Daher hat sich Susanne Moritz an unsere Zeitung gewandt, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Für sie ist der Lärm gerade samstags und sonntags mittlerweile fast unerträglich. Teilweise hat sie auf dem Balkon ihrer Mutter 60 bis 70 Dezibel gemessen, sodass man gar nicht mehr draußen sitzen kann.
Eine große Belastung durch Abgase komme noch hinzu. Gerade St. Goarshausen ist aufgrund der verkehrstechnischen Anbindung an den Großraum Wiesbaden über die B 42 und die B 274 nach Nastätten eine beliebte Strecke für Ausflügler am Wochenende. Die Enge des Mittelrheintals führt somit logischerweise zu einer starken Bündelung des Verkehrs, der dann eben großen Lärm verursacht.
Gerade Motorräder tragen zu einer hohen Lärmbelastung bei, wenn die Maschinen besonders getunt sind oder die Fahrer die Maschinen schon mal voll aufdrehen. Daher grassiert in den Medien in den vergangenen Wochen immer mal wieder das Thema Sonntagsfahrverbot für Motorräder.
Nach Umfragen des SWR würden sich jedoch mehr als 80 Prozent gegen ein solches Verbot aussprechen. Der Tenor: „Alle Biker werden über einen Kamm geschert – wegen einiger Dummköpfe.“ Denn die meisten fahren angemessen und drehen eben nicht innerorts die Maschinen auf.
Die Gastronomie lebt unter anderem von den Gästen auf zwei Rädern
Auch sind es nicht nur die Motorräder, die für Krach und Abgase verantwortlich sind. Wenn man samstags an der Uferpromenade von St. Goar entlangschlendert, kann von Ruhe keine Rede sein. Permanent hört man ein Grundrauschen, das in der Hauptsache von den Flussschiffen und der Fähre ausgeht. Hinzu kommt der Bahnlärm, vorbeirauschende Züge – auch wenn der durch die Einführung der Flüsterbremsen schon erträglicher geworden sein soll.
Zusätzlich sind noch viele Autofahrer unterwegs. Das alles zusammen schafft einen Lärmpegel, der permanent vorhanden ist. Insbesondere bei schönem Wetter sind eben viele Menschen unterwegs und kommen gern ins Mittelrheintal, weil es dort so schön ist. Vor allem die Gastronomie ist nach dem Lockdown durch Corona froh über viele Gäste, denn nach wie vor hat man erhebliche Umsatzeinbußen auszugleichen.
„Gerade in den letzten Jahren hat der Lärm aber zugenommen“, kann Bernhard Roth, ehemaliger Bürgermeister der Stadt St. Goarshausen, berichten. Doch er spricht sich klar gegen ein Sonntagsfahrverbot für Motorräder aus, denn das hätte nachteilige Auswirkungen für den Tourismus am Mittelrhein.
Insbesondere die Biker sind auch eine Einnahmequelle für die heimische Wirtschaft. Viele legen gern mal eine Rast in einem Biergarten oder Café ein, wechseln mit der Fähre auch mal eben schnell auf die andere Rheinseite.
Auch der Lkw-Verkehr verursacht Lärm
Für Roth ist der Krach, der durch die Lkw verursacht wird, weitaus schlimmer als der Motorradlärm. „Da wackelt schon mal das Haus, und die Gläser im Schrank klirren“, beschreibt er die Situation in St. Goarshausen. „Darüber beschweren sich auch die Feriengäste.“
Wenn montags ab 4 Uhr morgens der Lkw-Verkehr einsetzt, werde manch einer aus dem Schlaf gerüttelt. Die Häuser sind starken Erschütterungen ausgesetzt, wodurch Risse im Putz entstehen. Grund dafür ist mangelhafter Straßenbelag, den man laut Bernhard Roth schon lange hätte reparieren müssen.
Doch dafür scheint im Landeshaushalt kein Geld zu sein. So müssen Anwohner und Touristen erst mal damit leben. „Es fühlt sich schon mal wie ein kleines Erdbeben an“, ergänzt Susanne Moritz, „wenn die Lkw hier durchrauschen.“
Susanne Dabrowski, die mit ihrer Familie seit zwölf Jahren in St. Goarshausen lebt, überlegt mittlerweile, ob sie dort noch weiter wohnen will. Eigentlich liebt sie das Rheintal, doch die Belastungen durch Lärm haben in den vergangenen Jahren zugenommen. „Mir nehmen die Motorräder am Wochenende ein Stück Lebensqualität“, so beschreibt sie es.
Gemeinsam mit ihren Kindern hat sie an einem Samstag mal die Anzahl der Motorräder gezählt. Sie kamen auf 550 Maschinen, die an diesem Tag durch den Ort gefahren sind. „Bei 95 Dezibel, die wir gemessen haben, konnten wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen.“ Sie hat daraufhin auch mal mit einigen Motorradfahrern gesprochen und ist wohl auf wenig Verständnis gestoßen. „Die meisten fühlen sich in ihrer Freiheit beschnitten“, so die Erfahrung aus ihren Gesprächen.
Anwohner wünschen sich gegenseitige Rücksichtnahme
Mit Rücksicht und Einsicht von beiden Seiten könnten vielleicht Lösungen gefunden werden. So schlägt Susanne Moritz vor, dass es generell einen Lärmschutz für die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr geben soll. Hinweistafeln für Motorräder können aufgestellt werden, die daran erinnern, dass man die Maschinen nicht aufdrehen soll.
Solartafeln, die auf ein Tempolimit hinweisen, trügen dazu bei, dass der Verkehr insgesamt langsamer wird. Damit, so die Hoffnung, könnte das Leben für die Menschen am Rhein dann auch etwas ruhiger und entspannter werden.