Die Stadt Lahnstein und die Energieversorgung Mittelrhein (EVM)stehen kurz vor dem Vertragsabschluss am 19. Dezember, der allein für neun Windkraftanlagen auf Lahnsteiner Gemarkung den Weg ebnen soll. Drei angrenzende Gemeinden stehen ebenfalls in Gesprächen mit der EVM. Weitere zwei heben nun auch die Hand, um beim Großprojekt Windpark Lahnstein mitzumachen.
Frücht ist mit dabei
Eine der direkten Nachbargemeinden Lahnsteins, der die EVM als Investor ein konkretes Angebot unterbreitet hat, ist Frücht. Bereits im Oktober hatte das Energieunternehmen bei einer Einwohnerversammlung ausführlich über die grobe Vorplanung informiert (wir berichteten). Drei Windräder sollen in Frücht entstehen, die angedachten Standorte sind auf dem Malberg und in der Nähe der Gemarkungsgrenze zu Nievern. Entschieden ist bisher nichts, der Gemeinderat muss sich nun damit befassen, ob das Angebot der EVM angenommen werden kann.
Ebenso an Bord wäre Schweighausen, gibt Ortsbürgermeisterin Sonja Puggé unserer Zeitung gegenüber Auskunft. „Wir haben schon vor einigen Jahren Pläne für Windkraft in Schweighausen geschmiedet. Seitdem hat sich der Stimmungswind deutlich gedreht“, berichtet Puggé. Schon in einer Einwohnerversammlung im Sommer 2022 zeigte sich eine deutliche Mehrheit pro Windkraft, dies habe auch eine weitere Versammlung der Bürger im September dieses Jahres ergeben, diesmal bereits im Kontext der Lahnsteiner Pläne. „Im Juni fanden bereits Gespräche mit Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert und der EVM statt. Die Grundhaltung im Gemeinderat ist einstimmig positiv“, so die Ortschefin. Zwei Windräder sollen hier entstehen. Man warte aktuell das Vertragswerk vonseiten des Investors ab, „vonseiten der Gemeinde Schweighausen besteht aber großes Interesse“.
Dieses Interesse gründet zum einen sicherlich auf der Aussicht auf ordentliche Einnahmen, die aus der Pacht der Flächen in die Gemeindekasse fließen würden – gerade jetzt, wo das Land immer mehr Druck gegenüber den Kommunen aufbaut, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Die Gemeinden sind angehalten, entweder die Ausgaben zu reduzieren oder die Einnahmen zu erhöhen. Da ist die Verpachtung von Flächen ein guter Weg, ist Puggé überzeugt. Ein noch wichtigeres Argument sei für sie jedoch, dass sich in puncto Windkraft in den nächsten Jahren in der Nachbarschaft jede Menge tun wird. „Der Grund für unsere Zustimmung ist sicher nicht die entflammte Liebe für die Windkraft“, formuliert es die Ortsbürgermeisterin, „aber wenn wir schon draufschauen, dann wollen wir auch was davon haben.“
Auch kritische Stimmen
Dieses Argument unterstreicht auch Michaela Lehmler, Ortsbürgermeisterin von Becheln. Auch ihrer Gemeinde hat die EVM ein Angebot unterbreitet, das zwei Windkraftanlagen unterhalb des Dorfes in der Nähe des „Heilighäuserner Feldes“ vorsieht. Darüber informierte das Unternehmen ebenfalls in einer Einwohnerversammlung im November. „Wir in Becheln haben den Windpark, der ja in Lahnstein mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehen wird, am nächsten von allen vor der Nase. Und wenn wir das Projekt nicht aufhalten können, dann wollen wir daran wenigstens teilhaben“, so Lehmler gegenüber unserer Zeitung, auch wenn sie einräumt, dass es sehr wohl auch kritische Stimmen gegenüber dem Projekt und der Windkraft gebe, vor allem wegen des Eingriffs in den Wald.
Aber: „Wie alle Gemeinden stehen auch wir finanziell unter Druck. Aufgrund der hohen Umlagen, Tendenz steigend, bleibt für die Gemeinde immer weniger übrig. Aber die Aufgaben, wie zum Beispiel das Thema Kita (Schaffung neuer Plätze, Gute-Kita-Gesetz) werden immer mehr und teurer und die Sanierung und Instandhaltung der Infrastruktur wie Dorfgemeinschaftshaus, Rathaus, Dorfplatz, Bushaltestelle, Sportplatz und Straßen kostet viel Geld“, erzählt sie, „wenn sich jetzt also auch für uns eine Chance für Einnahmen bietet, ziehen wir mit.“ Nun müsse man den Vertragsschluss zwischen der EVM und Lahnstein abwarten, anschließend werden die Verträge für die Ortsgemeinden angegangen. Aber auch dann sei noch nicht gesagt, dass die geplanten 16 Windräder gebaut würden, schränkt Lehmler ein. Denn dann müssten zunächst Gutachten erstellt und in die Genehmigungsverfahren eingebracht werden. Ausgang offen.
Während es in Frücht, Schweighausen und Becheln bereits konkrete Angebote gibt, gehen Dessighofen und Geisig bisher leer aus. Beide Gemeinden schmiedeten mit drei weiteren Nachbarorten vor sieben Jahren in einem „Solidarpakt“ weitreichende Pläne, die Windkraft im Südwesten der heutigen Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau zu etablieren. Daraus wurde nichts – unter anderem, weil ein Investor fehlte. Nun tut sich mit den Lahnsteiner Plänen eine neue Gelegenheit auf. „Interesse haben wir auf jeden Fall“, betont Ronny Metzner, der Wilfried Ilgauds vor einem halben Jahr als Ortsbürgermeister in Dessighofen beerbt hat. Laut Metzner habe die EVM Dessighofen bisher kein Angebot gemacht. Die Ursache dafür sieht er möglicherweise in einer Fehlinterpretation der nutzbaren Flächen.
„Wir wundern uns schon ein wenig, warum wir nicht gefragt wurden, obwohl Schweighausen nur ein paar Hundert Meter weiter miteinbezogen wird“, so Metzner. Dabei seien die infrage kommenden Flächen schon damals, als die konkreten Windkraftpläne aufkamen, als geeignet eingestuft worden. „Das hat sich bis heute nicht geändert“, so Metzner, „eventuell hat eine Jagdhütte im ausschlaggebenden Umkreis, die nur sehr selten und nicht als Wohnhaus genutzt wird, zur Annahme geführt, dass dort keine Windkraft entstehen darf.“ Deshalb ließ der Ortschef über die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau eine Anfrage an die EVM stellen – und wartet nun auf Antwort.
Geisig offen für das Projekt
Ebenfalls nicht gefragt wurde bisher die Ortsgemeinde Geisig, eine der fünf Ortschaften, die sich vor sieben Jahren für die Windkraft in der Region engagiert hatten. „Ich habe von den konkreten Plänen der EVM mit unserer Nachbargemeinde Schweighausen erst vor einigen Tagen erfahren“, berichtet Ortsbürgermeister Frank Alberti gegenüber unserer Zeitung. Prinzipiell sei man dem Thema gegenüber weiterhin offen, müsse sich aber erst mal im Gemeinderat besprechen und abwarten, was aus der VG-Anfrage an den Investor rauskomme. „Dann schauen wir, ob wir uns möglicherweise auch mit dranhängen.“