Beim Westerwälder Kleinkunstfestival traten am zweiten Tag Severin Groebner und "Hotel Palindrone" auf
32. Westerwälder Kleinkunstfestival: Folk & Fools hatte Österreich im Blick
Die vier außergewöhnlichen Multi-Instrumentalisten von „Hotel Palindrone“ nahmen am Samstagabend die Gäste bei Folk & Fools in der Stadthalle von Montabaur mit auf eine faszinierende musikalische Reise. Weltmusik, wie sie intensiver und hochklassiger kaum sein kann.
Hans-Peter Metternich

Im Rahmen des 32. Westerwälder Kleinkunstfestivals Folk & Fools der Kleinkunstbühne Mons Tabor standen bei der zweiten Veranstaltung in der jüngsten Sequenz die „Nachbarn“ im Mittelpunkt von Kabarett und Musik. Bei dem neuen Veranstaltungsformat der Kleinkunstbühne soll regelmäßig die Kultur eines Nachbarlandes im Brennpunkt einer Veranstaltung stehen. Nach dem erfolgreichen „Varieté-Special“ am Freitagabend (wir berichteten) war der Blick am Samstag ins Nachbarland Österreich gerichtet.

Der Kabarettist Severin Groebner gilt als Grenzgänger zwischen Humor und Musik, Pointen und Poesie, Genie und Wahnsinn. Mit seinem aktuellen Programm „Gut möglich“ im ersten Teil des Abends machte er sich tiefsinnige Gedanken über seine eigene Zukunft und vor allem über die Zukunft der Erde und des Universums. Mit „Hotel Palindrone“ rockte danach – wie es heißt – die wohl vielschichtigste und innovativste Band, die Österreich zu bieten hat, die Stadthalle von Montabaur. Also einmal mehr beste Voraussetzungen für beste Unterhaltung. Schade nur, dass kaum 150 Besucher den Weg in die Stadthalle von Montabaur gefunden hatten. Sei’s drum, die, die da waren, konnten einmal mehr die Erfahrung machen, dass das, was die Kleinkunstbühne anpackt, Niveau und Klasse hat.

Der in diesem Jahr mit dem Dieter-Hildebrand-Preis ausgezeichnete Wiener Künstler schaute bei seiner Performance unerschrocken in die Zukunft, um dabei auf Klimawandel, Krieg und Kontinentaldrift zu stoßen. Groebner setzte sich im Monolog mit seinen Enkeln auseinander, die ihn mit unangenehmen Fragen konfrontierten, die er weder hören noch beantworten wollte. Er beleuchtete Möglichkeiten für die Zukunft und wie sie für uns werden könnte. Wer Kabarett zum „Schieflachen“ oder „Sprüche zum Schenkelklopfen“ erwartet hatte, kam bei Severin Groebner nicht auf seine Kosten. Dieser lud vielmehr zum Weiterspinnen so mancher filigraner Fiktionen ein, die der gedanklich wieselflinke Kabarettist mitunter ganz elegant für sich im Raume stehen ließ: Kabarett mit Tiefgang zum Mitdenken.

„Auftritte in 25 Ländern, 20 Instrumente, sechs internationale Preise, vier Musiker“, so der Steckbrief von vier außergewöhnlichen Multi-Instrumentalisten von „Hotel Palindrone“. Die temperamentvolle Musik des virtuosen Quartetts sog das Publikum mit jedem Lied mehr auf. Aus einem nicht nur geografisch, sondern auch zeitlich weit gefassten Spektrum stellten die österreichischen Musiker lebendige traditionelle europäische Musik vor, die, obwohl immer mit mindestens einem Fuß im Folkbereich verhaftet, oft stilistisch nahtlos mit Elementen des Jazz bis hin zu avantgardistischen Anklängen verbunden wurde. Nicht nur die stilistische Vielfalt war Anreiz, der berauschenden Musik von „Hotel Palindrone“ zu lauschen, sondern auch ihre zumeist selbst verfassten Arrangements und Instrumentationsweisen.

Schien am Anfang diese Kombination von modernem und altem Sound zunächst etwas ungewöhnlich für Westerwälder Ohren, so wurde man sehr bald durch das intensive Spiel aller vier Musiker von dieser temperamentvollen Musik mit so außergewöhnlichen Instrumenten wie einer schwedischen Nyckelharpa und einer Maultrommel mitgerissen. Letztere ist sogar als Unesco-Weltkulturerbe anerkannt und deren Übersetzung der italienischen Bezeichnung bedeutet so viel wie „Sorgenvertreiber“. Und das Instrument verfehlte seine Wirkung nicht: Beim Verlassen der Stadthalle war nach drei Zugaben und stehenden Ovationen den Veranstaltungsgästen anzusehen, dass ihre Sorgen zumindest für den Rest des Abends vergessen waren. Perfekt gespielte Songs wie eine Polka von der Insel Öland, ein Tanz aus der Bretagne oder ein Jodler aus dem Salzkammergut waren dafür verantwortlich.

Wie geht es mit der Kleinkunstbühne Mons Tabor weiter? Das ist eigentlich keine Frage von Uli Schmidt, sondern gleich schon die Antwort darauf, was die Truppe im kommenden Jahr zu bieten hat. „Wir können auf einem guten Fundament, das wir vor Jahrzehnten unter anderem dank unserer Sponsoren wie der Sparkasse Westerwald-Sieg und der Energieversorgung Mittelrhein gelegt haben, weiter aufbauen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, das Programm für das nächste Jahr ist schon so gut wie in trockenen Tüchern. Fazit: Bei der Kleinkunstbühne Mons Tabor geht es weiter – zumindest noch 2023.

Von Hans-Peter Metternich

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