Pädagogin Annika Gemmer gibt Kurse in Babygebärden - Wie die spielerische Kommunikation im Alltag helfen kann
Wie Babys mit ihren Händen sprechen: Annika Gemmer gibt Kurse zu Babygebärden in Nastätten

Annika Gemmer spricht mit Babys. Und sie antworten sogar – mit ihren Händen. Denn Gemmer ist Kursleiterin für Babygebärden und zeigt Eltern in der Region, wie sie mit ihren Kindern in eine besondere Art der Kommunikation einsteigen können.

Spielerisch vermittelt Annika Gemmer Babygebärden an die Kleinsten. Die kleine Hanna-Sophie hat große Freude daran.
Marta Fröhlich

Fünf kleine Entdecker wuseln schon geschäftig im Kursraum der Hebammenpraxis Juno in Nastätten umher, als Annika Gemmer das Begrüßungslied anstimmt, und alle singen mit. „Hallo“, „Hurra“, „spielen“, „zaubern“: Mit verschiedenen Gesten begleitet sie den Text, die Kinder schauen aufmerksam zu ihr rüber. Die kleinen Augen verfolgen jede Handbewegung.

"Wo ist die Hanna? Die Hanna ist weg": beim Versteckspiel lassen sich Gesten gut einbauen.
Marta Fröhlich

Seit Mitte Januar läuft der Eltern-Kind-Kurs mit acht wöchentlichen Sitzungen und macht vor allem den Kindern sichtlich Spaß. „Es ist eigentlich eine Art Spiel- oder Krabbelgruppe, in der wir die Babygebärden in den Fokus rücken“, erklärt die Diplom-Pädagogin. Sie hat während eines Auslandssemesters auf den Philippinen mit gehörlosen Menschen gearbeitet und dort auch die Gebärdensprache erlernt. „Das hat mich richtig angefixt, sodass ich nach meiner Rückkehr Kurse für Deutsche Gebärdensprache belegt habe“, erzählt sie. Anschließend hat Gemmer weitere Erfahrungen in einer Frühförderstelle in Potsdam gesammelt, bevor sie zurück in ihre Heimat nach Marienfels zog.

“Bei unserem Kleinen veränderte das richtig den Alltag."

Kursleiterin und zweifache Mutter Annika Gemmer

Als 2019 ihr erster Sohn zur Welt kam, habe sie auch mit ihm gebärdet, „einfach aus Spaß, das hat ihm schon sehr gut gefallen“. Als dann vor knapp zwei Jahren noch ein Baby unterwegs war, wuchs der Wunsch, Babygebärden anzuwenden. „Ich habe irgendwann von ,Zauberhafte Babyhände' gehört und dort Kurse gemacht“, erzählt Gemmer. Dies ist ein Anbieter eines kostenpflichtigen Eltern-Kind-Programms, bei dem man die Babyzeichensprache erlernen kann und an dem Interessierte im Rahmen eines Franchise-Konzepts auch Kurse geben können. Im September vergangenen Jahres hatte Gemmer dann eine Weiterbildung zur Kursleitung gemacht und darf nun unter dem Firmenlogo Kurse geben.

Schlafen als Gebärde lässt sich im Alltag gut einbinden.
Marta Fröhlich

„Für mich ist das einfach so spannend zu sehen, wie die Kinder schon früh mit uns kommunizieren. Bei unserem Kleinen veränderte das richtig den Alltag und macht das Familienleben einfacher“, erzählt sie. Sie und ihr Mann nutzten verschiedene Gesten, seitdem der Kleine ein halbes Jahr alt ist, darunter Zeichen für Alltägliches wie Stillen, auf den Arm nehmen, schlafen, aber auch eine Geste für Angst oder viele verschiedene Tiere, die gut beim gemeinsamen Lesen von Büchern zur Verwendung kamen. „Mit knapp zehn Monaten hat er dann ,Milch' zurückgebärdet. Das war so toll.“

Leichter lernen durch Bewegung

Für die Pädagogin haben die Babygebärden klare Vorteile: mehr Interaktion, mehr Blickkontakt, mehr Fokus. Es entschleunige Alltagssituationen, das Kind fühle sich wirklich „gesehen“, wenn es seine Bedürfnisse schon früh ausdrücken kann. „Wir haben das mit dem Kleinen neulich erst erlebt, als wir auf einer Veranstaltung waren“, erinnert sie sich, „da hat er uns die Gebärde für ,laut' und für Angst gezeigt. So wussten wir, dass es ihm zu viel wird“, berichtet die zweifache Mutter.

Tiergebärden wie der Hase sind bei den Kleinen sehr beliebt.
Marta Fröhlich

Außerdem habe die frühe Zeichensprache für sie einen klaren Vorteil beim Spracherwerb. „Das Sprachzentrum liegt im Gehirn neben dem Bewegungszentrum. Man lernt besser in Bewegung“, ist sie überzeugt. Die Kinder seien zufriedener und selbstbestimmter. „Das deckt sich auch sehr mit einer Grundeinstellung, die sich im Vergleich zu früher stark verändert hat“, erklärt sie, „wir handeln stärker nach den Bedürfnissen der Kinder, und die Gebärden können helfen, es besser zu verstehen.“

Mit Spaß und Geduld zum Erfolg

Natürlich müsse man keine neue komplette Gebärdensprache lernen, um erste Effekte zu sehen. Die Eltern in Gemmers Kurs lernen etwa zwei Dutzend Zeichen, die sie in den Alltag integrieren können. Für die Kursleiterin steht dabei vor allem Spaß im Vordergrund, zum Beispiel beim Singen und Entdecken. Dem kleinen Jaro hat es besonders die Zauberkiste angetan, aus der er Überraschungen hervorzaubert, so auch verschiedene Plüschhasen. „Hast du einen Hasen gefunden?“, fragt Gemmer und gebärdet dazu. Immer wieder wiederholt sie die Gebärde in unterschiedlichen Situationen. Und siehe da: Der Eineinhalbjährige nimmt plötzlich die Hände zum Kopf, will auch Hase gebärden. Auch wenn es noch nicht so perfekt aussieht wie bei Annika Gemmer – die Kursleiterin und Jaros Papa André freut's. „Das macht so viel Spaß“, sagt der 39-Jährige und will jetzt auf jeden Fall auch zu Hause mehr gebärden.

Kontakt
Mehr Infos gibt es auf Instagram unter babyzeichen_nastaetten oder per E-Mail an babyzeichen-nastaetten@web.de

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