Reaktion auf Offenen Brief 
Wie unabhängig berichtet der BEN-Kurier?
In einer Chatgruppe von UL-BEN-Mitgliedern stehen Oliver Krügel und der Stadtrat kräftig unter Beschuss. Auch im Chat aktiv ist Mitglied Hani Faddoul, selbst Gesellschafter des BEN-Kurier.
Karl-Josef Hildenbrand. picture alliance/dpa

Nach einem Offenen Brief von Mitgliedern des Stadtrats steht das Onlinemedium BEN-Kurier in der Kritik. Es wird ihm vorgeworfen, nicht unabhängig zu berichten. Der BEN-Kurier wehrt sich öffentlich dagegen. Wir haben genauer hingeschaut.

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Der offene Brief des Bad Emser Stadtrats schlägt nun Wellen. In dem Brief unterstellen die Fraktionen der CDU, FWG, Bündnis 90/Die Grünen, FDP sowie ein fraktionsloses Mitglied dem BEN-Kurier tendenziöse Berichterstattung und eine Kampagne gegen den Bad Emser Stadtbürgermeister Oliver Krügel (CDU). Deshalb werde es laut dem Brief keine weitere Zusammenarbeit mit dem Onlinemedium geben. Der BEN-Kurier reagierte mit zwei Artikeln, in denen er seine Arbeit verteidigt und in dem Offenen Brief einen Versuch sieht, „kritische Presse durch politischen Druck zu delegitimieren. Pressearbeit ist keine Gefälligkeit, sie ist Kontrolle und sie ist unabhängig“, betont der oder die Autorin des jüngst veröffentlichten Textes, ein Klarname in der Autorenzeile fehlt, wie beim BEN-Kurier üblich.

Doch wie unabhängig arbeitet der BEN-Kurier wirklich? Und wie neutral und sachlich berichtet er und wie geht er mit kritischen Meinungen um? Bei den Recherchen stößt unsere Zeitung immer wieder auf einen Namen: Hani Faddoul. Ein bekanntes Gesicht der Bad Emser Stadtpolitik, das immer wieder im Zusammenhang mit dem BEN-Kurier in Erscheinung tritt. Pikant: Wer die Bad Emser Stadtpolitik beobachtet, muss nicht lange zuschauen, um zu sehen, dass Stadtchef Krügel und Faddoul sich nicht grün sind. Das führte in der Vergangenheit bereits immer wieder zu Diskussionen im Stadtrat. Im Mitgliederchat der Unabhängigen Liste Bad Ems-Nassau (UL BEN), der unserer Zeitung vorliegt, kommen Krügel und der Stadtrat nicht gut weg: Er selbst wird so unflätig und weit unter der Gürtellinie beschimpft, dass wir es an dieser Stelle nicht ausschreiben wollen. Auch wird der Stadtrat als „Krügels Affen“ bezeichnet. Oliver Krügel antwortet auf eine Anfrage unserer Zeitung wie folgt: „Ich äußere mich bewusst nicht öffentlich, um keinen Schaden für das Amt des Stadtbürgermeisters, den Stadtrat und das Ansehen der Stadt Bad Ems zu verursachen. Die Tatsachen sprechen für sich.“

„Ich brauch da mehr Futter, dann können wir drüber berichten.“
Hani Faddoul im UL-BEN-Chat

Faddoul, ehemals Stadtratsmitglied, heute noch auf VG-Ebene aktiv, ist unterdessen Mitglied der UL BEN, einer Gruppierung, deren weiteres Mitglied Michael Brüggemann in den vergangenen Jahren für den BEN-Kurier tätig war. Auch Natalie Brosch verfasste einen Artikel für das Onlinemedium, stand jedoch nach eigener Aussage in keinem Arbeitsverhältnis. Eine Zusammenarbeit war geplant, sei aber laut Brosch nicht zustande gekommen. Die UL BEN ist mit dem BEN-Kurier augenscheinlich gut verbandelt, wie auch aus internen Chats, die unserer Zeitung vorliegen, zu lesen ist: „Ist doch kein Geheimnis, dass wir mit Dirk (Kaschinski) Kontakt haben“, heißt es dort. Kaschinski ist Geschäftsführer des BEN-Kuriers. Kontakt zu Journalisten ist in Politikkreisen nichts Ungewöhnliches, anders verhält es sich aber, wenn die Politik selbst beim Medium mitwirkt.

Hani Faddoul ist nämlich Mitgesellschafter und somit Mitfinanzier des BEN-Kurier, wie der BEN-Kurier es selbst auf seiner Seite schreibt. Und Faddoul macht im internen Chat keinen Hehl daraus, dass er Inhalte in das Onlinemedium einsteuert. So schreibt er zu einer Angelegenheit, die im Chat Ende vergangenen Jahres diskutiert wird: „Ich brauch da mehr Futter, dann können wir drüber berichten.“ Mit „wir“ ist hier der BEN-Kurier gemeint.

Zudem reicht Faddoul in regelmäßigem Abstand Eingaben und Anfragen zur Akteneinsicht bei Verwaltungen ein, als Privatperson unter Berufung auf das Landestransparenzgesetz. Dieses Recht hat jeder Bürger, um auch tiefer gehende Informationen zu bekommen. Überraschenderweise erscheinen die erbetenen Informationen anschließend auch gehäuft in Artikeln des BEN-Kuriers oder scheinen der Anlass für eine Berichterstattung dort zu sein. Zufall? Auch erschien vor der Kommunalwahl eine Wahlwerbung der UL BEN auf der BEN-Kurier-Seite, die zwar als Anzeige markiert war, jedoch laut Informationen unserer Zeitung von der Gruppierung selbst nicht bezahlt wurde.

„Ein Vorstandsmitglied der SPD Bad Ems Nassau betreibt (...) eine Onlinezeitung.“
Unternehmer und FDP-Mitglied Markus Bodo Wieseler bei Facebook 

Dass der BEN-Kurier einerseits für Meinungsfreiheit trommelt, es auf der anderen Seite jedoch offensichtlich damit nicht ganz so genau nimmt, zeigt die Liste derer, die das Medium bei Facebook als Kommentatoren blockiert hat. Unserer Redaktion liegen allein drei Namen von geblockten Akteuren aus Bad Ems vor, die unter den öffentlichen Posts des BEN-Kuriers nichts mehr schreiben dürfen oder deren Kommentare gelöscht werden, jüngst erst der eines VG-Ratsmitglieds. Wohlgemerkt: Es lag nach unseren Informationen kein Verstoß gegen die Nettiquette oder Verhaltensregeln bei Facebook vor.

Auch in puncto Neutralität kommen einem beim BEN-Kurier bisweilen Zweifel. So sagte Geschäftsführer Dirk Kaschinski bei einem SPD-Empfang im Januar öffentlich, dass er einen Termin der CDU nicht wahrnehmen wird, mit den Worten: „Ich schreibe doch keinen Bericht über die CDU!“. Erst kürzlich hat auch Unternehmer und FDP-Mitglied Markus Bodo Wieseler ein Statement bei Facebook gepostet, in dem es heißt: „Ein Vorstandsmitglied der SPD Bad Ems Nassau betreibt (...) eine Onlinezeitung. Ich persönlich finde es mehr als verwerflich, wenn mir – in diesem Fall vom ,Chef’ dieser Seite (...) mitgeteilt wird, dass künftig nichts mehr über ,meine’ FDP erscheinen soll.“ Der erwähnte Chef ist Dirk Kaschinski. Weiter heißt es von Wieseler: „Von mir wird es keine Zusammenarbeit mit der Plattform geben – das steht ohnehin nicht zur Debatte (das ist quasi beidseitig).“ Eine Anfrage unserer Zeitung zum Sachverhalt an den BEN-Kurier blieb auch nach nochmaliger Rückfrage bisher unbeantwortet.

Editiernotiz: Im ursprünglichen Artikel gab es eine missverständliche Formulierung, die auf ein Arbeitsverhältnis zwischen Natalie Brosch und dem BEN-Kurier schließen ließ. Dies wurde geändert.

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