Montabaur
1&1 macht Flüchtlinge fit für den Arbeitsmarkt

Bei 1&1 lernen Flüchtlinge die Arbeitsabläufe in einem deutschen Unternehmen kennen. Der hohe Automatisierungsgrad ist für viele überraschend.

1&1

Montabaur. Nach der Ankunft vieler Flüchtlinge in den vergangenen Monaten gilt es nun, die Menschen mit Bleibeperspektive in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Mit gutem Beispiel voran geht dabei der Internetanbieter 1&1 aus Montabaur. Das Unternehmen hat ein Qualifizierungsprogramm mit dem Namen "Fit for Job" auf die Beine gestellt, in dem Asylbewerber in sechs Wochen ein Zertifikat erlangen können.

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Von unserem Redakteur Thorsten Ferdinand

Das Zertifkat bescheinigt den Teilnehmern unter anderem, dass sie erste Kenntnisse über die Arbeitskultur und das deutsche Arbeitsrecht erworben sowie Einsteigerkurse in den gängigsten PC-Programmen absolviert haben. Nicht zuletzt zählt ein Bewerbungstraining dazu. Voraussetzung zur Teilnahme sind Grundkenntnisse in der deutschen oder englischen Sprache.

Nach Start des Projekts im März haben inzwischen schon mehr als 60 Teilnehmer das Programm durchlaufen. Grund genug für das Montabaurer Unternehmen, auch andere Firmen über die Möglichkeiten in der Beschäftigung von Flüchtlingen zu informieren. Rund 30 Firmen- und Behördenvertreter aus dem unteren Westerwald nutzten am Montagabend die Gelegenheit, mit der Personalabteilung von 1&1 ins Gespräch zu kommen. Verena Amann und Özgül Acat stellten das Qualifizierungsprogramm im ICE-Park der Öffentlichkeit vor. Coralie Remy vom Integrationscenter der Agentur für Arbeit erläuterte zudem, was die Firmen beachten müssen, wenn sie Asylbewerber beschäftigen möchten.

Die Voraussetzungen der Geflüchteten sind auch im Westerwald sehr unterschiedlich – das wurde schnell deutlich. Vom hoch qualifizierten IT-Fachmann bis zum weitgehend ungebildeten Analphabeten ist das ganze Spektrum vertreten. Während manche Flüchtlinge erst einmal Grundkenntnisse in der deutschen Sprache und Kultur erlernen müssen, sind andere relativ schnell in der Lage, in einem Unternehmen mit anzupacken. 1&1 hat jedenfalls schon gute Erfahrungen mit Praktikanten gemacht – darunter ein Informatiker aus dem Iran und ein junger Lehrer aus Syrien.

Der Internetanbieter kümmerte sich bereits unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland um Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung in Ruppach-Goldhausen. Dort wurden unter anderem Sportkurse und Kinderbetreuung organisiert. Bei 1&1 können die Mitarbeiter 10 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Flüchtlingshilfe einsetzen. Die Integration der Menschen in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt betrachtet das Unternehmen als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Dass kleinere Firmen solche Projekte nicht alleine stemmen können, wurde dabei ebenfalls klar – aber auch sie interessierten sich für die Möglichkeit, Praktikanten zu beschäftigen und möglicherweise neue Arbeitskräfte zu finden. Relativ leicht ist dies, wenn ein Flüchtling bereits als Asylberechtigter anerkannt ist, erklärte in diesem Zusammenhang Coralie Remy. Dann ist das Jobcenter zuständig, und der Asylbewerber kann ganz normal eingestellt werden.

So lange der Aufenthaltsstatus unklar ist, muss die Ausländerbehörde der Kreisverwaltung zustimmen, sofern ein Flüchtling fest eingestellt werden soll. In Mangelberufen wie zum Beispiel in der Gastronomie ist das in der Regel kein Problem. In einigen anderen Branchen wird hingegen zunächst überprüft, ob es keine deutschen oder europäischen Bewerber mit gleicher Qualifikation gibt. Nur in diesem Fall gibt es eine Arbeitserlaubnis für die Flüchtlinge.

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