle zu vermeiden. Verletzte Tiere dürfen nicht angefasst werden, da sie sich wehren könnten. Keinesfalls darf das angefahrene Wild vom Unfallort entfernt werden. „Im schlimmsten Fall droht dann eine Anzeige wegen Wilderei“, betont der ADAC.
Nimmt die Häufigkeit von Wildunfällen im Westerwaldkreis zu? Ein klares „Nein“ sagt die Polizeidirektion in Montabaur. Auch gibt es demnach keine „besonderen Stellen“ an denen Wildunfälle häufiger passieren. „Überall dort, wo Wildwechselschilder stehen, sollten Autofahrer besonders wachsam sein“, heißt es aus der Kreisstadt. Die Polizeikollegen aus dem Kreis Altenkirchen lenken den Fokus auch auf Straßen, die über Kreisgrenzen führen oder zumindest auch in unmittelbarer Nähe des Westerwaldkreises verlaufen. So führen sie, wenn es um Unfallschwerpunkte geht, die L288 zwischen Steineroth und Luckenbach, auf, ebenso die B8 zwischen Gieleroth und Wahlrod, aber auch die L265 zwischen Steimel und Lautzert (Kreis Neuwied).
Was geschieht seitens der Polizei, wenn ein Unfall gemeldet wird? „Geht bei der Polizei die Meldung über einen Wildunfall ein, wird von uns aus versucht, den zuständigen Jagdausübungsberechtigen (JAB) zu erreichen“, so die Polizeidirektion Montabaur. Sofern das Tier noch lebt, werde um ein zeitnahes Erscheinen des JAB gebeten, Dieser könne dann das Tier fachgerecht von seinen Leiden erlösen. Wenn niemand erreicht werden kann, übernimmt die Polizei diese Aufgabe.
Was passiert, wenn das Tier weitergelaufen ist? „Ist das Tier nach der Kollision mit einem Fahrzeug nicht mehr vor Ort aufzufinden, wird der Unfallort deutlich markiert und der JAB um eine zeitnahe Nachsuche gebeten“, so die Polizei. Auch hier stehe der Tierschutz im Vordergrund, da das Tier mitunter verletzt unterwegs sei. „Wenn der JAB auf das Aneignungsrecht des verendeten Tiers verzichtet und auch nicht vor Ort kommt, findet in der Regel eine polizeiliche Aufnahme am Unfallort statt“, erläutert die Dienststelle.
Das in den Unfall verwickelte Tier wird demnach an den Straßenrand gezogen und der Straßenbaulastträger (also Bund, Land, Kreis oder Kommune) wird über den Umstand und Ablageort in Kenntnis gesetzt. Dieser holt das Tier schnellstmöglich ab.
Erhält der Autofahrer von der Polizei eine „Unfallbestätigung“? Im Rahmen der Unfallaufnahme hat der Fahrzeugführer, der am Unfall beteiligt war, die Möglichkeit, dass die Polizei ihm eine Wildunfallbescheinigung aushändigt. Sollte er diese zu Versicherungszwecken benötigen, erhält er diese nach Zahlung von einer Gebühr von 25 Euro. Diese Gebühr ist vor Ort mittels EC-Karte zu zahlen, eine Zahlung mit Bargeld ist nicht möglich. Sollte der Verkehrsteilnehmer keine EC-Karte mitführen, kann er den Betrag auch überweisen. „In der Regel wird die Gebühr durch die entsprechende Versicherung zurückerstattet“, so die Polizei.
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