In der Domstadt gibt es sieben Moscheen; eine davon steht seit 1990 an der Eisenbahnstraße in der Innenstadt. Im Erdgeschoss befindet sich der mit dickem Teppich ausgelegte Gebetsraum für muslimische Frauen, im ersten Stock für muslimische Männer der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüs (IGMG) des Ortsverbands Limburg. Seitdem bekannt ist, dass die muslimische Gemeinde das Nachbargrundstück gekauft hat, geistert in Limburg ein Gerücht herum: Dort, an der Eisenbahnstraße, solle eine neue, große Moschee gebaut werden. Schon Ende vergangenen Jahres soll darüber auch im Limburger Magistrat gesprochen worden sein.
Verwundert über dieses Gerücht zeigt sich im Gespräch mit dieser Zeitung der Vorsitzende Ali Simsek. Für den Neubau einer Moschee an diesem Standort sei die IGMG Limburg mit insgesamt 180 Mitgliedern viel zu klein; die erst vor wenigen Jahren modernisierten Gebetsräume seien ausreichend groß. „Wir kriegen hier unsere Leute gut untergebracht“, sagt der 41-jährige Finanzberater, der mit seiner Familie in Elz lebt. „Wir wollen keine Moschee bauen“, versichert er mehrfach. „Wir müssen den Kauf des Grundstücks erst einmal finanzieren.“
Mit Grundstückskauf Parkplatz-Problem gelöst
Der Neubau einer Moschee wäre ohnehin nur dann infrage gekommen, wenn seine Gemeinde den Standort an der Eisenbahnstraße in der Innenstadt aufgegeben und sich ein neues Grundstück, zum Beispiel in einem Gewerbegebiet, gekauft hätte; solche Überlegungen habe es in den vergangenen Jahren gegeben. Das sei nach dem Kauf des Nachbargrundstücks allerdings kein Thema mehr.
Doch warum hat die IGMG dieses Grundstück gekauft? „In erster Linie, weil wir damit endlich unser Parkplatzproblem gelöst haben“, sagt Simsek. Immer freitags, am frühen Nachmittag, bricht an der Eisenbahnstraße das große Verkehrschaos aus. Sehr viele Muslime, auch aus anderen Gemeinden, nutzen die zentrale Lage der Moschee, um hier zu Ehren Allahs zum Freitagsgebet zusammenzukommen. Die meisten kommen mit dem Auto und stellen es in der Nähe der Moschee ab. Jeglicher Versuch, diese Gläubigen zu bewegen, ihren Wagen auf dem Parkplatz Tal Josaphat oder im City-Parkhaus, nur jeweils wenige Gehminuten entfernt, abzustellen, seien gescheitert, erklärt der Vorsitzende.
Mit dem Kauf des Nachbargrundstücks haben sich außerdem die Pläne in Luft aufgelöst, dass dort eines Tages ein Hotel errichtet wird. Das war zumindest die Absicht des bisherigen Eigentümers, eines heimischen Bauunternehmers. Er hatte das Gelände von der Lebenshilfe erworben, die dort eine Fahrradwerkstatt mit Laden betrieb und ein Verwaltungsgebäude mit Büros nutzte. Die Hotel-Pläne zerschlugen sich jedoch, der Bauunternehmer kam mit dem Nachbarn IGMG ins Gespräch, der schon früher Interesse am Kauf des Grundstücks hatten, wie Ali Simsek erklärt.
Nach seinen Angaben ist mit dem bisherigen Eigentümer im Frühjahr 2024 ein Ratenkauf vereinbart worden. Nach fünf Jahren, bis Ende 2029, müsse die komplette Kaufsumme, überwiesen worden sein. Die erste Jahresrate sei bezahlt. Das sei möglich geworden durch Spenden und mehrere private, zinslose Darlehen. Bis zum Sommer dieses Jahres will der Vorstand nach seinen Angaben entscheiden, ob die Ende November 2024 übernommenen Gebäude vermietet werden und was mit dem bisherigen Bürogebäude der Lebenshilfe geschieht: Eine weitere Büronutzung sei dort ebenso möglich wie der Umbau in vier große (Miet-) Wohnungen.
Schon viele Mietanfragen für ehemalige Fahrradwerkstatt
Und was passiert mit der ehemaligen Fahrradwerkstatt der Lebenshilfe? „Wir hatten schon viele Anfragen“, sagt Simsek, „von einem Autohändler, einem Restaurant-Betreiber, einem Fitnessstudio und einem Möbelhändler.“ Der Plan sei, das Gebäude zu vermieten, es werde auf jeden Fall nichts abgerissen, alle Gebäude würden stehen bleiben. „Moscheen sind für uns nicht nur Gebetsstätten, sondern auch soziale Zentren“, sagt Simsek. „Mein Ziel ist es, diesen Ort durch die Vermietung an gemeinnützige Einrichtungen oder Unternehmen – beispielsweise einen Kindergarten – zu einem lebendigen Zentrum für die Gemeinschaft zu machen.“
So könne der vordere Teil der Fahrradwerkstatt, der frühere Verkaufsraum, zu einem Kindergarten umgebaut werden, wenn die Stadt dies wünsche. Doch solche Pläne gibt es dort derzeit nicht. „Die Stadt plant nicht, Teile des Gebäudes als Kindertagesstätte zu nutzen“, teilt auf Anfrage die Sprecherin der Stadt, Stefanie Kesper-Süß, mit. „Es gibt dazu auch keine Gespräche mit Kita-Trägern über ein solches Projekt.“
Der 41-jährige Ali Simsek ist in Hadamar geboren und in Elz aufgewachsen, wo er mit seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn lebt, und arbeitet als selbstständiger Finanzberater. Seit vier Jahren ist er Vorsitzender der IGMG, Ortsverband Limburg. Sein Vater kam als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland und arbeitete bei Buderus, heute MeierGuss, im Limburger Stadtteil Staffel. Sein Vater hat nach seinen Angaben auch an der Gründung der Moschee an der Eisenbahnstraße im Jahr 1990 aktiv mitgewirkt.