Anbauer und Hobbygärtner klagen über Ernteausfälle wegen schnellen Wachstums und später Fröste
Wetterkapriolen auch im Kreis Limburg-Weilburg: Obst hat es dieses Jahr schwer
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Steffen Heckelmann untersucht die Pflanzen in seinem Erdbeerfeld in Hünfelden: Viele Blüten wurden von Nachtfrösten zerstört. Foto: Steffen Heckelmann
Steffen Heckelmann/NNP

Limburg-Weilburg. Nachtfröste im Frühjahr sind eigentlich keine Seltenheit. Landwirte wissen, dass noch bis Mitte Mai, an den berühmten Eisheiligen, mit Minustemperaturen zu rechnen ist. Dennoch war in diesem Jahr vieles anders als sonst. Und der Schaden für Obstbauern und Hobbygärtner ist zum Teil nicht unerheblich.

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„Das Pflanzenwachstum ist durcheinandergekommen“, hat Steffen Heckelmann, Landwirt und Betreiber von Heckelmanns Familienhof „Altes Zollhaus“ in Hünfelden-Mensfelden, auf seinem Erdbeerfeld beobachtet. Der Grund: Die Kulturen seien wegen des milden Winters und des warmen Aprilwetters sehr früh und schnell gewachsen – bis zwei Tage mit Nachtfrost Ende April dem Wachstum ein plötzliches Ende bereiteten. Viele Blüten seien erfroren, der Schaden liegt nach Heckelmanns Schätzung bei rund 30 Prozent. Die Ernte werde sich um zwei Wochen verzögern, weil sich die Blütezeit verlängert habe.

Aber auch den Spargel auf Heckelmanns Feldern hat es getroffen, wenn auch relativ mild, wie der Landwirt berichtet. Zwischen 3 und 5 Prozent beträgt der Ertragsausfall. „Spargelspitzen, die schon aus der Erde geragt haben, sind erfroren, die will niemand mehr haben“, sagt er.

Himbeeren blühen sehr früh

Glück mit ihren Erdbeeren hatte Ingrid Hülskemper-Toews, die in Lindenholzhausen großflächig Beerenobst anbaut. Da es sich um eine vergleichsweise spät blühende Sorte handele, gebe es keine nennenswerten Frostschäden. Die Ernte beginne planmäßig in vier Wochen, wenn auch die Himbeeren im Saft stünden. Dort sei der Schaden größer, weil die Himbeeren in diesem Jahr ungewöhnlich früh geblüht hätten, berichtet Hülskemper-Toews. Sie habe allerdings die Hoffnung, dass die Pflanzen noch neue Knospen bilden.

Einen Totalschaden gab es hingegen bei den schwarzen Johannisbeeren. „Nur einzelne Blüten haben überlebt“, sagt sie. Erst kamen die Nachtfröste, eine Woche später Starkregen. „In diesem Jahr muss man mit allem rechnen“, sagt Hülskemper-Toews. Kleiner Trost: Die roten Johannisbeeren erwiesen sich als robuster, sodass die Schäden hier geringer ausfallen als bei den schwarzen. „Die Crux in diesem Jahr ist, dass das Wachstum sehr früh und massiv eingesetzt hat, so konnte der Frost große Schäden anrichten.“

Höhere Lage hilft in diesem Fall

Ein Problem, von dem Wolfgang Müller, Erdbeerbauer vom Forsthaus Barig in Merenberg-Barig-Selbenhausen, verschont geblieben ist. „Unsere Lage ist etwas höher, sodass unsere Erdbeeren noch nicht so weit entwickelt waren“, sagt er. Die meisten Pflanzen seien noch verknospet gewesen und hätten den Frost gut überstanden. „Wir erwarten eine gute Ernte“, freut sich Müller. Zumal der Wettermix mit Sonne und Regen derzeit ideal sei.

Die Kelterei Heil baut zwar nicht selbst an, kauft aber Äpfel in großen Mengen ein. Wie die Apfelernte 2024 ausfalle, sei momentan schwer vorherzusagen, sagt Geschäftsführer Martin Heil. Es habe so viel Regen gegeben, dass die Bienen nicht geflogen seien, um zu bestäuben. „Optimal war es sicher nicht“, sagt Heil. Schon im vergangenen Jahr, als die Wetterbedingungen ähnlich waren, sei die Ernte nicht besonders gut gewesen.

Böse erwischt hat es die Hobbywinzer in Weilburg, Gräveneck und Runkel. „90 Prozent des Reberger sind erfroren“, berichtet Martin Richter, Vorsitzender der Weinbruderschaft des Runkeler Roten. Der Verein hat in der Burgstadt den Weinbau vor rund anderthalb Jahrzehnten wiederbelebt und in seinem Wingert einige Hundert Rebstöcke gepflanzt. Immerhin seien die Frostschäden beispielsweise bei der Sorte Regent geringer ausgefallen.

Hobbywinzer hat es böse erwischt

Auch Erich Ziegler, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Weilburg und Vorstandsmitglied im Winzerverein Gräveneck, klagt über eine hohe Ausfallquote: „80 Prozent des Weins im Weilburger Terrassengarten sind erfroren“, sagt er. „In Gräveneck ist es noch etwas mehr.“ Jetzt hofften die Mitglieder auf einen zweiten Austrieb und einen warmen Herbst. „Sonst gibt es eine ziemlich saure Brühe“, so Ziegler. Über Schäden berichteten Vereinsmitglieder auch bei Kirschen, Äpfeln und Pflaumen, sagt der Vorsitzende. „In diesem Jahr wird es wohl keine Pflaumenernte bei uns geben.“ Etwas besser sehe es immerhin bei den Äpfeln aus.

„Dieses Jahr ist keines für Obst“, berichtet Rita Langrock aus Runkel-Dehrn, langjährige Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins und im Alter von 80 Jahren weiterhin passionierte Hobbygärtnerin. Ein Großteil der Pfirsichblüten sei erfroren, die Kirschen hätten stark gelitten, die Äpfel teilweise auch, und auch bei den Erdbeeren gebe es große Ausfälle. „Drei Viertel sind kaputt, die hätte man abdecken müssen“, sagt Langrock.

Von Rolf Goeckel

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