Angriff gegen Freundin
Wegen toxischer Beziehung vor Diezer Amtsgericht
Eine „turbulente Beziehung" hatte kürzlich ein Nachspiel vor dem Diezer Amtsgericht.
Kronsfoth Till. Till Kronsfoth

Als turbulent kann man wohl die Beziehung zweier junger Menschen beschreiben, die nun einen Mann vor Gericht führte. Seine ehemalige Freundin hatte ihn angezeigt, weil er sie eingesperrt, gewürgt und verletzt haben soll.

Wegen des Vorwurfs, seine ehemalige Freundin in zehn Fällen der Freiheit beraubt, in drei Fällen gewürgt und einmal mit einem Tritt gegen das Bein verletzt zu haben, hatte sich ein heute 22-Jähriger vor dem Amtsgericht Diez zu verantworten. Die beiden hatten sich im Rahmen einer Bildungsmaßnahme Anfang 2024 kennengelernt und ineinander verliebt.

„In den ersten zwei bis drei Wochen war das eine ganz normale Beziehung, die sich positiv auf beide auswirkte“, gab der Leiter der Bildungsmaßnahme als Zeuge zu Protokoll. Man half sich gegenseitig und kam gut miteinander aus. Doch schon bald sollte sich zeigen, so der Zeuge weiter, dass die Charaktere des jungen Mannes und der heute 19-jährigen Frau nicht wirklich zueinander passten: „Er ist ein herzensguter Mensch mit Temperament, der alle Aufgaben gewissenhaft befolgt, dabei durch ständiges Nachhaken und Hinterfragen aber auch mal nerven kann.“ Auch die junge Frau sei sehr nett, habe aber das Problem, bei Nachfragen gerne einmal Infos zurückzuhalten und die Wahrheit „zu verschleiern“.

Diese beiden Gemütslagen prallten zunehmend aufeinander: Er stellte Fragen, sie wollte nicht antworten, er fühlte sich belogen, es kam bei jedem Treffen zum Streit, der in lautstarken Auseinandersetzungen mit Beleidigungen („Du bist krank!“, „Psycho!“), Geschubse und gegenseitigem Schlagen eskalierte. „Wir haben das besprochen, auch versucht, an ihren Problemen zu arbeiten, und die beiden gedrängt, diese toxische Beziehung aufzugeben“, so der Leiter der Bildungsmaßnahme. Doch vergebens.

Frau erinnert sich nicht an Details

In der Befragung durch den Vorsitzenden Richter gaben beide an, sich fast ein halbes Jahr lang bis zuletzt geliebt zu haben. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wies der Angeklagte dabei weit von sich. Er habe sie nie eingesperrt, sondern bei Streitigkeiten immer nur Antworten von ihr gewollt. Mehrfach habe er deshalb, als sie bei ihm in seiner Wohnung (im ersten Stock mit Balkon nach draußen) zu Besuch war, vor der Haustüre auf sie gewartet, um diese Antworten zu bekommen. Auch gewürgt habe er sie nie, ihr nur einmal den Mund zugehalten, als sie sehr laut wurde. Den Tritt gegen das Bein bezeichnete er als Beinchen stellen, als sie ihm wieder einmal eine Antwort schuldig geblieben sei.

Die 19-Jährige konnte (oder wollte) sich bei ihrer Aussage nicht im Detail an die damaligen Vorkommnisse erinnern. Sie sei aber nie eingeschlossen worden und habe dann letztlich auch immer nach einiger Wartezeit unbeschadet die Wohnung des Freundes verlassen und nach Hause gehen können. Das sei so drei bis vier Mal der Fall gewesen. Unschön sei das Ganze schon gewesen, so die Geschädigte, aber eigentlich habe sie nie eine Anzeige machen wollen, dazu hätten sie ihre Eltern gedrängt. Nach dem Tritt gegen das Bein habe sie zwar am Folgetag nicht auftreten können und sich bei einer Freundin Krücken ausgeliehen – im Krankenhaus hatte man am Abend nach dem Vorfall allerdings nur eine Prellung attestiert und weder Medikamente noch eine Salbe verschrieben.

Angeklagter sichtlich überfordert mit Prozessverlauf

Infolge des Gehörten regte der Verteidiger des 22-Jährigen die Einstellung des Verfahrens an. Damit hatte der Vertreter der Anklage kein Problem, gab dem Beschuldigten aber noch einen guten Rat mit auf den Weg: „Lernen Sie daraus: Wenn Ihnen jemand ums Verrecken nicht auf Ihre Fragen antworten will, dann akzeptieren Sie das bitte künftig und lassen ihn in Ruhe!“ Sichtlich überfordert mit der plötzlichen Wendung im Prozessverlauf, starrte der junge Mann einigermaßen irritiert in die Runde. Sein Verteidiger begleitete ihn deshalb noch vor den Gerichtssaal, um ihm dort alle seine Fragen zum eben Geschehenen im Detail zu beantworten.

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