Nach Anwohnerbegehren in der Römerstraße: Stadtrat beschließt Testphase für besonderen Parkschein
Zeitparkticket in Bad Ems gilt ab Ende Juni: Gute Lösung für Anwohner?
Noch kann man es nicht lösen. das Zeitparkticket für die Bad Emser Innenstadt. Erst und nur mit der App „EasyPark“ wird das möglich sein. Das finden nicht alle Bürger gut, denn neben dem „happigen Preis“ von 45 Euro für vier Wochen können Autofahrer ohne Smartphone den Parkschein nicht kaufen. Foto: Michaela Cetto
Michaela Cetto

Bad Ems. Einmal zahlen und die nächsten Tage oder Wochen entspannt parken, wo’s passt: Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung die Einführung eines Zeitparktickets für den gesamten Innenstadtbereich von Bad Ems beschlossen – mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen. Dieser Beschluss gilt allerdings zunächst nur in einer Erprobungsphase bis ungefähr Ende des Jahres.

Noch kann man es nicht lösen. das Zeitparkticket für die Bad Emser Innenstadt. Erst und nur mit der App „EasyPark“ wird das möglich sein. Das finden nicht alle Bürger gut, denn neben dem „happigen Preis“ von 45 Euro für vier Wochen können Autofahrer ohne Smartphone den Parkschein nicht kaufen. Foto: Michaela Cetto
Michaela Cetto

Dort, wo die Stadt Parkraum bewirtschaftet, soll das Zeitparkticket Gültigkeit haben: Also zum Beispiel in der Römerstraße, Viktoriaallee, am Bahnhof, im Oranienweg oder auf der Wipsch. Die Nutzer können dabei wählen, ob sie ein Wochenticket für 12 Euro oder ein Monatsticket für 45 Euro erwerben. Die Zeit ist nicht auf Wochentage oder Kalendermonate beschränkt, sondern läuft ab Kaufzeitpunkt exakt eine oder eben vier Wochen.

Genutzt werden kann das Zeitparkticket allerdings nur über die Park-App EasyPark, die im Juni in Bad Ems eingeführt werden soll. „Die Parkscheinautomaten für das Zeitparkticket umzurüsten wäre aufwendig und daher sehr teuer“, erklärt Stadtbürgermeister Oliver Krügel im RLZ-Gespräch. Außerdem ist ja noch nicht sicher, ob sich das Zeitparkticket für die Stadt etabliert. Die Inanspruchnahme des besonderen Parkscheins ausschließlich über die App bedeutet, dass nur Smartphone-Nutzer in der Lage sein werden, ein Zeitparkticket zu erwerben. Das finden nicht alle Ratsmitglieder optimal. SPD-Fraktionssprecherin Inge Beisel gab zu Bedenken, dass es viele ältere Menschen gebe, die kein Smartphone besitzen oder entsprechend bedienen könnten. Da es aber auch viele Gegenbeispiele gebe, sei dies nicht ausschlaggebend, so Krügel.

Das Zeitparkticket ist das Resultat aus Anwohnerbeschwerden, die in den vergangenen Monaten in der Römerstraße laut geworden waren. Bewohner der Wohngebäude, die über keinen eigenen Parkraum oder Garagen im Hinterhof verfügen, monierten, dass es in Bad Ems keine Anwohnerparkausweise wie in anderen Städten gibt. Dabei können Bürger für einen festen Betrag im Monat die wohnortnahen Parkplätze belegen, sofern sie frei sind – und zwar ohne nach Ablauf der Höchstparkdauer, die am 1. Januar in Bad Ems von drei auf fünf Stunden erhöht wurde, einen neuen Parkschein ziehen zu müssen. 140 Bürgerinnen und Bürger hatten das Anliegen unterschrieben. Es handelte sich nicht um die ersten Anfragen dieser Art, immer wieder war in der Vergangenheit das Thema Anwohnerparkausweise hochgekocht.

Auf die Einführung eines Anwohnerparkausweises will sich die Stadt erst mal nicht einlassen, kam aber schließlich auf die Idee des Zeitparktickets auf Probe. Dieses Ticket ist demnach nicht beschränkt auf Anwohner, sondern kann von allen, also auch von Gewerbetreibenden oder Touristen, die sich länger in Bad Ems aufhalten, gelöst werden. Für die Stadt ist es wichtig, flexibel zu bleiben, bis das Verkehrsgutachten Ergebnisse hervorbringt. „Wir müssen sehen, wie das Ticket angenommen wird und welche Auswirkungen es auf die Parksituation hat.“ Schließlich sollen auch noch Geschäftskunden in der Römerstraße parken können.

Letztlich profitieren nicht nur Langzeitparker von dieser Lösung, sondern auch die Stadt, weil ein Zeitparkticket im Gegensatz zu Anwohnerparkausweisen Geld in die Kasse der Stadt und nicht in die Verbandsgemeinde spült. Und die Stadt ist bekanntermaßen klamm.

45 Euro im Monat für einen eventuell freien Parkplatz in der Nähe der Wohnung, „das ist happig“, findet Anwohnerin Andrea Jacobi, die sich für eine Lösung in der Römerstraße stark gemacht hatte. „Immerhin ist es mal eine Lösung, aber zufrieden werden die meisten Anwohner damit nicht sein.“ Zumal man in Koblenz für einen Anwohnerparkausweis 30,70 Euro zahle – im Jahr (allerdings nicht in den Haupteinkaufsstraßen). In der Landeshauptstadt Mainz seien es 60 Euro, für zwei Jahre. „Da sind 540 Euro im Jahr in Bad Ems nicht gerade bürgerfreundlich.“

Auch für Klaus Diemert, der die Unterschriftenaktion in seinem Wohnhaus und der Nachbarschaft der Römerstraße gestartet hatte, gehe diese Lösung an dem „Anliegen der Bewohner völlig vorbei“. Für 45 Euro im Monat könne man sich eine Garage oder einen festen Stellplatz mieten. Auch Anwohnerin Karin Sabri ist alles andere als begeistert. „Ich habe mit vielen Mietern gesprochen“, berichtet sie. „Wir empfinden das Zeitparkticket, das nur über eine App erworben werden kann, als verdeckte Nötigung und Diskriminierung. Viele von uns sind nicht im Besitz eines Smartphones.“

Das Zeitparkticket, beziehungsweise dessen Kosten und Handhabe, ist nicht der einzige Kritikpunkt an der neuen Gebührenordnung in der Stadt. Diese ist eigentlich schon zum 1. Januar in Kraft getreten, wird defacto aber erst seit einigen Wochen umgesetzt, weil die Umstellung der Parkautomaten länger als erwartet gedauert hat. Dabei hat die Stadt die Gebühren kräftig erhöht, für jede angefangene halbe Stunde sind nun 50 statt zuvor 25 Cent fällig. Und: Die Parkscheibe wurde von der sogenannten Brötchentaste abgelöst. Wo man früher mit Parkscheibe eine halbe Stunde frei parken konnte, müssen heute 15 Minuten reichen. „Nicht zu schaffen für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind“, sagt zum Beispiel Annegret Werner-Scholz. Mit Gehbehinderung müsse man dann erst vom Auto zum Parkscheinautomaten, dann zurück zum Auto, dann zum Geschäft, eventuell Wartezeiten und zurück zum Auto. „Da sind 15 Minuten zu wenig“, findet die Bad Emserin. „30 Minuten wären gut.“

Am Mittwoch, 22. Juni, wir die neue Park-App EasyPark um 10 Uhr in der Bahnhofstraße in Bad Ems eingeführt, vorgestellt und erklärt. Alle Interessierten sind willkommen.

Von Michaela Cetto

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