So beurteilt Kristian Brinkmann, Vorstand der Diakoniegemeinschaft Paulinenstift, die aktuelle Lage des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein - Sana "anscheinend noch gesprächsbereit"
Zukunft der Nastätter Klinik: Das sagt der Vorstand der Diakoniegemeinschaft Paulinenstift
Das Paulinenstift gehört zum Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, zu dem weitere Krankenhäuser in Koblenz, Mayen und Boppard zählen. Nachdem Übernahmeverhandlungen mit dem privaten Sana-Konzern gescheitert sind, stellt sich auch die Frage nach der Zukunft der Nastätter Klinik. Foto: Markus Eschenauer
me. Markus Eschenauer

Nastätten/Koblenz. Die gescheiterten Übernahmeverhandlungen zwischen dem privaten Gesundheitsdienstleister Sana Kliniken AG und dem Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM), zu dem neben Kliniken in Koblenz, Mayen und Boppard das Krankenhaus Nastätten zählt, sorgen auch im Rhein-Lahn-Kreis für Unruhe.

Nach dem Aus für die Paracelsusklinik in Bad Ems und den Turbulenzen um das Lahnsteiner Krankenhaus rückt nun das Paulinenstift in Nastätten in den Fokus bei all jenen, denen die Entwicklung der Gesundheitsversorgung im Kreis zunehmend Sorgen bereitet. Die RLZ hat Kristian Brinkmann aus dem Vorstand der Diakoniegemeinschaft Paulinenstift befragt, die eine der Gesellschafterinnen des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein ist.

Wie bewerten Sie den Ausstieg des Sana-Konzerns aus den Übernahmeverhandlungen?

Meinem Kenntnisstand nach hat nicht die Sana die Verhandlungen abgebrochen. Vielmehr ist die Absage durch die kommunalen Gesellschafter erfolgt. Ich bedaure sehr, dass es dazu gekommen ist, zumal die Sana auch jetzt noch anscheinend gesprächsbereit ist.

Inwieweit sind die vorgegebenen Argumente des Konzerns für Sie nachvollziehbar?

Problem ist nach wie vor die kommunale Versorgungskasse. Diese fordert Sicherheiten für die Renten der in dieser Kasse versicherten Mitarbeiter in Höhe von 300 Millionen Euro. Ein Großteil dieser Summe bezieht sich auf Mitarbeiter, die lange vor der Gründung des GKM in den seinerzeit rein kommunalen Krankenhäusern in Mayen und Koblenz beschäftigt waren. Seinerzeit waren keine Garantien der Kommunen erforderlich, da die Kommunen nicht insolvenzfähig waren und sind, sodass die Kasse jedenfalls zu ihren Geldern gekommen wäre. Mit Gründung des GKM entstand eine Mischform, die als GmbH insolvenzfähig ist. Die Kasse wollte deshalb anlässlich der Fusion zum GKM jährliche Prüfberichte über den Fortbestand der Gesellschaft haben. Falls der Fortbestand gefährdet sein sollte, sollen zusätzliche Garantien in Höhe von 300 Millionen Euro gestellt werden. Die Sana vertritt die Auffassung, dass diese Garantien Sache der Gesellschafter seien, da es sich um Beträge handelt, die weit in die Vergangenheit gehen. Diese Argumentation ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Würde die Sana diesbezügliche Garantien abgeben, müsste sie diese als Risiko in die Bilanz einstellen. Das hätte erheblichen Einfluss bei den Banken. Wäre das GKM eine rein kommunale Institution, wären die Kommunen in der vollen Haftung. Das Problem der Zusatzversorgungskasse würde auch jeden anderen Träger, der gegebenenfalls das GKM übernehmen wollte, beschäftigen.

Wie schätzen Sie die aktuelle Versorgungssituation und die Finanzsituation des Krankenhausstandorts Nastätten ein?

Die Versorgungssituation ist nicht einfach. Durch die Insolvenzen in Bad Ems und Lahnstein kommen zahlreiche Patienten zusätzlich in das Krankenhaus in Nastätten, welches dadurch an die Grenzen der Belastbarkeit in räumlicher und personeller Hinsicht stößt. Die finanzielle Situation ist im Gesamtkontext des GKM zu sehen. Ein kleiner Standort wie Nastätten ist strukturell bedingt immer defizitär. Das war auch seinerzeit Sinn der Fusion, da, wie vom Land gefordert, die großen Standorte die Kleinen unterstützen sollten, um die Versorgung in der Fläche sicherzustellen. Momentan wartet alles auf die Lauterbach-Reform, sodass jetzt keiner sagen kann, wie die Finanzierung der Flächenversorgung künftig erfolgen soll.

Welche Folgen erwarten/befürchten Sie für das Paulinenstift in Nastätten?

Das GKM hat einen Versorgungsvertrag mit dem Land, durch den das GKM die stationäre Versorgung in Koblenz, in Mayen, in Boppard und in Nastätten sicherstellen muss. Es handelt sich nicht um fünf separate Krankenhäuser, sondern um ein Krankenhaus mit fünf Betriebsstätten. Weder der Landkreis Mayen-Koblenz noch die Stadt Koblenz haben momentan eine Sicherstellungsverpflichtung oder einen Versorgungsvertrag, sondern dieser liegt allein beim GKM. Das Krankenhaus in Nastätten wird durch das Land als unverzichtbar für die stationäre Versorgung im Bereich Taunus-Westerwald geführt. Dies umso mehr, als innerhalb weniger Jahre die Krankenhäuser in Nassau, in Bad Schwalbach und aktuell in Bad Ems und Lahnstein aus der stationären Versorgung und Notfallversorgung ausgeschieden sind. Verblieben in weitem Umkreis ist nur noch das Krankenhaus in Nastätten. Was also den Bestand des Krankenhauses in Nastätten angeht, muss sich jeder Eigentümer des GKM letztendlich mit dem Land ins Benehmen setzen, da es nicht möglich ist, von sich aus einzelne Einrichtungen zu schließen, die fester Bestandteil des Versorgungsvertrages sind. Insoweit besteht vorerst die Vermutung, dass das Krankenhaus in Nastätten weiter Bestand haben wird.

Welche Handlungsoptionen sehen Sie, um den Fortbestand des Klinikenverbunds zu gewährleisten?

Konkrete Handlungsoptionen müssen jetzt eingehend geprüft werden, zumal bei der Sana nach wie vor Gesprächsbereitschaft vorhanden zu sein scheint. Hier wäre es rein spekulativ, konkrete Szenarien in den Raum zu stellen. Die Diakoniegemeinschaft Paulinenstift hat als kleinste Mitgesellschafterin hier ohnehin keinerlei Einflussmöglichkeiten, wird aber keiner Lösung im Wege stehen, soweit die Interessen der Diakoniegemeinschaft Paulinenstift gewahrt sind.

Was erwarten Sie von der Politik auf Kreis-, Landes- und Bundesebene?

In Bezug auf die gesundheitspolitische Großwetterlage spielt die Musik hier im Wesentlichen auf der Bundesebene. Solange nicht klar ist, was die Lauterbachreform bringen wird, stochern alle mit der Stange im Nebel. Das gesamte System ist über Jahrzehnte kaputtgespart worden. Dies wird in den nächsten Monaten und Jahren zu zahlreichen Insolvenzen führen. Hier sind für die Kreise und die Länder nur stark eingeschränkte Bewegungsspielräume vorhanden. Der Rückhalt, den das GKM und in Sonderheit Nastätten beim Land genießen, ist sehr groß, sodass hier vorsichtiger Optimismus gerechtfertigt ist.

Welche weiteren Aspekte sind aus Ihrer Sicht angesichts der aktuellen Entwicklung für das GKM und insbesondere für den Standort Nastätten von Bedeutung?

Wichtiger Aspekt für die Krankenhäuser allgemein und ganz besonders die kleinen Krankenhäuser, die die Flächenversorgung übernehmen, wäre die Aufhebung der fatalen strikten Trennung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Durch die Reduzierung der hausärztlichen Notfallversorgung kommen zunehmend Patienten in die Krankenhäuser, die dort behandelt werden müssen, wofür das Krankenhaus jedoch keine Vergütung erhält.

Die Fragen stellte Hans Georg Egenolf

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